Neubau Primarschule Seefeld
Lanzrein+Partner Architekten
16. maio 2019
Blick durch den Eingangsportikus in die Eingangshalle. Bild: Roland Trachsel
Lanzrein+Partner Architekten haben kürzlich im Thuner Seefeld-Quartier ein Primarschulhaus fertiggestellt. Bruno Stettler und Daniel C. Suter stellen sich unseren Fragen.
Ort Schubertstrasse 10A, 3600, Thun BE
Auftragsart Direktauftrag nach Machbarkeitsstudie
Bauherrschaft Amt für Stadtliegenschaften der Einwohnergemeinde Thun BE
Architektur Lanzrein+Partner Architekten AG, Thun BE: Bruno Stettler, Daniel C. Suter, Andreas Schiess, Stefan Pritz, Jasmin Cardoso, Joël Furrer, Nik Hadorn, Sabrina Spreng
Fachplaner Bauingenieur: Theiler Ingenieure AG, Thun BE | Holzbauingenieur: Indermühle Bauingenieure GmbH, Thun BE | Elektroingenieur: Brunner + Imboden AG, Thun BE | HLS-Ingenieur: Steiner Thun AG, Thun BE | Bauphysik: Weber Energie und Bauphysik AG, Bern
Jahr der Fertigstellung 2018
Gesamtkosten CHF 2,2 Mio.
Gebäudekosten CHF 1,8 Mio.
Gebäudevolumen 2’200 m3
Kubikmeterpreis 833 CHF/m3
Massgeblich beteiligte Unternehmer Generalunternehmer, Holzbau, Schreinerarbeiten: Gfeller Holzbau GmbH, Worb BE | Baumeisterarbeiten: Frutiger AG, Thun BE | Holzfenster: Sommer AG, Konolfingen BE | Spengler, Blitzschutz, Flachdach: Guggisberg Dachtechnik AG, Wabern BE | Elektroanlagen: Brunner + Imboden AG, Thun BE | Heizungs- und Sanitäranlagen: Steiner Thun AG, Thun BE
Fotos Roland Trachsel Fotografie, Steffisburg BE
Westfassade des Neubaus. Bild: Roland Trachsel
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?Als erstes gemeinsames Projekt nach unserer Büroübernahme wurden wir mit der Aufgabe betraut, für die Stadt Thun innert möglichst kurzer Frist ein Schulraumprovisorium für drei Klassen zu errichten. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie haben wir Metallcontainer und Holzmodulbauten untersucht und miteinander verglichen. Wir haben dann der Bauherrschaft vorgeschlagen, mit einem Zimmermann aus der Region einen Elementbau zu errichten, der sehr einfach konstruiert und materialisiert ist. Unsere Behauptung, damit gegenüber standardisierten Containern bezüglich Kosten und Terminen Schritt halten zu können, wurde dank guter Zusammenarbeit mit der Zimmerei, der Gfeller Holzbau GmbH, eingelöst. Binnen 13 Monaten, den Zeitaufwand für die Machbarkeitsstudie eingerechnet, entstand so ein einfacher, flexibel nutzbarer Holzbau mit industriellem Charme und warmer, kreativer Atelierstimmung.
Eingangsportikus mit Rampe. Bild: Roland Trachsel
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?Das Spiel mit den Bedingungen der Modulbauweise und Raumstapelung hat den Entwurf beeinflusst. Die Raumanordnung basiert auf der Vorstellung, dass 2 mal 14 Container aufeinandergestapelt werden, verbunden mit einem Dach über einem grosszügigen, gedeckten Zwischenraum. Das Projekt hat sich dann weiterentwickelt und von der modulhaften Erscheinung gelöst; im Wissen um den Entstehungsprozess sind die Anleihen aber noch spürbar.
Zweigeschossige Eingangshalle mit Wandverkleidungen aus Duripanelplatten und einer Galerie aus Fichtenholz. Bild: Roland Trachsel
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?Das Seefeld in Thun ist ein Villenquartier mit vorwiegend zwischen 1870 und 1930 erstellten, zwei- bis dreigeschossigen Massivbauten auf quadratischem Grundriss. Einzelne alte Berner Oberländer Chalets sowie neuere Bauten aus Holz sind dazwischen in das durchgrünte Quartier eingestreut, darunter ein Wohnhaus gestaltet von unserem Architekturbüro, an dem Daniel C. Suter (damals noch als Angestellter von Markus Frutiger und Barbara Füeg) mitgearbeitet hat. In Abweichung zur Körnung der Wohnhäuser stehen auf mehreren Quadranten grössere Schulbauten aus unterschiedlichen Materialien. In diesem Kontext gibt sich das neue Primarschulhaus – leicht von der Strasse zurückversetzt – als öffentlicher Schulbau zu erkennen.
Blick von innen auf die Eingangsfront. Bild: Roland Trachsel
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?Das Arbeiten mit rohen, unbehandelten Materialien interessiert uns. Dabei spielt Holz eine wichtige Rolle, obschon wir uns auch mit anderen Baustoffen befassen. So konnten wir zeitgleich den Umbau einer Arztpraxis in einem Bürogebäude aus den 1970er-Jahren fertigstellen, bei dem wir einzelne Oberflächen bewusst in ihrem Rohbauzustand belassen haben. Aktuell befindet sich ein weiteres Projekt in der Ausführung, bei dem wir eine Industriehalle mit Betonschalen von Heinz Isler zu einem Begegnungszentrum umgestalten dürfen. Dabei die Qualitäten des Bestehenden zu nutzen und mit minimalen Mitteln das Bestmögliche aus dem Raum herauszuholen, hat inhaltliche Parallelen zum Primarschulhaus.
Schulzimmer mit sichtbarem Konstruktionsholz, Linoleumboden und Installationen. Bild: Roland Trachsel
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?Jemand hat kürzlich geschrieben, dass unsere Gesellschaft in den letzten 100 Jahren schlechte Entwürfe mit viel Technik kompensiert hat, um sie bewohnbar zu machen. Wir haben stattdessen mit einem geringen Anteil an Material und Technik, aber einer cleveren Anordnung der Räume, der Fenster, des Vordachs, der mobilen Beschattungseinrichtungen und dem gezielten, ihren bauphysikalischen Eigenschaften entsprechenden Einsatz der Materialien ein angenehmes Raumklima und eine hohe Nutzungsqualität geschaffen.
Das Schulhaus besteht im Wesentlichen aus Fichten- und Tannenholz. Das Konstruktionsholz bleibt unbehandelt sichtbar. Die Duripanelplatten in der überhohen Eingangshalle weisen eine höhere thermische Speicherkapazität als Holz auf, sind schwerer und schwingen anders als Dreischichtplatten. Ohne weitere Materialschichten werden dadurch der Komfort und die Schallschutzwerte optimiert. Die zweigeschossige Halle hat so ihr eigenes Wandmaterial und unterscheidet sich von den hölzernen Schulstuben.