Raiffeisenbank am Rigi
Ein Kleid aus Nagelfluh
20. Januar 2011
Lütolf und Scheuner haben kürzlich ein Bankgebäude in Küssnacht am Rigi fertiggestellt. Ivo Lütolf wählt zwei Zeichnungen und vier Fotos und beantwortet unsere vier Fragen.
Blick von Westen
Was hat Sie an der Bauaufgabe am meisten interessiert?
Die städtebauliche Konstellation an der Bahnhofstrasse in Küssnacht am Rigi ist sowohl reizvoll als auch delikat. Neben einer prominenten Lage und der damit verbundenen Chance, einen historischen Ortskern zu prägen, reizte uns das Spannungsfeld zwischen einer städtebaulicher Eingliederung und einer formalen Differenzierung des Neubaus mittels hohem Abstraktionsgrad. Die äussere Erscheinung der neuen Raiffeisenbank am Rigi wird geprägt durch ein Kleid aus hochgestellten, geschliffenen Kunststeinschwertern, die an die Gesteinsart Nagelfuh erinnern. In Abhängigkeit des Standpunktes verändert sich das Bild des viergeschossigen Neubaus von einem massiven, steinernen Objekt zu einem transparenten, fast gläsernen Baukörper. Dieser Effekt wird durch die Form und die Anordnung der unterschiedlich hohen, stützenartigen Fassadenelemente erzielt. Während die relativ schmalen Elemente für den direkt vor dem Bauwerk stehenden Betrachter nur als filigrane, in die Höhe strebende Stützen erscheinen, wirkt das von der Seite betrachtete Fassadenkleid, als Folge der Elementtiefe und der geringen Abstände derselben, wie ein steinerner Vorhang, welcher die Fensterflächen zum Verschwinden bringt.
Südwestfassade
Grundriss, 2. Obergeschoss
Wie würden Sie den durchlaufenen Entwurfsvorgang beschreiben?
Der Entwurfsprozess und sämtliche Realisierungsphasen wurden von einer starken Idee begleitet, welche ihren Ursprung in einer Materialanalogie hatte. Dieser Grundgedanke wurde auf verschiedenen Ebenen bearbeitet und kultiviert. Diese architektonische Fährte ermöglichte einen eigenständigen, archaischen Ausdruck zu schaffen.
Hof, 2. Obergeschoss
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Der Bezug der neuen Bank zum Ort Küssnacht am Rigi war wichtig – er wurde mit einer materialspezifischen Analogie gesucht. Die Gesteinsart der Rigi gehört geologisch zu den Konglomeraten – ein Sedimentgestein mit gerundeten Komponenten wie Kies oder Geröll. Die im nördlichen Alpenvorland vorkommenden, geologisch jungen Konglomerate werden als Nagelfluh bezeichnet. Die Nähe dieser Gesteinsart zum Werkstoff Beton hat die Idee hervorgebracht, mit der Materialisierung der neuen Raiffeisenbank eine Referenz zur nahen Rigi zu schaffen.
Kundenhalle, Erdgeschoss
Wie ist das Verhältnis des Entwurfs zum vollendeten Bauwerk? Gab es bedeutende Projektänderungen oder veränderte ein Lernprozess das architektonische Ziel?
Nur kleine, durchaus positive Anpassungen unterscheiden den Wettbewerbsentwurf vom realisierten Bauwerk. Das architektonische Ziel wurde nicht verändert, sondern eher verfeinert.
Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritiken!
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Strassenraum, Blick von Südosten
Raiffeisenbank am Rigi
2010
Küssnacht am Rigi SZ
Bauherrschaft
Raiffeisenbank am Rigi, Küssnacht am Rigi SZ
Auftragserteilung
offener Wettbewerb mit Präqualifikationsverfahren
Architektur
Lütolf und Scheuner, Architekten HTL SIA BSA, Luzern LU
Fachplaner
Bauingenieur, Plüss Meyer Partner AG, Luzern LU
Elektroingenieur, R. Mettler AG, Seewen SZ
HLKS, Möwa Planung GmbH, Küssnacht am Rigi SZ
Bauphysik, Martinelli + Menti AG, Meggen LU
Bauleitung
hwp Architekten AG, Hünenberg ZG
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Betonelemente, Gebr. Frick AG, Schaan LI
Fassade, Dial Norm AG, Kilchberg BE
Furnierarbeiten, Odermatt AG, Adligenswil LU
Leuchten, Neue Werkstatt, Winterthur ZH
Terrazzo, Walo Bertschinger AG, Schlieren ZH
Fotos
Roger Frei, Zürich