Panoramagalerie Pilatus Kulm
«Form Follows Mountain»
10. Mai 2012
Niklaus Graber & Christoph Steiger Architekten haben kürzlich die Panoramagalerie auf dem Pilatus fertiggestellt. Christoph Steiger wählt drei Zeichnungen und vier Fotos und beantwortet unsere fünf Fragen.
Innenansicht Galerie mit Aussicht
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Die Pilatus Bahnen haben in ihrem Anforderungsprofil für den Neubau einen repräsentativen neuen Ankunftsort beschrieben, der die bestehenden Hotelbauten Pilatus Kulm und Bellevue miteinander wettersicher verbindet und gleichzeitig das Bergpanorama inszeniert. Ebenfalls sollte die etwa 1000 m2 grosse Halle über eine Bar und einen Laden verfügen.
Als neue Mitte der bestehenden Anlage wird so ein hoch öffentlicher grosser Aufenthaltsraum geschaffen, der im Kontext der alpinen Bergwelt eine einzigartige und besondere Ausstrahlungskraft erhält.
Uns hat die urbane Dimension dieser Aufgabe im Sinne einer Verdichtung und einer Multifunktionalität des Raums interessiert. Wir suchten nie eine rustikale, bergromantische Ausrichtung dieses neuen Ortes. Als Ankunfts- und Ausgangsort sahen wir die Aufgabe der neuen Panoramagalerie ähnlich wie die eines Flugterminals.
Situation
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Der exponierte Ort auf dem Berggrat zwischen den beiden Bergspitzen Oberhaupt und Esel verfügt über unterschiedlichste Qualitäten, die wir uns nutzbar machen wollten.
So ist beispielsweise die Inszenierung des Panoramaerlebnisses tragendes Moment unseres Entwurfes. Die Fenster in ihrer auf- und absteigenden, kleiner und grösser werdenden Geometrie unterstützen die szenografischen Qualitäten des Bergpanoramas, der Nebelmeere und der Sicht auf die Stadt Luzern.
Aber auch die unmittelbare Felsformation des Mons Fractus, des gebrochenen Bergs (so wurde der Pilatus im Mittellalter genannt) hat uns inspiriert. Der vor- und rückspringende Baukörper in Beton lehnt sich an die karstige Landschaft des Pilatusmassivs an. Er knüpft an Bestehendes an, entwickelt sich an einer Felsnase herum oder kragt schwindelerregend aus. Im Sinne von «form follows mountain».
Aussenansicht, Blick von unten
Inwiefern haben die Bauträgerschaft oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
In der Formulierung des Bauprogramms hat die Bauherrschaft die Bestimmung des Neubaus klar formuliert. Wir haben diese Anforderungen sehr ernst genommen, sie wurden Basis unseres Entwurfs. Wir wollten einen zeitgemässen Ort für den gewünschten Konsum unserer touristisch wertvollen Alpenwelt schaffen. Er sollte auf die Bedürfnisse der Bauherrschaft und damit auf die der Besucher eingehen, sie in eine einzigartige und spezifische Bergwelt führen, die bequem in Turnschuhen und ohne Bergausrüstung erfahren werden kann und als Erinnerung in den Köpfen hängen bleibt. Insofern werden die Marketing- und Verkaufsziele der Bauträgerschaft in der neuen Panoramagalerie abgebildet.
Galeriegeschoss
Querschnitt
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Wir versuchen alle unsere Bauten als exklusive, nicht wiederholbare Antworten aus der jeweils spezifischen Bauaufgabe zu entwickeln. Ist doch der Ort, das Programm und die Bauherrschaft immer wieder einzigartig. Insofern unterscheiden sich unsere Projekte jeweils sehr stark voneinander.
Bei der Panoramagalerie ist dies nicht anders. Der Ort hat natürlich eine unglaubliche Exklusivität, dies gepaart mit einem hoch öffentlichen Programm. Das führt zu einer unverwechselbaren und spezifischen architektonischen Antwort.
Insofern reiht sich das neue Werk in seiner Herangehensweise und Methodik nahtlos in die früheren Arbeiten unseres Büros ein. In der öffentlichen Wahrnehmung sticht natürlich dieses Projekt etwas heraus, hat doch der Pilatus eine globale Ausstrahlung.
Aufgang zur Terrasse
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Der Entscheid, die Panoramagalerie in Stahlbeton zu erstellen, wurde sehr früh gefällt. Mit diesem Material konnten wir die Nähe zum Kalkgestein des Pilatusmassivs herstellen. Der steinige und karstige Charakter der Galerie war von Anfang an in den Entwurf eingeschrieben.
Die gewagte Konstruktion mit der grossen Spannweite im Innenraum und den mächtigen Auskragungen konnte durch die vorgespannten Stahlbetonträger, die im Verbund mit einer Stahlkonstruktion wirken, erst möglich gemacht werden.
Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritiken!
Treppe mit Aussicht
Panoramagalerie Pilatus Kulm
2011
Alpnach OW
Auftragsart
Eingeladener Studienauftrag
Bauherrschaft
Pilatus Bahnen AG, Kriens
Architekt
Niklaus Graber & Christoph Steiger Architekten ETH/BSA/SIA, Luzern
Mitarbeiter: Philipp Käslin
Bauleitung
Jürg Gabathuler, Architekt FH/SIA, Wollerau
Bauingenieur
Dr. Schwartz Consulting AG, Zug
Auszeichnung
Award 2012 "Marketing+Architektur", Gesamtsieger
Award 2012 "Marketing+Architektur", Sieger Kategorie Sport- und Wellnessanlagen, Bergbahnen
Gesamtkosten BKP 1-9
11'000'000.-
Kubikmeterpreis BKP 2
783.-
Fotos
Dominique Marc Wehrli, Regensdorf