Ruheloses Denkmal
Juho Nyberg
5. juin 2014
Auch Beton lebt: Risse und Abplatzungen am Denkmal in Berlin. (Bild: wikicommons)
Das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas - entworfen von Peter Eisenman - scheint ein Quell steter Schlagzeilen zu sein. Noch vor der Eröffnung wurde durch die Initiatorin Lea Rosh ein Baustopp erwirkt, da der Grafittischutz von der Degussa AG geliefert werden sollte. Die Degussa-Tochter Degesch war im 2. Weltkrieg Hauptlieferantin des in den KZs eingesetzten Gases Zyklon B gewesen. Doch gerade die Degussa hat sich vorbildlich um die Aufarbeitung ihrer Vergangenheit bemüht und darüber hinaus war ein Zuschlagstoff für den Beton bereits von der selben Firma geliefert worden.
Eben dieser Beton gibt jedoch schon seit längerer Zeit Anlass für Kritik und Diskussionen. Bei der Eröffnung von Eisenman persönlich noch als «bester Beton, den ich je in Berlin gesehen habe» gerühmt, zeigten sich nach kurzer Zeit bereits erste Risse und Abplatzungen des aschgrauen Betons. Zunächst als unerklärlich taxiert, wurden Materialprüfungen und Abklärungen in Auftrag gegeben - wie sonst soll denn auch die vermeintlich ungenügende Qualität des Baustoffes belegt werden, fragt man sich.
Jüngst vermeldete die Süddeutsche Zeitung, dass bereits um Weihnachten 2010 zwei der insgesamt 2711 Stelen «mitten in der Nacht» abtransportiert wurden, eine zur Reparatur, eine zur Materialprüfung. Dank dieser zeitnahen investigativen Spitzenleistung der Münchner Tageszeitung ist das Mahnmal und sein Entwerfer nun wieder Tagesgespräch, und diverse Zeitungen und Zeitschriften bemühen sich um eine pikante Aussage zum Thema, am besten vom Architekten. Das bislang mit Abstand misslungenste Interview ist in der Zeit zu lesen, in dem Eisenman der einfältigen Fragen zum Trotz eine Ruhe und Solidität bewahrt, die allen Beteiligten, und dem Denkmal selbst, auch gut stünde.