Neues Leben in alter Remise

Röösli Architekten AG
28. janvier 2021
Foto: Beat Bühler
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Die ehemalige Lokremise liegt am südlichen Rand des weitläufigen Areals einer früheren Papierfabrik. Wurde Material mit der Eisenbahn herangeschafft, bildete sie eine Art Pforte. Auch wurden dort die Werklokomotiven repariert und gewartet. Infolge der Deindustrialisierung wird aktuell das ganze Areal von insgesamt zwölf Hektaren Grösse umgenutzt. Denkmalpflegerisch wertvolle Bauten bleiben dabei erhalten, und die Freiflächen werden neu überbaut. Es entsteht ein Mix aus Wohnungen, Büros und auch Gewerbe- beziehungsweise Industriebetrieben, die verhältnismässig wenig Lärm und andere Unannehmlichkeiten verursachen. Im Rahmen des neuen Bebauungsplans legte die Kantonale Denkmalpflege für die Lokremise einen «Strukturerhalt» fest. Das heisst, die primären Strukturen der Werkstatt aus dem Jahr 1928 sind zu erhalten. Die Trasse der Werkbahn wird neu als Fuss- und Radweg öffentlich genutzt.

Die Sanierung der Lokremise ist zugleich der Auftakt der Neuentwicklung des Areals. Verschiedene Architekturbüros planen die Neu- und Umbauten.

Südansicht; die erhaltenen Eisenbahnschienen zeigen, wo einst die Lokomotiven einfuhren. (Foto: Beat Bühler)
Im Erdgeschoss wurden der historische Kran und ein Prellbock erhalten. (Foto: Christian Herbert Hildebrand, fotozug.ch)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Wir haben uns mit der Geschichte des Gebäudes eingehend auseinandergesetzt und lassen sie mit unserer Umgestaltung wieder aufleben beziehungsweise inszenieren sie. Wir haben eine intakte Reparaturwerkstatt mit einlaufenden Eisenbahnschienen, massivem Puffer und einem funktionstüchtigen Kran unter der Decke vorgefunden. Für diese prägenden Elemente gibt es natürlich bei der neuen Nutzung durch Firmen aus dem Dienstleistungssektor eigentlich keine Verwendung mehr. Trotzdem integrierten wir sie auf sinnvolle Weise. Durch den Erhalt von Objekten aus der Vergangenheit sind charakterstarke, einzigartige Räume entstanden.

Als kleines Signet beliessen wir überdies an der Nordfassade die Isolatoren der früheren elektrischen Aussenzuleitung.

Im Erdgeschoss (Foto: Christian Herbert Hildebrand, fotozug.ch)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Die Bauherrschaft hatte klare Vorstellungen von ihrem Sanierungsvorhaben. Es galt ein gewisses «Corporate Design» hinsichtlich der eingesetzten Materialien und Farben, welches auf dem ganzen Areal gepflegt werden soll, einzuhalten. Es ähnelt der Gestaltungsweise, die früher – eher unbewusst – für alle Bauten auf dem Gelände angewendet wurde. In diesem Sinne erstellten wir den östlichen Gebäudeteil als Neubau in sichtbarem Kalksandstein unter Verwendung praktisch des selben Steinformats wie an den historischen Bauten rundherum. Auch haben wir den Kreuzverband eingesetzt, einen Mauerwerksverband, welchen wir an zahlreichen Bauten auf dem Gelände vorfanden.

Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?


Wir realisieren Neubauten in Massivbauweise und Holz, daneben sanieren wir häufig denkmalgeschützte Objekte. Natürlich ist das visuelle Resultat bei der Arbeit mit historischer Substanz anders als bei Neubauten. Unsere Arbeits- und Vorgehensweise aber bleibt stets dieselbe. Daraus entsteht unsere Handschrift im Unterbewussten. Neu durften wir erstmals ein denkmalgeschütztes Haus sanieren, das weniger als hundert Jahre alt ist.

Galeriegeschoss (Foto: Christian Herbert Hildebrand, fotozug.ch)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Die vorhandenen Stahlkonstruktionen der Kranbahn und des Krans ermöglichten uns, sämtliche statische Verstärkungen aus dem gleichen Material vorzunehmen. Die Windaussteifungen, zusätzliche Stützen sowie der neu eingezogene Galerieboden mit Treppenaufgang sind aus HEA-Stahlprofilen gebaut. Die Stahloberflächen wurden in ihrer Walzhaut belassen, ihre Oberfläche lediglich farblos behandelt. So entsteht ein Dialog zwischen der bauzeitlichen Konstruktion und unseren Ergänzungen. Die weiteren Oberflächen sind in Weiss gehalten und nehmen sich dadurch zurück.

Schwarzplan, Ausgangslage 2018
Situation
Grundriss Erdgeschoss
Längsschnitt
Bauwerk
Lokremise auf dem Papieri-Areal
 
Standort
Fabrikstrasse, 6330 Cham
 
Nutzung
Umnutzung einer ehemaligen Lokremise zu gewerblichen Zwecken
 
Auftragsart
direkt
 
Bauherrschaft
Cham Immobilien AG
 
Architektur
Röösli Architekten AG, Zug
Projektleiter: Patrick Röösli
Mitarbeiter: Aline Johansson, Joana Pinho, Christian Gubser
 
Fachplaner
Landschaftsarchitektur: Müller Illien Landschaftsarchitekten GmbH, Zürich
Bauingenieur: Moos Bauingenieure AG, Zug
Elektroingenieur: R+B Engineering AG, Baar
HLKS-Ingenieur: OLOS AG, Ingenieure für Energie- und Gebäudetechnik, Baar
Bauphysik: Zeugin Bauberatungen AG, Münsingen
Brandschutzplaner: Balzer Ingenieure, Chur
Arealinfrastruktur: Emch + Berger WSB, Emmenbrücke und Cham
 
Jahr der Fertigstellung
2020
 
Gebäudevolumen
2500 m3
 
Energiestandard
Das Gebäude entspricht dem energiepolitischen Modell der 2000-Watt-Gesellschaft. Es ist CO2-neutral bezüglich der Wärme- und Kälteversorgung.
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Gebrüder Hodel AG, Baar
Nussbaumer Holzbau AG, Baar
Trütsch Fenster AG, Ibach
Halter & Colledani AG, Restaurierungen und Gipserarbeiten, Sarnen
Maler Huwiler AG, Hünenberg
Walo Bertschinger AG, Unterlagsboden, Ebikon
Pries Metall- und Glasbau AG, Sins
Käslin Innenausbau AG, Steinhausen
 
Fotos
Beat Bühler, Zürich, und Christian Herbert Hildebrand, fotozug.ch, Allenwinden

Articles liés

Projet à la une

fsp Architekten AG

Lokwerk Aufstockung Winterthur

Autres articles dans cette catégorie