Wohnsiedlung Lätthübel Erlinsbach
Verdichtung im Einfamilienhausquartier
8. October 2015
Archipel ergänzte eine bebaute Parzelle in Erlinsbach um zwei neue Häuser und wagte den Schritt hin zu Wohnformen für eine alternde Gesellschaft. Andreas Hofer stellt sich unseren Fragen.
Die drei Häuser bilden eine kleine Siedlung.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das «alte Haus» als Ausgangspunkt war unser erstes Haus. Vor dreissig Jahren bauten wir es während des Studiums für meine Eltern weitgehend selber, Freunde halfen mit. Es handelt sich um ein leichtes Holzhaus für ein Paar in der Nachfamilienphase, gut isoliert, günstig, eher Ferien- denn Einfamilienhaus. Im Verlauf unserer Karriere staunten wir, wie viele aktuelle Fragestellungen wir damals schon behandelten, wie tragfähig die Konzepte waren und wie zu jener Zeit exotische Themen wie die Nachhaltigkeit heute Mainstream sind.
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Damals war es die Sea Ranch von Charles Moore und seinen Freunden, der Wunsch eine menschliche Architektur zu schaffen. Bei der Ergänzung zwang uns die Gebrechlichkeit der Besitzer zur Lösung einer Aufgabe: Wie kann ein Einfamilienhaus an einem Hang Teil einer kleinen Siedlung werden, die zugänglich und offen ist?
Ein Lift und eine Brücke erschliessen alle Niveaus.
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
An Föhntagen rahmen die Hügelzüge den Blick ins Aaretal, und in der Ferne sind Eiger, Mönch und Jungfrau sichtbar. Die privilegierte Südlage erwies sich nun als Lebensabschnitts-Problem; die Häuser türmen sich die Hänge hoch und isolieren ihre älter werdenden Bewohner. Das Projekt ist eine kleine Antwort, indem es Niveaus verbindet und mit einem Hof eine Mitte schafft.
Offene Grundrisse, unmittelbare Materialisierung und ein direkter Zugang aus dem Lift in die Wohnung sind Kennzeichen des Projektes.
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Dies ist ein Familienprojekt. Einfamilienhausgebiete zu verdichten und mit kleineren Wohnungen zu ergänzen wird aber zu einer grossen und ziemlich universellen Aufgabe. Insofern balancierte der Entwurf zwischen individuellen Ansprüchen und grundsätzlichen Überlegungen. Erstaunlicherweise führte diese Auseinandersetzung zu Dreizimmer-Wohnungen, die nach ähnlichen Prinzipien organisiert sind. Dass sich die Bewohnerin des bestehenden Einfamilienhauses entschloss, in eine der kleineren Neubauwohnungen umzuziehen, ist ein erster Beweis für die Schlüssigkeit des Konzepts.
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Die Triade der gleichwertigen Baukörper war schnell klar und durch den Ort und die Gesetze gegeben. Doch ist es kaum möglich, mit solch kleinen Baukörpern zahlbaren Mietwohnungsbau zu schaffen. Jeder Quadratmeter nicht produktiver Fläche musste verschwinden. Während das Projekt am Anfang üppige Lauben und Balkone hatte, verschwanden diese mit der Zeit. Jetzt nutzen alle Niveaus, über Wohnküchen erschlossen, ihre Vorzonen im Hang.
Das bestehende Haus aus den 1980er-Jahren mit seiner verspielten Materialiesierung und fröhlichen Farbigkeit erwies sich als fruchtbarer Anknüpfungspunkt.
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Wir gestalten im grossen Massstab als Projektentwickler und Berater den Wohnungsbau in Zürich. Daneben pflegen wir mit kleinen Aufgaben unsere entwerferische Agilität. Es sind Labore der Konstruktion, der Energiewende – und zusehends der Verbreitung neuer Wohnformen in den Räumen der Peripherie.
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Es geht bei unseren Projekten immer um Nachhaltigkeit. Diese Tendenz ist nicht aktuell, sondern ein zeitloser Bezug – in diesem Falle angewendet auf eine ländliche Tradition, die uns mit ihrer bescheidenen aber präzisen Logik auch formal inspiriert.
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Für den kleinen Massstab erwies sich Holz als produktivstes Material. Es ermöglicht feine Details und zwingt zu einer direkten Konstruktion. Im vorliegenden Projekt gelang es uns, die Grundrisse aus fugenlos mit Dreischichtplatten beplankten Elementen zu entwickeln. Die auf den Regelgeschossen raumhohen Türen bilden die Gelenke zwischen diesen Wandscheiben.
Situation
Typische Wohngeschosse. Vier Dreizimmerwohnungen und ein Studio ergänzen das bestehende Haus aus den 1980er Jahren.
Die Erschliessung der vier Geschosse am Hang vom untersten Niveau war ein Zentimeterspiel mit den Regeln der zweigeschossigen Einfamilienhauszone.
Wohnsiedlung Lätthübel Erlinsbach
2015
Erlinsbach ZH
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
Einfache Gesellschaft Buchhalde
Architektur
Archipel GmbH, Zürich
Projektleitung: Andreas Hofer mit Fabian Würmli, Mitarbeit: Anja Peter, Andreas Wirz
Altbau 1986: Andreas Hofer mit Marc Zumsteg, Farbkonzept: Louise Schmid
Generalunternehmung
schaerholzbau ag, Altbüron
Gesamtkosten
CHF 2,5 Mio
Gebäudekosten
CHF 2,3 Mio inkl. Umbau Altbau
Gebäudevolumen
2300 m3 (SIA 416), Neubau
600 m3 (SIA 416), Altbau
Kubikmeterpreis
CHF 920/m3 SIA, Neubau
CHF 305/m3 SIA, Umbau
Energiestandard
U-Werte gemäss Minergie. Wärmepumpenheizung mit Erdsonden. Eine vollflächige Photovoltaikanlage auf den Dächern deckt voraussichtlich den Bedarf der Gebäudetechnik und des Haushaltsstroms.
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Holzbauer/Generalunternehmung: schaerholzbau ag, Altbüron
Baumeisterarbeiten: Kurmann Bau AG, Gettnau
Aussentüren aus Metall: Minder AG Torbau, Wyssachen
Fenster aus Holz: Setz Fensterbau AG, Schötz
Spenglerarbeiten, Dachdeckungen, Flachdach: Zihlmann AG Bedachungen, Fassaden und Bauspenglerei, Wolhusen
Innere und äussere Malerarbeiten: Arnold Philipp Maler AG, Dagmersellen
Vertikalmarkise: Schmid HRS GmbH, Hasle
Elektroanlagen, Photovoltaikanlage: Frey Electric AG, Triengen
Heizungs- und Sanitäranlagen: Gebr. Imbach AG Sanitär Heizung, Fischbach
Kücheneinrichtungen: Hans Eisenring AG Küchenbau, Sirnach
Aufzugsanlage: AS Aufzüge AG, Urtenen-Schönbühl
Metallbauarbeiten: Gebr. Imbach AG Schlosserei, Fischbach
Unterlagsboden Anhydrit: SchreineRey GmbH, Schöftland
Keramische Wand- und Bodenbeläge: Daniel Renggli, Ebersecken
Deckenbekleidungen aus Gips: Bär AG Gipsergeschäft, Zofingen
Gärtnerarbeiten: Peter Sandmeier, Erlinsbach
Fotos
Michael Egloff und Andreas Hofer