Schloss Hallwyl
15. Juni 2006
Während Jahrhunderten bauten die von Hallwyl an ihrem Schloss. Dass die Bauten nicht zu Ruinen verfielen oder in die Hände von Spekulanten gerieten, ist aber weniger den von Hallwyls zu verdanken als der reichen schwedischen Fabrikantentochter Wilhelmina Kempe, die 1865 Walther vonHallwyl heiratete. So kam sie zum Adelstitel und er zu Geld, mit dem er das Schloss seinem verarmten Bruder abkaufte.1904 begann sich Wilhelmina um das Schloss zu kümmern. So präzise, wie sie in ihrem Haus in Stockholm über Jahrzehnte das Inventar ihrer Gegenstände anlegen liess, so genau nahm sie es bei der Sanierung des Schlosses. Nils Lithberg richtete das Schloss nach den damals neusten Erkenntnissen der Denkmalpflege her. Zwar liess er die neugotischen Zutaten von (immerhin) 1860 Jahren entfernen, ansonsten respektierte er die alte Bausubstanz.
Das mittelalterliche Schloss Hallwyl erhielt sein heutiges Aussehen vor rund neunzig Jahren.
Seit 1993 erfuhr das Wasserschloss einen weiteren, diesmal sanften Umbau. Castor Huser war für die Sanierung des Alten zuständig, Tognola, Stahel, Ullmann Architekten fügten die neuen Teile ein, Anex & Roth und GRID gestalteten die Ausstellung. Das vordere und das hintere Schloss blieben als wichtigstes Ausstellungsgut weitgehend unverändert. Einzige Zutaten sind ein klimatisierter Ausstellungsraum im Dach des vorderen und ein Laubengang an der Rückseite des hinteren Schlosses. Die neuen Teile des Gebäudes geben sich klar zu erkennen, wahren aber den Respekt vor dem Alten. So berührt die Klimakammer nirgends die Dachkonstruktion, sondern folgt der Dachschräge, und der Laubengang verläuft dort, wo schon in früheren Jahrhunderten eine Laube gewesen sein muss.
Eine neue Scheune neben dem Mühlegebäude nimmt das vor neunzig Jahren ausgegrabene Arbeitsschiff auf.
Den grössten Eingriff nahmen die Architekten im Stall vor, in dem sie
das Café, den Veranstaltungssaal und die Toiletten einbauten. Ein
Zwischenboden unterteilt den überhohen Raum in zwei Geschosse,
Glaswände bilden ein Haus im Haus. Die steinerne Aussenwand – die
Wehrmauer – bleibt über beide Geschosse erlebbar. Doch es gibt im Stall
auch Altes, das neu ist: Weil mehrere Balken der Dachkonstruktion nach
400 Jahren am Ende ihres Lebens angelangt waren, ersetzte sie der
Zimmermeister in alter Manier und rückte den Dachstuhl ins Lot.
Zur
Anlage gehört auch die Schlossmühle jenseits der Strasse. Daneben wurde
ein neuer Holzbau zwischen Kanal und Aabach gesetzt. In der einen
Hälfte sind die Garagen und das Lager untergebracht. In der anderen
Hälfte liegt der Ausstellungsraum für den Prahm, ein Arbeitsschiff mit
geringem Tiefgang. Die Archäologen haben das Schiff vor neunzig Jahren
aus dem Schlamm geborgen, nun haben es die Architekten in Beziehung zum
Wasser gesetzt. Die Ausstellung in den Räumen des Schlosses Hallwyl ist
den einstigen Bewohnerinnen und Bewohnern des Schlosses gewidmet. Doch
Originalgegenstände gibt es hier kaum. Diese sind im Landesmuseum in
Zürich ausgestellt und müssen gemäss der Auflage der gestrengen
Stifterin Wilhelmina vonHallwyl-Kempe dort für alle Zeiten bleiben. WH
Die neuen Balken des Stalldaches gehören zur alten Konstruktion. In
ihrer Gestaltung als neue Zutaten geben sich Zwischenboden und
Verglasung zu erkennen.
Der Ausstellungsraum unter dem Dach des vorderen Schlosses respektiert die alte Substanz und berührt sie nirgends.
Grundriss und Schnitt der Schlossanlage: mit Vorderem Schloss 1, Kornhaus 2,Stall 3; mit Hinterem Schloss 4 Bergfried 5; Schlossmühle 6 und Neubau mit Prahm 7.
Schloss Hallwyl
2005
Seengen
Bauherrschaft
Kanton Aargau
Baudepartement
Architektur
Architektengemeinschaft
Schloss Hallwyl
Castor Huser
Baden
Carlo Tognola
Christian Stahel
und Beat Ullmann
Windisch
Ausstellungsgestaltung
Anex & Roth / GRID
Gesamtkosten
(BKP 1–9)
CHF 23 Mio.