Finish Line Tower Rotsee
Jährlich wiederkehrende Metamorphose im Göttersee
13. March 2014
Fuhrimann Hächler Architekten recently completed a tower at the rowing finish line on the Rotsee (Lake of Rot), Switzerland. Gabrielle Hächler chooses two drawings and six photos and answers some of our questions.
Ausserhalb der Regatten schläft der Turm mit verschlossenen Läden am Seeufer und lässt die Natur vor
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Einen hybriden Zweckbau zu entwickeln, welcher elf Monate im Jahr verschlossen und unbenutzt als freistehende Skulptur über dem Wasserspiegel des Rotsee schwebt und nur an wenigen Tagen aus seinem Schlaf erwacht und sich öffnet, war die besondere Herausforderung des Entwurfs. Ähnlich einer klassischen Skulptur ändert der Turm seine Erscheinung je nach Standpunkt des Betrachters und integriert sich so in die Naturlandschaft, die sich im Tagesablauf und während den Jahreszeiten ebenfalls kontinuierlich verändert.
Ausserhalb der Regatten schläft der Turm mit verschlossenen Läden am Seeufer und lässt die Natur vor
Welche Inspiration liegen diesem Projekt zugrunde?
Ausgangspunkt des Entwurfs war die Metamorphose, welche das Gebäude alljährlich anlässlich der Ruderregatten durchläuft; sie stand während unserer Arbeit stets im Zentrum. Zudem galt es einen identitätsstiftenden Bau für den traditionsreichen Rudersport am Rotsee zu schaffen und in den landschaftlichen Städtebau zu integrieren.
Durch subtile «Verrückungen» der drei gestapelten Raumeinheiten entsteht eine gewisse Fragilität und Feinheit
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Der Rotsee, welcher in Ruderkreisen aufgrund seiner aussergewöhnlichen Form und den meist windfreien Verhältnissen auch «Göttersee» genannt wird, bildet umgeben von sanften Hügeln eine weltweit einmalige Naturarena, in welcher im olympischen Format auf sechs Bahnen über 2000 Meter gerudert wird. Dieser anspruchsvollen Situation wollten wir mit einem vertikalen Akzent auf der langen horizontalen Fläche begegnen. Das Gebäude erinnert entfernt an eine Vogelwarte und ist somit nicht fremd in seiner Umgebung. Trotzdem setzt es der prachtvollen Natur ein menschliches Artefakt gegenüber, welches für kurze Zeit im Jahr rationalen und funktionalen Ansprüchen folgen muss. In der restlichen Zeit, in welcher das Gebäude schlummert, wird es zur ruhenden Skulptur, die losgelöste, ästhetische Ansprüche nähren muss.
Während der Ruderregatten mit geöffneten Klapp- und Schiebeläden
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Der enge Budgetrahmen, die kurze Bauzeit und die Vorgaben des Weltverbandes FISA waren prägende Vorgaben für den Entwurf. Um die kurze Bauzeit einzuhalten, entschieden wir uns von Beginn an für die Vorfabrikation der Holzkonstruktion, was eine kostengünstige, schnelle und rationelle Montage der Elemente erlaubte. Die Kunst war es, bei all den Bedingungen darauf zu achten, dass das ästhetische Erscheinungsbild nicht leidet und stimmig bleibt. Das beträchtliche Gebäudevolumen, resultierend aus dem geforderten Raumprogramm, erhielt durch subtile «Verrückungen» der drei gestapelten Raumeinheiten eine gewisse Fragilität und Feinheit, und somit eine skulpturale Qualität, die über das «Architektonische» hinauswächst.
Blick von der Loggia im 2. Obergeschoss in Richtung Start
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Im Wettbewerbsprojekt wurden die drei Raumeinheiten von einer seitlich angeordneten skuplturalen Treppe aus Beton erschlossen und über einen Betonsteg ans Ufer angebunden. Auf dem Dach sahen wir eine öffentlich zugängliche Aussichtsterrasse vor. Die Sorge vor Vandalismus durch die permanente Anbindung ans Ufer und die ständige Begehbarkeit des Turmes veranlasste die Bauherrschaft zu einer Überarbeitungsphase.
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Ein Gebäude im Wasser zu erstellen war eine aussergewöhnliche Aufgabe. Unsere Arbeiten konzentrieren sich primär auf den Wohnungsbau, und doch fügt sich der Zielturm wunderbar in die Reihe der öffentlichen Kleinbauten an Seeufern ein, die wir in der Vergangenheit bereits realisieren konnten. Unser nächstes Projekt in Ufernähe, das zukünftige Ruderzentrum am Rotsee, befindet sich momentan in Planung und bildet eine architektonische Einheit mit dem fertiggestellten Zielturm.
Erdgeschoss mit Blick auf die Zieleinfahrt der Boote
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Die Faszination, welche das kleine Gebäude ausübt, beruht nicht auf einem einzelnen Produkt oder Material. Wie bei allen unseren Bauten wiederspiegelt das Materialisierungskonzept unsere Vorliebe für natürliche, unprätentiöse Materialien. Während die grobe Struktur der inneren Raumverkleidung an die heranwachsenden Schilfpflanzen am Uferrand erinnert und so die unmittelbare Umgebung im Innern ablesbar macht, sorgt die extrem dauerhafte und roh belassene Fassadenschalung, welche über die Zeit eine natürliche Patina annimmt, für die gewünschte äussere Einbindung des Gebäudes in die Umgebung. Die plastische, elaborierte Fassade mit Klapp- und Schiebeläden, welche aufgrund des Budgetdrucks durch unsere Vorliebe für die Verwendung von kostengünstigen Alltagsmaterialien im Innern ermöglicht wurde, stellt das Herzstück des Entwurfs dar und bestimmt den architektonischen Ausdruck.
Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritiken!
Grundriss Erdgeschoss
Längsschnitt
Zielturm Rotsee
2013
Rotsee LU
Auftragsart
Wettbewerb
Bauherrschaft
Naturarena Rotsee
Architektur
Andreas Fuhrimann Gabrielle Hächler Architekten ETH BSA SIA AG, Zürich
Projektleitung: Daniel Stankowski
Wettbewerb: Carlo Fumarola
Fachplaner
Holzbauingenieur: Lauber Ingenieure für Holzbau & Bauwerkserhalt, Luzern
Bauingenieur: Berchtold + Eicher AG, Zug
Bauleitung
Schärli Architekten AG, Luzern
Gesamtkosten BKP 1-9
CHF 1.3 Mio.
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Montagebau in Holz und Fenster: 1a Hunkeler, Ebikon
Auszeichnung
Wallpaper Design Awards 2014
Fotos
Valentin Jeck, Uerikon bei Zürich