Werkgebäude L. Gasser & Co. AG
Ein Werkzeug für einen Baumeister
6. oktober 2011
Käferstein & Meister haben kürzlich einen Bürobau in Oberhasli fertiggestellt. Urs Meister und Johannes Käferstein wählen drei Zeichnungen und drei Fotos und beantworten unsere sechs Fragen.
Ansicht von Westen
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Die Tatsache, dass der Bauherr zugleich den Bau errichtet, hat uns fasziniert und den Entwurf beeinflusst. Analog einer Schaufel oder einem Bagger sollte das Gebäude als Utensil des Baumeisters funktionieren können. Mit einer einfachen und ausdruckstarken Geste haben wir versucht dem Werkhofareal eine angemessene Identität zu geben.
Situation
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Das Ziel war die dem Baumeister vertrauten, archaischen und schlichten Materialien möglichst direkt und roh zu verwenden. Das Gebäude ist aus der Struktur heraus gedacht.
Halle im Obergeschoss
Inwiefern haben die Bauträgerschaft oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Der in weiten Teilen vom Bauherrn selbst ausgeführte Rohbau ist die Essenz des Gebäudes. Der reliefartige Abdruck der jahrelang benutzten, groben Schaltafeln auf den Ortbetonwänden akzentuiert die Metapher der Schönheit des Gebrauchs und der Handschrift des Machens.
Grundriss OG
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Unsere grundlegende Absicht war es, dass die Statik eine tragende Rolle spielt und den Raumkörper tektonisch formt. In der Zusammenarbeit mit dem Bauingenieur Daniel Meyer hat das Tragwerk somit eine zentrale Rolle eingenommen und den Entwurf massgeblich geprägt. Den ersten Ansatz eines Tragwerks als kreuzweise Stapelung von massiven Wänden haben wir in der Diskussion mit ihm radikal zu einem Brückenbauwerk weiterentwickelt, das auf zwei raumhaltigen, aber schmalen Stützen ruht. Der schwebende Baukörper thematisiert das im Bauen urtümliche Motiv vom Tragen und Lasten.
Längsschnitt
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Struktur erzeugt Raum: Sämtliche umfassenden Wände und Decken sind statisch notwendige Bauteile und untrennbar zu einem Skelett verbunden, das den Raum prägt und gliedert. Der Raum ist roh und schlicht. Die strukturellen Anforderungen an das Tragwerk geben dem Raum seine grosszügige Massstäblichkeit. In Zusammenarbeit mit Gasser-Passivhaustechnik wurde das Gebäude im Minergie-P-Standard erstellt und dient der Bauherrschaft als wichtige Referenz.
Das rohe Betontragwerk
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Der Bau verwendet die alltäglichen Materialien des Bauunternehmers: Beton wird in zwei verschiedenen Erscheinungsformen verwendet, roh und reliefartig an Ort gegossen und schalungsglatt industriell vorfabriziert. Die beiden Herstellungsweisen prägen das Erscheinungsbild im Innern und umfassen den Raum mit einem Material in zwei Oberflächenqualitäten. Das Grobe, in Spannung gesetzt zum Glatten, wird zum eigentlichen Motor des Ausdrucks. Die Fassade aus doppelwandigen Terracottaplatten, welche einen robusten keramischen Panzer bilden, wird wiederum von massiven Betongesimsen gefasst.
Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritiken!
Ostfassade
Werkgebäude L. Gasser & Co. AG
2011
Oberhasli ZH
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
L. Gasser & Co. AG, Zürich
Architektur
Käferstein & Meister, Dipl. Architekten ETH BSA SIA, Zürich
Fachplaner
Bauingenieur: Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG, Zürich
Fassadenplaner: Gasser Fassadentechnik AG, St. Gallen
Passivhaustechnikplaner: Gasser Passivhaustechnik, Zürich
Bauleitung
Schneider & Partner Baumanagement, Wilen
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeisterarbeiten: L. Gasser & Co. AG, Oberhasli/ZH
Betonfertigteile: Nägelebau Gmbh, St. Gallen
Fassadenbauer: Burkhardt Gebäudehülle AG, Maienfeld
Gesamtkosten BKP 1-9
CHF 3.2 Mio.
Gebäudekosten BKP 2
CHF 2.95 Mio.
Gebäudevolumen
4’900m3 SIA 116
Kubikmeterpreis
600 CHF/m3
Energiestandard
Minergie-P / Passivhausstandard
Fotos
Future Documentation / Erica Overmeer (Fotos 1, 2, 4)
Käferstein & Meister (Foto 3)