Natürlicher und sinnlicher Spiel-Raum

Schweizer Hauser Architekten AG
12. enero 2023
Vorbereich des Dreifachkindergartens und der Kindertagesstätte von Hinwil (Foto: Thomas Aus der Au)
Herr Schweizer, wie hat der Ort auf Ihren Entwurf eingewirkt?


Die Grundstücksgeometrie spiegelt sich in der L-Form unseres Gebäudes wider. Der Holzbau gliedert sich dezent in die Umgebung ein. Alle drei Kindergärten sind linear entlang der Längsseite des Grundstückes angeordnet und bilden eine klare Kante zum rückwärtig gelegenen Friedhof. Die Haupträume haben eine ideale Ost-West-Orientierung und bieten schöne Ausblicke ins Grüne und zum Spielhof. Sie verfügen über einen direkten Zugang von aussen; so ist der Aussenraum vom Kindergarten über die Garderobe direkt mit dem Innenraum verknüpft.

Durch die präzise Einbettung des Gebäudes in die Grundstücksgeometrie entstehen zwei voneinander getrennte Aussenbereiche für den Kindergarten und die Kindertagesstätte, die eine unabhängige Nutzung ermöglichen.

Die Aussenspielfläche des Kindergartens (Foto: Thomas Aus der Au)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Vor allem das Layout der Kindertagesstätte hat sich im Laufe der Planung stark verändert. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Leiterin der Kita haben wir zahlreiche wertvolle Inputs im Hinblick auf die spätere Nutzung in unseren Entwurf einfliessen lassen. So gibt es nun eigene Eingänge für jede Kitagruppe. Eine gemeinsame Fläche im Zentrum mit Küche, Nassräumen, Mal- und Bastelbereich optimiert das Synergiepotenzial der Einrichtung. Die Einbauten durch den Schreiner sind massgeschneidert nach den Wünschen der Nutzer*innen.

Blick auf die Aussenspielfläche der Kindertagesstätte (Foto: Thomas Aus der Au)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Dank diverser Wettbewerbserfolge konnten wir in den vergangenen Jahren mehrere Schul- und Kindergartenbauten realisieren, sodass diese mittlerweile einen festen Bestandteil unseres Portfolios ausmachen. Dabei haben wir immer den Anspruch, mit natürlichen Materialien, guter Belichtung und nutzerspezifischen Raumkonzepten kindgerechte Lernumgebungen zu schaffen und gleichzeitig den Bedürfnissen der Lehrpersonen gerecht zu werden. Wenn wir Schulen, Kindergärten oder Kindertagesstätten planen, sind wir uns immer dessen bewusst, dass wir Lebensraum für junge Menschen realisieren, die hier oft den Grossteil ihres Tages verbringen.

Unser erster Kindergarten war vor zehn Jahren der Kindergarten Zelgli in Untersiggenthal im Aargau. Der mit dem Prix Lignum ausgezeichnete Holzbau bildet mit dem bestehenden Kindergarten ein Ensemble und bietet im Innern zahlreiche unterschiedliche Raumerlebnisse. In Dietikon haben wir später ein Projekt realisieren können, das einen Nutzungsmix von Wohnen und Kindergarten beinhaltet. In Wettingen haben wir vor Kurzem eine Kindertagesstätte fertiggestellt, die als aufgeständerter Holzbau einen angrenzenden Massivbau aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts ergänzt. Beim Dreifachkindergarten mit Kindertagesstätte in Hinwil konnten wir nun von unseren langjährigen Erfahrungen in diesem Bereich profitieren. 

Unsere Architektur entwickelt sich immer spezifisch aus dem topografischen und städtebaulichen Kontext sowie den speziellen Anforderungen der Bauherrschaft. Neben städtebaulichen Aspekten ist für uns auch die innere Organisation und Funktionalität sehr relevant.

Treppenhaus (Foto: Thomas Aus der Au)
In einem Unterrichtsraum des Kindergartens (Foto: Thomas Aus der Au)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Grundsätzlich stehen wir für zeitlose, wertbeständige Architektur mit hohem gestalterischen Anspruch. Modische und gestalterische Tendenzen beobachten wir durchaus mit eher kritischem Blick. Oft entpuppen sich diese bei näherem Hinsehen als aufwendig, manieristisch und nicht nachhaltig für Gebäude, Mensch und Umwelt. 

