Ein Kleinod in der zweiten Reihe
In Sempach haben Lütolf und Scheuner Architekten ein Nebengebäude umgebaut. Ivo Lütolf erklärt, wie der pastellblaue Holzbau, der einen kleinen, aber hellen und freundlichen Atelierraum beherbergt, auf die historischen Nachbarhäuser reagiert.
Herr Lütolf, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Eingebettet zwischen einem klassizistisch geprägten Stadthaus aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, engen Gassenräumen und einer Gartenparzelle, ist neben der Lage auch die Funktion des Neubaus als Schnittstelle innerhalb der räumlichen Organisation unkonventionell: Unser Atelierbau verbindet Haus und Garten.
Das Wort Atelier kommt aus dem Französischen und bedeutet Werkstatt. Im weiteren Sinne meint es Räumlichkeiten, die neben der Arbeit auch zum Wohnen geeignet sind. Kennzeichnend für solche Bauten sind einfach gestaltete, überhohe Räume mit oft seitlich angeordneten grosszügigen Verglasungen. Diesen Attributen verpflichtet, haben wir eine zeitgemässe Erneuerung des Bestands im Einklang mit ortsbaulichen und denkmalpflegerischen Belangen angestrebt.
Neben den vielfältigen Einflüssen der von gewachsenen historischen Strukturen geprägten Lage in der Kernstadt wird das Äussere insbesondere von der Geschichte des Ortes beeinflusst: Der hellblaue Anstrich nimmt die Farbigkeit des Bestandsbaus aus den 1960er-Jahren auf, reagiert auf die generell zarte, pastellige Farbigkeit des Ortsbildes und etabliert gegenüber dem grau gestrichenen, verputzten Haupthaus eine elegante und frische Erscheinung.
Für unseren Eingriff nutzten wir Teile der bestehenden Bausubstanz. Unser Projekt baut in Lage und Grundform auf dem Bestand auf. Wir haben den massiven Sockel erhalten und die einfachen hölzernen Riegelkonstruktionen des Hauptraumes und des Übergangs ergänzt und erweitert. Auf dem Dach haben wir eine sorgfältig gestaltete PV-Anlage installiert – eine Premiere innerhalb der historisch geprägten Dachlandschaft der Stadt Sempach.
Mit der grosszügigen Verglasung gegen Süden orientiert sich der Atelierraum im ersten Obergeschoss zum Hof an der Mittlergass. Die grossen Öffnungen schaffen einen direkten Bezug zum Ort und bestimmen die Gestalt des Anbaus. Die drei in Lärche konstruierten, flächig in die Holzfassade eingesetzten Schwingflügelfenster und die vorgelagerten, am ausladenden Vordach montierten Fallarmmarkisen sind eine Reaktion auf die knappen Dimensionen des Innenraumes, erweitern diesen räumlich und ermöglichen eine stimmungsvolle Öffnungs- und Beschattungspraxis.
Umbau Nebengebäude Mittlergass
Standort
Stadtstrasse 33, 6204 Sempach
Nutzung
Atelier
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
Privat
Architektur
Lütolf und Scheuner Architekten HTL SIA BSA GmbH, Luzern
Mitarbeitende: Ivo Lütolf, Laura Weder, Jasmin Müller und Jonas Tschümperlin
Baumanagement
EXA Baumanagement AG, Luzern
Fertigstellung
2024
Auszeichnung
best architects 25 award
Fotos
Roger Frei, Zürich