Hebelschulhaus
Erneuert, nicht modern
8. Januar 2015
MET Architects haben kürzlich den Umbau der Primarschule in Riehen fertiggestellt. Thomas Thalhofer stellt sich unseren Fragen.
Nordansicht Aulatrakt
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das 1952/53 erbaute Hebelschulhaus wurde von den Basler Architekten Rasser & Vadi geplant. Das im Inventar der schützenswerten Bauten aufgeführte Schulhaus war in seiner Bausubstanz vor Baubeginn noch ursprünglich erhalten.
Die besondere Herausforderung der Bauaufgabe lag vor allem in der Frage, wie behördliche Auflagen und zeitgemässe technische Anforderungen konzeptionell in ein architektonisch herausragendes Gebäude integriert werden können – mit dem Ziel eine Konstellation von Alt und Neu zu suchen, die nicht den Kontrast von zwei unterschiedlichen Teilen sucht, sondern ein kohärentes architektonisches Objekt anstrebt.
Südansicht Spezialtrakt
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
In der vertieften Auseinandersetzung mit dem Bestand haben wir versucht, die entwerferischen Ansätze von Rasser & Vadi, sowie deren Farb- und Materialauswahl zum Ausgangspunkt unserer Überlegungen zu den Eingriffen zu machen. Dabei ging es darum, das vorgefundene architektonische Vokabular weiterzuverwenden, es phantasievoll zu kombinieren und manchmal auch Neues hinzu zu erfinden. Ausschlaggebend war, dass die dem Haus innenwohnende räumliche Qualität in Zukunft weitergeführt werden kann und so ein stimmiges, nicht auf seine zeitliche Herkunft zurückführbares Gesamtbild entsteht.
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
In der Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekten standen die ursprünglichen und für ein Pavillonschulhaus typischen Eigenschaften der Aussenräume – wie zum Beispiel deren Weitläufigkeit, der Dialog der Bepflanzungen mit dem Haus, aber auch die «versteckten Orte» als Rückzugsbereiche für die SchülerInnen – im Zentrum der Überlegungen. Mit wenigen Eingriffen haben wir versucht, diese Orte klarer herauszuarbeiten und für den Schulalltag als Erweiterung der Innenräume nach aussen nutzbar zu machen.
Heilpädagogischer Kindergarten
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Der Erfolg des Projektes war massgeblich durch die reibungsvolle, sehr konstruktive, aber vor allem vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Bauherrenvertreter, Schulleiter und Architekt geprägt. So war es möglich, in kleiner Runde kontrovers, aber immer mit Blick auf das beste Endergebnis, alle massgeblichen Fragen konsensorientiert zu lösen. Die Bedürfnisse der aktuellen Schulreform (HarmoS) konnten erfüllt und die Gebrauchstauglichkeit der architektonisch hochstehenden Anlage für die kommenden Jahrzehnte gesichert werden.
Korridor
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Das Grundproblem jeder neuen Schulreform besteht darin, dass für die jeweils neuen pädagogischen Anforderungen keinerlei «Felderfahrungen» vorliegen, und deshalb die Reformbestrebungen zum Zeitpunkt des Projektbeginns rein theoretischen Charakter besitzen. In der konkreten baulichen Umsetzung bedeutet dies, dass oftmals ohne verbindliche Vorgaben zur Nutzung geplant werden muss.
Wir lösten das Problem, indem wir die Bedürfnisse neuer Unterrichtsmethoden nach räumlicher Flexibilität, Veränderbarkeit, sowie nach spezifischen Möglichkeiten der Bespielung nicht als ständigen Wechsel mit baulichen Konsequenzen verstanden haben. Stattdessen konnten wir ein Raumangebot umsetzen, das mit gleich grossen Unterrichtseinheiten und identischer Ausstattung wechselnde pädagogische Bedürfnisse befriedigen kann.
Klassenzimmer
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Tibère Vadi gewann 1951 den Wettbewerb für die neue Real- und Sekundarschule Niederholz (heute Hebelschulhaus). Basierend auf diesem Erfolg gründete er im gleichen Jahr mit Max Rasser ein Architekturbüro in Basel. Über einen Zeitraum von knapp zwei Jahrzehnten schuf das Duo ein fachlich beachtetes Werk, wie zum Beispiel das Domus Haus in Basel (1959) oder die Realschule Breite in Allschwil (1969). Gleichsam wie die Architekten Rasser & Vadi gründeten auch wir unser Büro mit dem Gewinn des offenen Wettbewerbs für die Gesamtsanierung des Hebelschulhauses. Mit grosser Begeisterung für die bestehende Architektur und der Lust zu «lernen» haben wir versucht, unser «Erstlingswerk» ebenso tief und umfassend zu bearbeiten, wie dies Rasser & Vadi seinerzeit gelang. Das Projekt steht für uns beispielhaft für den respektvollen Umgang mit historischer Bausubstanz.
Bibliothek
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Ein wichtiges Charakteristikum des historischen Gebäudes bildet die intensive Farbwelt der Innenräume im Kontrast zu der schlichten Aussenerscheinung. In einer Farb- und Materialuntersuchung wurden die Originalfarbtöne erforscht und daraus ein Farbkonzept für die Sanierung abgeleitet. Der Einsatz von Ölfarbe mit etwa 45 verschiedenen Farbtönen auf den Wandflächen, und die Verarbeitung von Leimfarbe auf den verputzten Decken, stellten höchste Anforderungen an die handwerkliche Qualität der Ausführung. Die Intensität und die Tiefe der verwendeten Farbtöne beziehungsweise -typen trägt heute wesentlich zur atmosphärischen Qualität der Innenräume bei und bildet einen ruhigen räumlichen Rahmen für die Nutzung durch die Primarschule.
Situation
Grundriss Erdgeschoss
Querschnitt Klassentrakt
Hebelschulhaus
2014
Riehen BS
Auftragsart
1. Platz Wettbewerb im offenen Verfahren
Bauherrschaft
Kanton Basel Stadt, Hochbauamt
Architektur
MET Architects GmbH SIA, Basel
Thomas Thalhofer, Roula Moharram, Thomas Wirsing (PL), Ismail Cinar in Arge mit Proplaning AG, Basel (Baumanagement)
Fachplaner
Landschaftsarchitektur: August Künzel, Basel
Tragwerk: Proplaning AG, Basel
Haustechnik: Amstein & Walthert, Basel
Elektroingenieur: Eplan, Reinach
Sanitär: Wenger + Ott, Basel
Bauphysik/Akustik: Ehrsam & Partner, Basel
Akustik Aula: Martin Lienhard, Langenbruck
Bauleitung
Proplaning AG, Basel
Gesamtkosten
CHF 18.5 Mio.
Gebäudekosten
CHF 15.9 Mio.
Gebäudevolumen
24'400 m3 (SIA 416)
Kubikmeterpreis
650 CHF/m3
Kunst am Bau
Urs Aeschbach, Basel
Uhrenwürfel
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeister/Putzfassade: Implenia Bau AG – Gnemmi, Basel
Holzfenster: Rene Schweizer, Basel
Furaldach: Kämpfer, Herzogenbuchsee
Malerarbeiten: Schweizer & Söhne, Basel; Stamm Bau, Basel
Aussentüren: Hürzeler, Magden
Gipserarbeiten: Dämmtech, Nottwil
Innentüren: Dreier, Kleinlützel
Schreinerarbeiten: Lachenmeier, Basel; Triplex, Liestal
Metallbauarbeiten: Fünfschiling, Binningen
Thymos AG Naturbaustoffe
Fotos
Ruedi Walti, Basel