Stadt der Kunst
Jenny Keller
13. juin 2013
Sean Landers: Moby Dick (Merrilees), 2013, Öl auf Leinen, Bilder: jk (falls nicht anders gekennzeichnet)
Basel steht wieder ganz im Zeichen der Kunst: Die 44. Ausgabe der Art Basel ist seit heute für das Publikum geöffnet.
Im Mai war die Art Basel zum ersten Mal in Hongkong, nach Miami ein zweiter Ableger der Kunstmesse, die vor 44 Jahren erstmals in der Schweizer Stadt am Rhein eröffnet worden ist und seither eine Erfolgsgeschichte nach der anderen schreibt. Marc Spiegler, Direktor der Art Basel (und damit ist längst ein Brand gemeint, nicht mehr die Messe, die in Basel stattfindet) betonte trotzdem anlässlich seiner Rede zur Eröffnung der Messe, dass die Basler Ausgabe das Highlight bleibe – dieses Jahr insbesondere wegen der neuen Halle 1 von Herzog & de Meuron. Man setzt auf Brands, nicht nur in der Architektur, auch bei den Kunstwerken sind hier vor allem grosse Namen anzutreffen, Neuentdeckungen können vielleicht noch an den zahlreichen Nebenmessen (s. rechte Spalte) gemacht werden.
Dass Kunst von vielen Sammlern vor allem als Kapitalanlage gesehen wird, ist an den beiden Preview-Tagen der Art Basel zu spüren, wenn der Rosé-Champagner in den langstieligen Flutes perlt, Sergio Ermotti (UBS ist der Hauptsponsor) bei der Pressekonferenz spricht, polierte BMW-Limousinen die Besucher zwischen den zahlreichen Schauplätzen herumkutschieren und das sonst nicht sehr mondäne Kleinbasel von Menschen in auffallend guter Kleidung bevölkert wird.
Doch auch für einen durchschnittlich kunstinteressierten Besucher hat die Art Basel vieles zu bieten, auch wenn man an einem Tagesausflug längst nicht alles sehen kann. Hier folgt ein hoffentlich hilfreicher Tagesablauf, wie man ihn am kommenden Wochenende in Basel erleben kann:
1. Mit dem Tram No 2 zum Messeplatz
Die Hauptattraktion mag in der Tat für viele Besucher – insbesondere für Architekten – die neue Halle 1 der Messe sein. Bevor man sich in die Hallen begibt, um sich der Kunst zu widmen, kann hier etwas Architektur- und Städtebaukritik betrieben werden. Mögliche Fragen, die man sich stellen könnte: Wie sind Herzog & de Meuron mit dem Platz umgegangen, welche Haltung symbolisiert das neue Gebäude vor dem Messeturm, ist eine Fassade aus Streckmetall wirklich zeitlos?
Favela Café von Tadashi Kawamata, Bild: © MCH Messe Schweiz (Basel) AG
Im Favela Café von Tadashi Kawamata kann man sich erstmals ausruhen, als Treffpunkt ist das erholsam abgetakelte Bretterverschlag-Dörfchen auch zu empfehlen. Die Architektur stammt von Christophe Scheidegger, und das Café wird nach der Art im Klybeckhafen an der Uferpromenade wieder aufgebaut und dort vom Zwischennutzungsprojekt Landestelle betrieben werden. (Update vom 17.6.2013: Am Wochenende wurde ein freidlicher Protest gegen das Café oder seinen Namen und die Dekadenz, den er aussstrahlt, von der Polizei ziemlich gnadenlos aufgelöst: S. Artikel im Tagesanzeiger).
2. Design Miami, Halle 1 Süd
Bereits zum achten Mal zeigt die Design Miami/Basel die Stücke von Designgalerien. Zum ersten Mal in der neuen Halle 1, können sich die Designklassiker und wenige Neuheiten von 48 Galerien durchaus sehen lassen: Der dunkle Hintergrund der Decken und Wände und der industrielle Boden sind ein gutes Setting für die Designstücke – manche erinnern sich vielleicht etwas wehmütig an die Ausgabe der Messe in der damals noch nicht renovierten Markthalle Basel zurück. Zurück in die Gegenwart: Die Galerien sind schnell besucht, der Auftakt wäre geschafft.
Design Miami, Maison des Jours Meilleurs, 1956, Architektur: Jean Prouvé Bild: © Galerie Patrick Seguin
3. Unlimited / Statements, Halle 1
Die Unlimited ist mit 79 grossformatigen Werken eigentlich überschaubar. Aber weil dieser Sektor der Art nur ein Teil des ganzen Programms ist, lohnt es sich, die überdimensionalen Skulpturen, Installationen und Gemälde mit einem Konzept anzugehen. Nicht dass man Gianni Jetzer, dem Kurator der Schau, Konzeptlosigkeit vorwerfen würde, nur ist es nicht immer nachvollziehbar, warum etwas so ist wie es ist. Klar, das darf die Kunst, trotzdem folgen hier einige Ideen, wie man den Gang durch die Halle gestalten könnte:
- Man schaut sich nur die Kunst der Stände mit einer geraden Ziffer an.
- Man widmet sich nur weiblichen (oder nur männlichen, wenn man mehr sehen will) Künstlern.
- Nur Buntes wird näher betrachtet.
- Alle Werke mit dem Namen «Untitled» gehören in die Auswahl.
- Werke mit einem architektonischen Bezug (formal, konzeptionell) werden betrachtet.
Erstaunlicherweise fielen dieses Jahr viele Werke in die letzte Kategorie, die folgende Bildauswahl zeigt die ausgewählten Arbeiten mit einem architektonischen Bezug:
In Silence [Detached, Hobart] - Bild: Chiharu Shiota
Die meisten Berichterstattungen über die Art beschränken sich (und das ist wohl dem Bildsujet geschuldet) auf die Art Unlimited, die abbildungstechnisch mit ihren grossformatigen Werken mehr hergibt als die Galleries, wo in 238 white cubes kleinere Malereien, Fotografien, Zeichnungen, Videoarbeiten oder Skulpturen gezeigt werden. Wir halten es hier nicht anders. Empfehlen aber dennoch als letzten Halt auf dem Messegelände den Besuch der Galleries.
Jonathan Horowitz, Free store, 2009 bis 2013.
4. Galleries, Halle 2
5. Liste, Volta, Scope oder Parcours
Vor den Hallen hat man vielleicht am unkonventionellen Stand U6 etwas gefunden oder eingetauscht. Danach bleibt noch Zeit für eine Nebenmesse, die Liste befindet sich so etwa auf dem Rückweg zum Bahnhof.
6. Nachtessen im Volkshaus, Party in der Ladybar
Wer hingegen noch in Basel bleiben will, dem sei ein Abendesen im Restaurant Volkshaus empfohlen und die Party steigt danach bestimmt in der Lady Bar an der Feldbergstrasse.
Wer nun gar nicht mehr nach Hause will, sich schon überlegt, nach Basel zu ziehen, weil die Stadt so inspirierend ist, der sei vorgewarnt: Am Montag ist bereits wieder viel Wasser den Rhein runtergeflossen, die kleine Weltstadt ist dann einfach wieder die Stadt am Rhein, ohne dieses mondäne Etwas, das während der Art so erfrischt und anregt. Zum Trost, in einem Jahr, vom 19. bis zum 22. Juni 2014, ist es wieder so weit.
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