Maisonettewohnung in Beirut
Oase in Beirut
19. Dezember 2013
MET Architects haben kürzlich eine Maisonettewohnung in Beirut, Libanon, fertiggestellt. Thomas Thalhofer wählt vier Zeichnungen und sechs Fotos und beantwortet unsere vier Fragen.
Blick von Südosten
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das im Westteil von Beirut gelegene Ain Mreisseh ist durch seine Geschichte als Fischerviertel geprägt und heute als prominentes Wohnquartier überaus beliebt. Die zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Bebauung wurde im Rhythmus von Zerstörung und Wiederaufbau vergangener Kriege immer wieder von neuen Gebäuden und Bebauungstypen überlagert.
Südterrasse
Das in den dreissiger Jahren erbaute viergeschossige Wohnhaus in der «Rue Van Dick» wurde Anfang der fünfziger Jahre um eine Maisonettewohnung aufgestockt. Vom Beginn des libanesischen Bürgerkriegs 1975 bis zur Sanierung 2012 war die Wohnung verlassen, von Militärmilizen und Obdachlosen bewohnt und dadurch sehr verwahrlost. Die besondere Herausforderung der Bauaufgabe lag vor allem darin, einen «toten» Ort wieder zu neuem Leben zu erwecken und ihn atmosphärisch neu aufzuladen.
Eingangsbereich
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Das Leben in Beirut in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts war im Gegensatz zur heutigen Wahrnehmung geprägt von Weltoffenheit, Modernität und der starken Orientierung an einem westlichen, vornehmlich von der französischen Kultur beeinflussten Lebensstil. Diesen gesellschaftlichen Qualitäten wollten wir einen architektonischen Ausdruck geben, der massgeblich geprägt ist von räumlicher Grosszügigkeit. Jedem Wohnraum ist eine eigene Terrasse zugeordnet, die sich je nach Orientierung zu den benachbarten Parkanlagen oder zum Meer öffnet.
Wohn- und Empfangsbereich
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Grundsätzlich lassen sich Bauaufgaben im Nahen Osten nur sehr schwer mit denen in der Schweiz vergleichen, weil sich Problemstellungen und spezifische Rahmenbedingungen der jeweiligen Orte stark unterscheiden. Dennoch ging es uns vergleichbar einer Erzählung darum, das vorgefundene architektonische Vokabular weiterzuverwenden, es phantasievoll zu kombinieren und manchmal auch Neues zu erfinden. Am Ende der Geschichte, bzw. bei der Fertigstellung, war massgeblich, dass die der Wohnung innewohnende ursprüngliche Qualität und Atmosphäre wieder aktiviert werden konnte und so ein stimmiges, nicht auf seine zeitliche Herkunft zurückführbares Gesamtbild entstand.
Nordterrasse
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Eine handwerkliche Baukultur im europäischen Sinne existiert heute in Beirut nicht mehr, bzw. ging schon vor Jahrzehnten durch einen vollständig industrialisierten Baustoffmarkt verloren. Abseits der globalen Handelsrouten und aufgrund hoher Einfuhrzölle wird nur importiert, was sich in grossen Stückzahlen verkauft und ohne fachliche Qualifikation auf der Baustelle zusammensetzen lässt.
Blick zum Mittelmeer
Dementsprechend schwierig war es Unternehmer zu finden, die bereit waren, längst vergessene Handwerkstechniken und Produktionsmethoden von Neuem zu «lernen» und diese auch anzuwenden. Bei der Produktion des innen und aussen verlegten Terrazzobodens haben wir z.B. sämtliche örtlich verfügbaren Rohmaterialien und Zuschlagsstoffe selbst geliefert und die Produktionstechnik zusammen mit der ausführenden Firma solange verfeinert, bis das gewünschte Ergebnis erzielt werden konnte. Die besondere Erfahrung lag vor allem im gemeinsamen Prozess des «Herstellens» in unmittelbarer Auseinandersetzung mit den wiederentdeckten handwerklichen Möglichkeiten vor Ort.
Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritiken!
Situation
Niveau 1
Niveau 2
Schnitt
Maisonettewohnung in Beirut
2013
Beirut, Libanon
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
Privat
Architektur und Bauleitung
MET Architects, Basel
Roula Moharram, Thomas Thalhofer
Fachplaner
Haustechnik: Roger Kazopoulo, Beirut
Gesamtkosten BKP 1-9
CHF 0.3 Mio.
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Generalunternehmer: Hani Mahjoub Contracting, Beirut
Fotos
Geraldine Bruneel, Paris