«Urhütte» als Haus für Kinder

Der Ort gab uns keine direkte Inspiration für die Bauaufgabe, die unmittelbare Umgebung besteht aus heterogenen Wohnbauten sowie noch unbebauten Parzellen. Wenn der Kontext so unbestimmt ist, sollte man ein Projekt entwickeln, das ortsstiftende Qualitäten besitzt.

Diese Umstände und die Aufgabe, einen Kindergarten zu gestalten, haben uns zum Ursprung des Bauens eines Hauses geführt. Zudem interessierte uns die Frage: Was ist die Bedeutung des ersten Hauses ausserhalb der familiären Umgebung für ein Kind?

Da der Kontext keine Grundlagen für eine Entwurfsidee bot, suchten wir nach grundlegenden Bildern und Inspirationen, die für einen Kindergarten passen könnten. Wir haben uns gefragt: Wie würden Kinder ihr erstes Haus bauen? Sie würden beispielsweise in den Wald gehen und ein Dach zwischen den Bäumen errichten.

Die Hütte und der Wald als Urmotive standen somit am Anfang des Entwurfsprozesses. Wir konnten uns gut vorstellen, daraus ein Projekt zu entwickeln, das vielschichtig auf die Bauaufgabe reagiert. 

Im Verlauf der Projektierung haben wir entdeckt, dass Seengen kulturhistorisch bedeutsam ist. Es gibt am Hallwilersee einen wichtigen archäologischen Fundplatz, der Teil des UNESCO-Welterbes «Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen» ist. 

Speziell für einen Kindergarten hier in Seengen fanden wir die Analogie zu den Pfahlbauten besonders passend. Sie vereint in sich die Möglichkeit, den Kindergarten als Ort im Quartier zu stärken, einen der Funktion gerechten Ausdruck zu erreichen und ein auf konstruktiver und materialtechnischer Ebene zeitgemässes Projekt zu entwickeln. So konnten wir mit unserem Entwurf einen kulturellen Bezug zum Ort schaffen.

Wir versuchen in unseren Projekten stets, auf die ortsspezifischen Gegebenheiten einzugehen. Sowohl städtebaulich als auch im architektonischen Ausdruck suchen wir den selbstverständlichen Umgang mit dem Kontext. In diesem Sinne unterscheidet sich der Kindergarten in Seengen ein wenig von unseren anderen Projekten, da wir hier etwas Neues und auch Aussergewöhnliches in das Quartier hineingebracht haben.

Aus den verschiedenen Überlegungen zur Urhütte, zum Wald und zu den Pfahlbauten hat sich der Holzbau schnell als die richtige Konstruktionsweise ergeben. Zudem besitzt das Material Holz atmosphärische und haptische Qualitäten, die sich für einen Kindergarten besonders eignen. 

Das aktuelle und grundsätzliche Thema der Nachhaltigkeit ist auch in diesem Projekt präsent, unter anderem in der Wahl der Holzbauweise. Diese wird jedoch weniger auf die heute vorherrschende, primär konstruktive Weise verwendet, sondern auch im Versuch, grundlegende Beziehungen von Haus und Natur zu thematisieren.

Ein weiterer wesentlicher Teil eines Kindergartens ist der Aussenraum, in dem die Kinder viel Zeit verbringen. Wir wollten die Beziehung zwischen Innen- und Aussenraum zusammen mit dem Landschaftsarchitekten möglichst stärken und klar charakterisieren – ähnlich der Beziehung zwischen Wald und Wiese. Das Gebäude, das im Wesentlichen ein von Holzstützen getragenes grosses Dach ist, öffnet sich auf unmittelbare Weise zum Garten und bildet mit ihm eine untrennbare Einheit.