Was wir als Büro jedoch überaus ernst nehmen, sind neue energetische und konstruktive Entwicklungen. Ein behutsamer Umgang mit Energie, die Nutzung erneuerbarer Energien, die Verwendung regenerativer Materialien und ein flächensparendes Bauen sind Ansätze, die wir in unserer Planung berücksichtigen. Nachhaltigkeit ist für uns nicht nur ein leerer Begriff, sondern eine Haltung, die unsere gesamte Arbeit prägt. Für uns geht Architektur über das Gebaute hinaus und vereint ökologische, ökonomische und soziale Anliegen. Innovation entsteht bei uns durch die Verknüpfung von neuen Ideen mit vorhandenem Fachwissen. In unserer Arbeitsmethodik hinterfragen wir Bestehendes und bringen somit oft überraschende Lösungen zutage, die einen grossen Mehrwert für unsere Kunden schaffen.

Bei diesem Projekt führt die kompakte Form zu einem minimalen Fussabdruck und dem Erhalt einer möglichst grossen Aussenfläche als Spiel-Raum für die Kinder. Die Entscheidung, das Gebäude als Holzelementbau zu realisieren, ist neben dem Aspekt der Nachhaltigkeit auch der grossen gestalterischen Freiheit geschuldet, die der Baustoff Holz bietet. Holz überzeugt als erneuerbarer Rohstoff, der bei uns in der Schweiz nachhaltig bewirtschaftet wird. Vielfältige konstruktive Möglichkeiten, ein gutes Innenraumklima durch die natürliche Fähigkeit des Materials, Feuchtigkeit aufzunehmen, und eine kurze Bauzeit sind weitere Vorteile des Bauens in Holz.

Die Räume des Kindergartens sind miteinander verbunden. (Foto: Thomas Aus der Au)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Der Kindergarten ist als Holzbau konzipiert. Der warme Charakter des Holzes ist überall im Innern spürbar. Lasierte Brettschichtholzplatten lassen die Holzstruktur durchschimmern und bilden einen Kontrast zu den Holzfenstern. Der natürliche Charakter geht einher mit einer differenzierten Haptik, welche die Sinne der Kinder anspricht. Die dezente Farbgebung im Innern bildet zurückhaltend den Rahmen für die bunten Aktivitäten der Kinder. 

Auch in der Fassadengestaltung wurden leise Töne angeschlagen. Die Struktur des Baus ist durch die gehobelten Stützen sichtbar, die sich nur eine Farbnuance von den zurückversetzten sägerohen Holzfüllungen unterscheiden. Die helle Lasur «bewahrt» den Holzcharakter des Gebäudes und stellt auch in zukünftigen Jahren sicher, dass der freundliche und einladende Ausdruck erhalten bleibt. Die umlaufende Enfilade und das auskragende Vordach im ersten Obergeschoss gewährleisten einen guten Witterungsschutz auf der exponierten Fassadenseite.

Situation
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Obergeschoss
Bauwerk             
Dreifachkindergarten und Kindertagesstätte in Hinwil
 
Standort        
Breitestrasse, 8340 Hinwil
 
Nutzung
Dreifachkindergarten und Kindertagesstätte
 
Auftragsart
Generalplanerwahlverfahren, 1. Rang
 
Bauherrschaft
Gemeinde Hinwil
 
Architektur
Schweizer Hauser Architekten AG, Baden
Daniel Schweizer (Projektleiter), Lina Karim, Serena Lo Priore, Christina Heuking Baumann und Markus Meiler                           
 
Fachplaner
Makiol + Wiederkehr AG, Beinwil am See
MWV Bauingenieure AG, Baden
Leimgruber Fischer Schaub AG, Ennetbaden
P. Keller + Partner AG, Baden
Steigmeier Akustik + Bauphysik GmbH, Baden
Schrämmli Landschaftsarchitektur, Brugg
 
Fertigstellung
2021
 
Gesamtkosten BKP 1–9 
CHF 7.25 Mio.
 
Gebäudekosten BKP 2
CHF 6.1 Mio.
 
Gebäudevolumen
6658 m3 (gemäss SIA 416)
 
Kubikmeterpreis
CHF 916/m3
 
Energiestandard
Gebäudehülle im Minergie-P-Standard (nicht zertifiziert)
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer 
Holzbau: Egli Zimmerei AG, Oberhelfenschwil
Baumeister: W. Örtig AG, Eschenbach
Holzfenster: Huber Fenster AG, Herisau
Spenglerarbeiten: Scherrer Metec AG, Zürich
Bedachungsarbeiten: Tecton AG, Pfäffikon
Elektroananlagen: Bernauer AG, Stäfa
Heizung: Selm Heizsysteme AG, Kaltbrunn
Sanitäranlagen: Sada AG, Glattpark
Schreinerarbeiten Nasszellen, Einbauten: Egli Zimmerei AG, Oberhelfenschwil
Schreinerarbeiten Küchen, Schränke: Robert Fehr AG, Andelfingen
Innentüren: RWD Schlatter AG, Roggwil
Umgebungsarbeiten: Zweifel Gartenbau AG, Tuggen
 
Fotos
Thomas Aus der Au

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