Umbau Parkhotel Bellevue
9. octobre 2006
1931 noch ein Skandal, heute in den Chalet-Wucher eingewachsen: Das moderne Haupthaus von Urfer und Stähli.
Fotos: Ruedi Walti, Basel
Seit 1926 ist das Parkhotel ‹Bellevue› in Adelboden im Besitz der Familie Richard. Nach einem Brand des hölzernen Türmchenhotels 1931 liessen die Richards das Haus neu bauen. Ihre Architektenwahl war damals mutig und stiess im Dorf auf Unverständnis: Urfer und Stähli aus Interlaken hatten sich vor allem als progressive Freibadbauer einen Namen gemacht – entsprechend war auch ihr Entwurf für Adelboden bedingungslos modern. Was damals eine weitherum weiss leuchtende Provokation war, geht heute fast lautlos im lärmigen Chaletgestapel unter.
Im Jahr 2006 zurück in die Siebzigerjahre: Die elegante Bar aus brünierter Bronze verbindet das helle Restaurant mit der dunklen Lounge.
75 Jahre später, nach etlichen Um-, An- und Ausbauten sowie Stilbrüchen, haben die Enkel des Gründerpaars dem Haus ihren Stempel aufgedrückt. Die jungen Richards wollten nicht weniger progressiv als ihre Grosseltern sein und haben sich zur Zusammenarbeit mit dem trendigen Büro Buchner Bründler entschlossen. Die Basler haben in den zwei Monaten, in denen das Hotel jährlich geschlossen ist, zehn Zimmer und zwei Restaurants mit Bar und Lounge umgebaut. Die Forderung der Gastgeber nach ‹zeitgenössischer Gemütlichkeit› lösten die Architekten mit ‹Alpine Chic› ein. Er beginnt im entrümpelten Korridor, dessen Grau und dessen eigens gestaltete Leuchten die verschiedenen Bauetappen wieder zusammenhält. In den Zimmern heisst ‹Alpine Chic›: Weg von ‹Louis Toujours›, hin zu klaren Formen, natürlichen Materialien und diskreten Farbtönen – kunstvoll bespielt mit Schnurgeflecht-Klassikern des dänischen Möbeldesigns aus den Fünfzigerjahren von Hans J. Wegner (in den Doppelzimmern) und Sesselobjekten von zeitgenössischen Designern wie Citterio oder Konstantin Grcic (in den Suiten). Mit einfachen Details haben die Architekten den kleinen Zimmern Platz für eine Sitzecke abgetrotzt: Fernseher und Schreibtisch können aus der Schrankwand herausgeklappt werden, der sperrige Koffer verschwindet in der Schublade unterm Bett.
Viel Stimmung mit wenig Licht: Speziell für die Lounge haben Buchner Bründler die aufgeschlitzten Messingzylinder und die Beistelltischchen entworfen.
Im Erdgeschoss verwandelten die Basler das zudekorierte Bellevue-Stübli in ein luftiges und offenes Restaurant mit Lounge. Buchner Bründler haben den angestauten Muff so stark ausgelüftet, dass einzelne Stammgäste sich von der Adressliste streichen liessen, als sie die ersten Bilder in der Hauszeitung sahen. Dabei haben die Basler den Anbau nur auf seine ursprüngliche Offenheit zurückgeführt. Grosse Panoramafenster geben nun wieder
den Blick auf Wildstrubel und Engstlingenfälle frei. Interessant ist, dass die Trompetenhosenzeit auch wieder bei der dunklen Braun-in-Braun-Lounge mitschwingt: Ein kantiger Tresen, verkleidet mit brüniertem Messing, dunkle Mooreiche am Boden, ein offenes Cheminée unter einer riesigen Eisenhaube, aufgeschlitzte Messingleuchten und luftige Holzreliefs als Wände erinnern an die frühen James-Bond-Sets von Ken Adams. Für den Teilumbau ist Andi Bründler von der Zeitschrift Bilanz zum Hoteldesigner 2006 gekürt worden. HÖ
www.parkhotel-bellevue.ch
Die Zwiebelleuchten des dreissigjährigen Finnen Seppo Koho setzen zwar räumliche Akzente, den Zimmermädchen aber sind sie beim Bettenmachen im Weg.
Feierliche Stimmung für einen feierlichen Moment: Die Architekten haben im Esssaal im Anbau aus den Sechzigerjahren die Panoramafenster wieder eingeführt.
Umbau Parkhotel Bellevue
2006
Bellevuestrasse 15
Adelboden
Bauherrschaft
Familie Richard
Adelboden
Architektur
Buchner Bründler
Basel
Stephanie Hirschvogel
Nick Waldmeier
Eva Misiewicz
Mathias Kleiber (Mitarbeit)
Innenausbau
Gläser Innenausbau
Baden
Auftragsart
Selektives Verfahren
2005