Vorhang auf! - Wohn- und Geschäftshaus
18. Mai 2007
Dank einem Gestaltungsplan konnte das Gebäude ein Geschoss höher gebaut
und dem Massstab der weiten Kreuzung angepasst werden.
Foto: Erieta Attali
Der Schulhausplatz in Baden ist ein Resultat der Verkehrssanierung der Sechzigerjahre. Damals verlegte man die Bahnlinie in einen neuen Tunnel und baute das alte Trassee samt Eisenbahntunnel zur Hauptstrasse um. Dieser verkehrstechnische Befreiungsschlag hinterliess im Stadtbild Wunden, die erst vierzig Jahre später allmählich verheilen. Dazu gehört auch das Falken-Areal.
Der einstige Gasthof fiel schon in den Sechzigern der über- und unterirdischen Verkehrsmaschine des Schulhausplatzes zum Opfer, die Brauerei überlebte etwas länger. Anläufe, das Areal neu zu bebauen, scheiterten zahlreich: an der schwierigen Situation, an der ungünstigen Erschliessung, am Lärm der überlasteten Kreuzung, an fehlenden Investoren. Der jüngste Anlauf, noch unter Denner als damaligem Arealbesitzer begonnen, war von Erfolg gekrönt.
Der Eingangshof der Wohnungen ist ein gemeinsamer, weitgehend vor Lärm geschützter Aussenraum.
Fotos: Roger Frei
Auf die heterogene Umgebung mit der Altstadt an der einen Ecke der Kreuzung, dem klassizistischen Schulhaus an der anderen Ecke und dem Gemisch von Sechzigerjahre-Geschäftshäusern und vorstädtischer Bebauung entlang der Mellingerstrasse reagierten die Architekten von Burkard, Meyer mit einer grossen plastischen Figur. Deren unregelmässiger Grundriss widerspiegelt in den unteren Geschossen die Randbedingungen mit einer öffentlichen Strasse im rückwärtigen Bereich, dem Bahntunnel dahinter und dem Velotunnel, der den Schulhausplatz in weitem Bogen unterfährt. In den oberen Geschossen löst sich der Baukörper von den Vorgaben im Baugrund und inszeniert sich im Stadtraum. Nach über vierzig Jahren hat der grossflächige Schulhausplatz endlich ein Pendant in der dritten Dimension erhalten. Der Platz bleibt zwar eine Verkehrsmaschine (daran werden auch die geplanten Umbauten nichts ändern), aber nun ist die Fläche gebunden und ufert nicht mehr nach allen Seiten aus.
Die wellenartig aufgehängten Vorhänge schützen vor Sonne und brechen die Strenge des Glas- und Betonbaus.
Das grosse, auf einem Ladensockel stehende Volumen ist im Innern zweigeteilt: Das Bezirksgericht und Büros belegen die drei unteren Geschosse, in den beiden obersten Stockwerken gibt es 14 Maisonettewohnungen. Der Kern des Hauses ist ein Hof, der die Büros mit Licht versorgt und sich oben zum grossen Eingangshof der Wohnungen weitet. Die innere Ordnung folgt dem fast orthogonalen Hof, was zu schräg angeschnittenen Räumen an den Fassaden führt. Aus dem umlaufenden Bürokorridor gibt es immer wieder Ausblicke auf die Strasse und in den Hof. Der holzbeplankte Eingangshof im vierten Obergeschoss ist der kollektive Aussenraum der Wohnungen.
Gemeinsam ist den Büro- und Wohngeschossen die raumhaltige Glasfassade. Deren innere Schicht bildet die Klima- und Schallgrenze und lässt sich nur in den Wohnungen öffnen; die äussere Glashaut ist fix und hinterlüftet. Im Zwischenraum hängen raumhohe Vorhänge als Sonnenschutz. Deren zweischichtige Stoffbahnen – ein grobes Gewebe aussen, ein metallbedampftes innen – kontrastieren mit dem kantigen Glaskörper und bringen etwas Theateratmosphäre auf den Schulhausplatz. WH
Grundriss 4. OG: Hier liegt der Eingangshof zu den Wohnungen. Dank der Lüftung liegen die Schlafräume an der Fassade.
Grundriss 1. OG: Der Hof gibt die innere Ordnung vor; um ihn herum sind die Büro- und Verhandlungsräume angeordnet.
Wohn- und Geschäftshaus
Baden
2006
Bauherr
Pensionskasse des Bundes Publica
Bern
Architektur
Ramser Schmid
Baden
Totalunternehmung
Implenia
Aarau
Gesamtkosten
27 Mio CHF
(BKP 1-9)
Gebäudekosten
668.-CHF
(BKP 2 / m³)