Umnutzung Hammergut
Gutshof reloaded
2. Oktober 2014
EM2N haben kürzlich das Projekt Umnutzung Hammergut in Cham fertiggestellt. Gerry Schwyter wählt vier Zeichnungen und sieben Fotos und beantwortet unsere fünf Fragen.
Zugangshof von der Hauptstrasse.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Bereits 2005 haben wir an einem eingeladenen Wettbewerb für das Hammergut teilgenommen. Die Aufgabe hat uns von Anfang an sehr interessiert, weil es sich um eine höchst ungewöhnliche Herausforderung handelte.
Eine Gesamtanlage von zehn bestehenden Gebäuden, welche über 100 Jahre gemäss den Bedürfnissen eines landwirtschaftlichen Betriebs gewachsen waren, sollten in eine zeitgemässe Nutzung überführt werden. Wir haben vor Ort unterschiedlichste Gebäudekategorien, d.h. ein repräsentatives Verwalterhaus im Riegelbau, verschiedene Scheunen- und Betriebsgebäude unterschiedlichster Qualitäten, sowie ein einfaches Angestelltenhaus vorgefunden. Ähnliche Anlagen mit solch grossen kompositorischen und atmosphärischen Qualitäten, wie wir diese vorgefunden haben, sind äusserst selten.
Die Rampen überqueren den öffentlichen Wanderweg.
Im Wohnhof 2 treffen Alt und Neu aufeinander.
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Die Inspiration für unseren Eingriff haben wir sehr stark von der gewachsenen Anlage abgeleitet.
Die über ein Jahrhundert gewachsene Struktur des Mikrokosmos «Hammergut» weist eine äusserst starke städtebauliche Haltung auf. Alle Gebäude sind an oder um Höfe organisiert, welche für den landwirtschaftlichen Betrieb wohl grosse organisatorische Vorteile hatten. Wir haben einen Grossteil der gewachsenen Struktur übernommen und baulich minderwertige Gebäude durch Neubauten ähnlicher Setzung und Volumetrie ersetzt. Das historische Zentrum der Anlage, der Gutshof, wurde so weit wie möglich in seinem ursprünglichen Zustand belassen.
Unsere Intention brachte eine einzige Neusetzung, um einen der Höfe abzuschliessen und das Ensemble zu vervollständigen.
Gutshof mit Verwaltungsgebäude, Scheunenumbau «Kälberstall» und neuem «Angestelltenhaus».
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Der Einfluss der Bestandessituation auf den Entwurf war aussergewöhnlich gross.
Wir haben uns nicht nur auf städtebaulicher Ebene auf die gewachsene Struktur und auf den Bestand bezogen, sondern auch bei der Materialisierung. Die traditionellen Materialien Stein und Holz wurden bei der Instandsetzung der Bestandesbauten und der Gestaltung der Neubauten gemeinsam mit der örtlichen Denkmalpflege erarbeitet und weiter konsequent eingesetzt.
Die neuen steinernen Gebäude stehen in Form von drei Sichtbetongebäuden im Zentrum der Anlage um die historischen und neu interpretierten Rampenanlagen. Drei der neuen Wohngebäude wurden mit einer zeitgemäss interpretierten Holzbretterschalung verkleidet.
Die hölzerne Loggia im «Punkthaus» öffnet sich zum Wohnhof 2 hin.
Übereckblick im «Wagenschopf».
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Nach der Überarbeitung des Wettbewerbes stand die Einreichung des Bebauungsplanes im Vordergrund. Gemeinsam mit der Nachbarschaft, dem Bauherrn und der Gemeinde wurde ein sehr enges Gerüst um den Entwurf gelegt. Dieses hat bis heute Bestand und hat sich als nützliche Planungsleitlinie bewährt. Insofern wurde der Wettbewerbsbeitrag, mit Ausnahme von üblichen Grundrissüberarbeitungen und Anpassungen des Wohungsmixes, ohne massgebende Änderungen umgesetzt.
Grossraumbüro im «Kälberstall».
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Rund die Hälfte unserer Projekte sind Um- und Anbauten oder Renovationen. Uns begeistert das Bauen im Bestand, weil dadurch häufig spezifischere Lösungen entstehen, als wenn man auf der grünen Wiese plant. Durch die Verschiedenheit der bestehenden Situationen, die wir antreffen, werden auch die einzelnen Projekte sehr unterschiedlich. Wenn man nach einer Gemeinsamkeit suchen würde, so wäre dies ihrer Spezifizität, oder anders ausgedrückt der Grad ihrer Individualität.
Situation
Grundriss
Ansicht Ost
Axonometrie
Umnutzung Hammergut
2014
Cham ZG
Auftragsart
Wettbewerb, 1. Preis
Bauherrschaft
Hammer Retex AG
Architektur
EM2N Architekten AG, Zürich
Fachplaner
Bauingenieur: ARP Ingenieure, Baar
Holzbauingenieur: Pirmin Jung Ingenieure für Holzbau, Rain
HLKS-Planung: Heinz Reding AG, Baar
Elekroplanung: Herzog Kull Goup AG, Rotkreuz
Bauphysik/Akustik: Martinell + Menti AG, Meggen
Landschaftsarchitekt: Studio Vulkan Landschaftsarchitektur, Zürich
Bauleitung/Baurealisation
Hammer Retex AG, Cham
Gesamtkosten
CHF 27 Mio.
Grösse
Bruttogeschossfläche: 7’000 m2
Rauminhalt (SIA 416): 28’000 m3
Fotos
Roger Frei Architekturfotografie, Zürich