Wiederentdeckung einer Typologie

HILDEBRAND
9. April 2020
Foto: Roman Keller
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Besonders an der Bauaufgabe war unsere Doppelrolle als Entwickler und Architekt. Somit konnten wir das Verhältnis zwischen Finanzierbarkeit, Zeitaufwand und Qualität selbst steuern. Wir haben zum Beispiel etwas mehr Zeit als üblich in die Detailplanung investiert und Handwerker*innen unseres Vertrauens mit der Umsetzung beauftragt.

Besonders für uns war auch die Wiederentdeckung des Reiheneinfamilienhauses. Es ist eine dem Zeitgeist entsprechende Typologie. Der Wunsch nach einem Eigenheim und das Bedürfnis nach einer unmittelbaren Nachbarschaft können so verbunden werden. Im digitalen Zeitalter sind die Menschen vielfach individualistisch eingestellt, wünschen sich aber gleichzeitig mehr Gemeinschaft. Reihenhäuser ermöglichen ausserdem, mehr Wohnungen auf kleineren Grundstücken bauen. Sie sind energetisch günstiger, weil sie die Mauern mit den Nachbarn teilen. Zudem schaffen sie urbane Flexibilität.

Wir haben in Holland mit vier- bis fünfstöckigen Gebäuden experimentiert. Die lassen sich in zwei Maisonettewohnungen aufteilen; oder in eine Praxis und eine Wohnung, in vier Alterswohnungen und dergleichen mehr. Die Idee des «Vertical Livings» beschäftigt uns immer wieder und unterdessen planen wir einen weiteren Wohnbau in Basel, bei dem Prinzip des «Townhouse» angewendet wird.

Foto: Roman Keller
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Das Grundstück wollte niemand kaufen. Es besitzt eine trapezförmige Grundform und fällt steil ab. Für ein Einfamilienhaus war es zu gross, institutionellen Anlegern schien es hingegen zu klein. Diese Rahmenbedingungen haben den Entwurf des Gebäudes stark beeinflusst. 

Anstelle von Etagenwohnungen mit gänzlich unterschiedlichen Wohnqualitäten haben wir uns bewusst für vier gleichwertige vertikale Wohneinheiten entschieden. Jedes der Häuser besitzt einen eigenen Garten, verschiedene Terrassen und vom Dachgeschoss einen Weitblick über den Zürichsee. Die Bezüge zum Grünraum sind vielseitig und abwechslungsreich. Die vertikalen Holzelemente der Fassaden stehen in unterschiedlichen Abständen zueinander, um Ausblicke, aber auch Sichtschutz zu gewährleisten.

Foto: Roman Keller
Foto: Jo Aich
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?


Wir versuchen in all unseren Entwürfen Offenheit zuzulassen. Wir mögen keine vordefinierte Art und Weise, wie man zu wohnen hat. Durch unterschiedliche Raumproportionen, Lichtsituationen und das jeweilige Verhältnis zum Aussenraum werden verschiedene Qualitäten geschaffen und übliche Nutzungshierarchien umgangen. Dies lässt den Bewohner*innen Freiheit zur Aneignung der Räume: Wohnen im Dachgeschoss, Schlafen im Gartengeschoss oder umgekehrt. Die Gestaltung der Küche und der Treppe unterstreicht diesen Aspekt: Sie werden als sorgfältig hergestellte Möbel wahrgenommen und entziehen sich hinsichtlich Form und Materialität den Konventionen. In all unseren Projekten legen wir viel Wert auf Details, Materialien und Texturen.

Foto: Roman Keller
Foto: Jo Aich
Foto: Roman Keller
Foto: Jo Aich
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Die Wärmeerzeugung wird mit Erdsonden und einer Wärmepumpe gewährleistet. Optional können Solarpanele auf dem Dach diese unterstützen.

Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Das Gebäude wurde in Holz und Beton gebaut und folgt einer einfachen Logik: Die tragenden Aussen- und Wohnungstrennwände wurden in schönem Sichtbeton und die Böden aus Holz erstellt. Qualitätsvolles Handwerk sowie einfache und hochwertige Materialien sind der Schlüssel dazu, dass die Häuser über die Zeit schön altern und sogar an Qualität gewinnen.  

Foto: Jo Aich
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Gartengeschoss
Grundriss 1. Obergeschoss
Schnitt
Name des Bauwerks
«Haus 42»
 
Ort
Stäfa
 
Bauherrschaft
Blue Development
 
Architektur
HILDEBRAND, Zürich
Thomas Hildebrand (ph 21–33), Stephan Dietrich (ph 41–53), Carla Ferrer Llorca, Yuichi Kodai, Nora Klinger, Jaques Perroud, Michael Stünzi
 
Generalplaner
HILDEBRAND und Ghisleni Partner AG
 
Fachplaner
Bauingenieur: HTB Ingenieure und Planer AG
HLK: Othmar Hämmerli AG / Eicher AG
Bauphysik: Gartenmann Engineering AG
Elektrik: Elektro Winter AG
 
Jahr der Fertigstellung
2018
 
Fotos
Roman Keller und Jo Aich

Vorgestelltes Projekt

Haller Gut

Sportanlage Hüssenbüel

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