Wohnen Biel Zentral
Wohnen Biel Zentral – Kreieren von Freiflächen im Stadtgefüge
20. mars 2014
wahlirüefli haben kürzlich ein Mehrfamilienhaus in Biel fertiggestellt. Vinzenz Luginbühl wählt zwei Zeichnungen und sechs Fotos und beantwortet unsere fünf Fragen.
Wohnen Biel Zentral 1. und 2. Etappe
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Bei Planungsbeginn manifestierte sich das zu verdichtende Quartier als Stadtteil mit Defiziten. Neben der alten Bausubstanz war der Aussenraum verkommen und bis dahin kaum gestaltet. Um zu bewirken, dass sich die Quartierbewohner den öffentlichen Raum aneignen und dazu Sorge tragen, wurde ein zum Ort passendes Wohnumfeld geschaffen. Die nach kantonaler Bauverordnung im dichten Stadtgefüge schwierig nachzuweisenden Spielflächen wurden mittels Spielstrassen kompensiert. Der Einbezug der Nachbarschaft führte zu einer breiten Akzeptanz und Identifikation mit dem Projekt.
2013 wurde das letzte von drei neuen Mehrfamilienhäusern mit Eigentumswohnungen erstellt und gleichzeitig die Gestaltung des Aussenraums realisiert.
Ansicht mit den Lüftungsflügeln vorgelagerten «Lärmschutzkulissen»
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Innerhalb der begrenzenden Baulinien des Gestaltungsplans wurden drei Wohnbauten für eine durchmischte Bewohnerschaft entwickelt. Den 37 Wohneinheiten der beiden Etappen liegen 16 unterschiedliche Typologien zu Grunde, wovon die meisten von einer dreiseitigen Orientierung profitieren.
In ihrem zeitgenössischen Ausdruck nimmt die Farbigkeit der Fassaden Bezug zur bestehenden Bebauungsstruktur der Umgebung. Die verspielte Anordnung der Fenster entkoppelt die Fassaden von den verschiedenen Wohntypologien und lässt die drei Baukörper als Einheit erscheinen.
Mehrfamilienhaus Zentralstrasse 76
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Die Qualitäten des latent vorhandenen Wegnetzes von Zufahrtsstrassen und Seitengässchen, wie sie für das Quartier typisch sind, sollten eine Gestaltung und Aufwertung erfahren. Dabei konnten weitere Parzellen aktiviert und miteinbezogen werden. Rote Betonelemente in verschiedenen Formen und Funktionen strukturieren und möblieren den Aussenraum. Kinder werden nicht auf einen für sie definierten Spielplatz beschränkt, sondern im gesamten Raum einbezogen. Das Weiterbauen an der Geschichte des Quartiers stärkt den Charakter des Ortes.
Spielstrasse der 1. Etappe
Spielstrasse der 2. Etappe
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Aus wirtschaftlichen Gründen und zur Optimierung der Nutzflächen wurde eine Kompaktfassade bestimmt. Um die Oberfläche den massiven Putzfassaden der Nachbarschaft anzugleichen, wurde mit der Auftragstechnik eines einzigen Deckanstrichs eine matte und leicht unregelmässige Oberfläche generiert. Der Innenausbau der Eigentumswohnungen konnte individuell bestimmt werden.
Möblierung des Aussenraums mit rot eingefärbten Betonelementen
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Auf Grund der Lärmschutzverordnung wurden an allen Fenstern der Nordostfassade Lüftungsflügel eingebaut, bei welchen auf der Aussenseite ein schalldämmendes, umlaufendes Zargenelement als «Kulisse» vorgelagert ist. Mit dieser Massnahme konnte der Schallpegel um sechs bis acht Dezibel vermindert werden.
Das Gebäude wurde im Minergie-P-Standard ausgeführt. Die Energiepfahlanlage nutzt die oberflächliche Geothermie, indem sie dem Grundwasser Wärme entzieht. Die Rammpfähle wurden mit doppelten PE-Rohren ausgerüstet, die bis sechs Meter Bodentiefe thermisch aktiviert sind.
Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritiken!
Situation
Grundrisse 1. und 4. Obergeschoss
Schnitt
Wohnen Biel Zentral
2013
Biel BE
Auftragsart
Direkt
Bauherrschaft
Privat
Architektur
wahlirüefli Architekten und Raumplaner AG, Biel
Vinzenz Luginbühl, Fabio Vescovi, Bruno Siegenthaler, Jan Rauscher, Fabian Hänseler
Fachplaner
Landschaftsarchitekt: landplan, Lohnsdorf
Bauingenieur: TEP, Pieterlen
Elektroplaner: Elektro-Friedli AG, Pieterlen
Sanitärplaner: acquedotto gmbh, Burgdorf
Minergie-P: Hässig sustech, Uster
Bauleitung
Aubry Bauleitungen, Nidau
Gesamtkosten
CHF 6.4 Mio
Gebäudekosten
CHF 5.5 Mio
Gebäudevolumen
7180 m3
Kubikmeterpreis
760 CHF/m3
(inkl. individuellem Käuferausbau)
Energiestandard
Minergie P
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeister: Truffer Bauunternehmung AG, Nidau
Montagebau in Holz: Renggli AG, Schötz
Fenster: Könitzer und Hofer AG, Worb
Metallfensterbänke: Krebu AG, Wichtrach
Bedachungsarbeiten: Tecton AG, Niederbipp
Spez. Dichtungen: Isotech AG, Studen
Aussenwärmedämmung: Egli AG, Bellmund
Sonnenschutz: Nyffenegger Storen AG, Huttwil
Elektroanlagen: Elektro-Friedli AG, Pieterlen
Heizung/ Lüftung: Franconi & Grob AG, Biel
Sanitäranlagen: Sauser AG, Biel
Küchen: Sanitas Troesch AG, Biel
Metallbauarbeiten: Belma Metallbau AG, Nidau
Schreinerarbeiten: Hofer Schreinerei AG, Diessbach
Gipser/ Malerarbeiten: Egli AG, Bellmund
Unterlagsböden: Thomo Böden, Studen
Bodenbeläge: BT Tschanz AG, Herrenschwanden
Plattenarbeiten: Realini Carrelages Sàrl, Port
Gartenarbeiten: Woodtli AG, Bern
Fotos
Primula Bosshard, Freiburg
Dieser Bau-der-Woche-Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem SIA entstanden