«Den Durchblick behalten»
ARGE Berger Hammann und BRI-Architekten
20. fevereiro 2019
Südansicht Loggien. Bild: Jürg Fausch
Als Arbeitsgemeinschaft haben die Büros Berger Hammann und BRI Architekten mit Standorten in Neuhausen am Rheinfall und Basel kürzlich eine Wohnsiedlung in Diessenhofen fertiggestellt. Projektleiter Georg Hammann stellt sich unseren fünf Fragen.
Ort Rodenbergstrasse 8-18, 8253, Diessenhofen TG
Auftragsart Direktauftrag
Bauherrschaft Gerimag AG, 8274 Tägerwilen TG
Architektur ARGE Berger Hammann und BRI-Architekten AG, 4051 Basel | Berger Hammann Architekten AG, 8212 Neuhausen a. Rhf | Georg Hammann, Projektleiter | Lukas Berger | Judith Taeger | Thurid Nonnenmacher | Stefan Bringolf | Mario Marino | Sven Kienast, Bauleitung
Fachplaner Bauingenieur: Rolf Soller AG, 8280 Kreuzlingen
Elektroingenieur: 3-Plan Haustechnik AG, 8404 Winterthur
HLS-Ingenieur: Planforum GmbH, 8400 Winterthur
Bauphysik: Weber Energie & Bauphysik, 8201 Schaffhausen
Landschaftsarchitektur: ASP Landschaftsarchitekten AG, 8049 Zürich
Jahr der Fertigstellung 2017
Gesamtkosten BKP 1-9 CHF 18,8 Mio.
Gebäudekosten BKP 2 CHF 17,8 Mio.
Gebäudevolumen 28'475 m3 nach SIA 416
Kubikmeterpreis 625.-CHF/m3 BKP 2
Energiestandard Minergie-Standard, zertifiziert
Fotos 372 dpi GmbH, Schaffhausen; Jürg Fausch
Blick von Westen Bild: Jürg Fausch
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?Für uns war es das erste Projekt dieser Grössenordnung im Bereich Wohnungsbau. Es stellen sich unzählige Fragen wie zum Beispiel: Wie sieht die richtige Siedlung am Rand eines Städtchens aus, das zwar im Kern historisch und wunderschön ist, jedoch am Ortsrand bereits stark wächst und andere, neue Strukturen aufweist? Wie grenzen wir uns da ab, und wollen wir das überhaupt? Wie erreichen wir ein Alleinstellungsmerkmal unserer Arbeit, und gliedern uns dennoch gut und harmonisch in die gebaute Umgebung und in die schöne Landschaft ein? Wie halten wir die Balance zwischen den heutigen Ansprüchen nach immer mehr «pro-Kopf Wohnraum» und der Forderung nach ressourcenorientiertem Umgang?
Die Besonderheit lag somit darin, ein modernes Siedlungsprojekt im ländlichen Raum zu entwickeln.
Loggien. Bild: Jürg Fausch
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?Der Bauplatz liegt in einer wunderbaren, von Wiesen und Rebhängen geprägten Landschaft. Die Qualitäten dieses Ortes sollten für die Bewohner erlebbar bleiben. Der Entwurf ermöglicht verschiedenartige Durch- und Ausblicke in die Umgebung, und die offene Gestaltung lädt die Landschaft ein, ins Innere der Siedlung zu fliessen. So sollen die Häuser im Grünraum stehen und nicht daneben. Die sechs Wohnkörper vermögen durch ihre versetzte Anordnung beziehungsweise Stellung begehbare Blickkorridore zwischen den Zeilen zu ermöglichen. Auf den individuell zugeordneten Loggien ist dies von jeder Wohneinheit aus zu spüren.
Nordansicht Zugänge. Bild: Jürg Fausch
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?Der Ausgangspunkt für unsere Arbeit ist jeweils nicht nur die Architektur und Gestaltung sondern die Bedürfnisse der Nutzer sowie die optimale Umsetzung räumlicher und atmosphärischer Ansprüche. Wir verstehen unsere Arbeit somit als Dienst am Nutzer, und natürlich muss dafür die Zusammenarbeit mit dem Bauherrn/Investor gelingen und gegenseitiges Vertrauen entwickelt werden. Nur wenn alle am gleichen Strick ziehen, gelingt schlussendlich ein gutes Resultat. Wir konnten die Bauherrschaft im Gespräch von der Idee offener Grundrisse, grosser Terrassen und auch von diversen gestalterischen und konstruktiven Details überzeugen, auch wenn dabei nicht die kosteneffizientesten Lösungen gewählt wurden. Gleichzeitig sind wir natürlich auf klare Anforderungen der Bauherrschaft bezüglich Baueffizienz, Langlebigkeit und Unterhaltsfreundlichkeit eingegangen.
Aufgrund der Entscheidung, zwei Drittel der Wohnungen als Eigentumswohnungen zu verkaufen, erhielten wir auf einen Schlag 30 Bauherren, deren Gestaltungswünsche im Rahmen der Möglichkeiten zu vielen verschiedenen massgeschneiderten Interpretationen desselben Wohnungstyps führten; was eine interessante Erfahrung war.
Offener Wohnraum. Bild: Jürg Fausch
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?Das Bebauungskonzept wurde im Wesentlichen bereits mit dem ersten Entwurf entwickelt und erfuhr in der weiteren Bearbeitung nur technische Änderungen und Präzisierungen. Anfänglich wurde länger über die Zahl und Grösse der Häuser diskutiert, aber es wurde schnell klar, dass die Anzahl von 6 kleineren Baukörpern, mit L-Form und als Zweispänner, die gewünschte Eingliederung und Verzahnung am besten ermöglichen.
Die für unsere Arbeit gravierendste Änderung im Laufe des Projekts war der Entscheid, einen grossen Teil der Wohnungen als Eigentumswohnungen zu verkaufen und eine individuelle Gestaltung der Wohnungen durch die Eigentümer unter unserer Begleitung zuzulassen. Aufgrund der unterschiedlichen Ausführungsstandards für Miet- oder Eigentumswohnungen mussten kurzfristig und unter laufendem Betrieb diverse konstruktive Änderungen vorgenommen werden.
Raumfolge. Bild: Jürg Fausch
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?In der Entwurfs-Diskussion werden aktuelle Themen und Gestaltungsweisen immer besprochen. Die Wohnsiedlung Schupferzälg sollte einen einheitlichen aber trotzdem identitäts-stiftenden Ausdruck erhalten, was wir mittels verputzten, in warmem Grauton gehaltenen Fassaden umgesetzt haben, die einen allfälligen Kontrast zur gebauten Umgebung vermeiden sollten. Die subtile horizontale Besenstrich-Veredelung lässt Licht und Schatten tageszeitspezifisch darauf wirken. Die glattverputzten hellen Einfassungen akzentuieren sämtliche Fassadenöffnungen und Loggien.
Auch bezüglich Energiestandards war von Beginn weg für uns und für die Bauherrschaft die Umsetzung des Minergiestandards klar.