Überraschend, ästhetisch, fesselnd

Elias Baumgarten
19. September 2024
Foto: Elias Baumgarten

Ein Hinterhof, der von einer Katze bewacht wird, leere Garagen mit weit geöffneten Toren, Kunstwerke aus Töffs und Abdeckplanen – Lucia Frey und Bruno Kuster lenken den Blick auf Details, die wir im Alltag kaum wahrnehmen. Ihr Fotoband «Zürich. Stadtbilder» (erschienen beim Verlag Edition Kuster Frey) vermittelt ein überraschend anderes Bild der Limmatstadt. Oft ist man verblüfft, erkennt man einen vertrauten Ort wieder: Das Sujet wirkt so anders als erwartet. Die Monumentalarchitektur der Chipperfieldschen Kunsthaus-Erweiterung etwa ist ein blassgraues Gerippe und die Europaallee menschenleer; bei Sprüngli gibt es statt Noblesse leere Tische im Regen. Die neuen Perspektiven sind faszinierend, das Auge kommt kaum von den ästhetischen Bildern los. 

Lucia Frey und Bruno Kuster zeigen ihre 348 Fotografien paarweise – diese Einladung zum Vergleichen und Interpretieren macht den Reiz des Buches mit aus: Mal scheinen die Bilder formal miteinander zu interagieren, mal vermutet man eine inhaltliche Verwandtschaft, dann wieder zeigen sie einen Gegensatz. Es lassen sich immer neue Geschichten spinnen.

Foto: Elias Baumgarten
Foto: Elias Baumgarten

Hinter den Aufnahmen steckt enormer Aufwand: Über 3000 Sujets entdeckten Lucia Frey und Bruno Kuster bei ihren Streifzügen durch Zürich und warteten die idealen Bedingungen ab, um sie zu fotografieren: die richtige Lichtstimmung, das passende Wetter, die beste Jahreszeit. Die stärksten Fotografien wählten sie schliesslich für ihr Buch aus. 

Ergänzt werden sie durch ein Vorwort des Fotografenpaars und drei sehr persönliche Texte: Fanni Fetzer, Susanna Koeberle und Christian Seiler schreiben über Zürich und ihre Deutung der Fotografien von Kuster Frey. Während die Bilder Susanna Koeberle über Aneignung und Stadtklima nachdenken lassen, deutet Fanni Fetzer sie vor dem Hintergrund der (Kultur)Geschichte der «Zwingli-Stadt». Ganz anders als die kitschigen Hochglanzfotos der Tourismuswerbung zeigen sie ihr, «wieviele Möglichkeiten jenseits der Spassgesellschaft das urbane Zürich heute noch birgt». Christian Seiler wiederum nimmt die Ich-Perspektive des Zugezogenen ein. Er glaubt Lucia Freys und Bruno Kusters Interesse für «die kleinen Geschichten, die sich zwischen den Fassaden dieser Stadt verbergen» zu teilen; für «den heiteren Schwung einer Strassenlaterne» und «den grössenwahnsinnigen Aussenbalkon, der glaubt, dass er ein Wald ist», für «dorische Säulen, die nichts zu tragen haben».

Foto: Elias Baumgarten
Foto: Elias Baumgarten

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