Der Turm

Lukas Imhof Architektur GmbH
25. Februar 2021
In der neuen Eingangshalle (Foto: Lucas Peters)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Es galt, ein bestehendes Schulhaus in eigenwilliger, anthroposophischer Formensprache zu erweitern. Die seltsame – und in Teilen wenig gelungene – Architektur des Bestands sowie eine gewisse, das ganze Gebäude durchziehende Muffigkeit als Mischung von anthroposophischer Schwere und gestalterischen Vorlieben der 1970er-Jahre waren vermutlich die grössten Herausforderungen im Projekt. 

Zwischen den zwei bestehenden Gebäudeflügeln und dem neu angebauten ist ein elf Meter hoher Leerraum entstanden. In diesen wurde eine Gipsschale frei eingestellten beziehungsweise eingehängt. So haben wir einen einzigartigen Raum geformt, der vermutlich das Besondere an diesem Bau ist. 

Detail der Dachaufstockung (Foto: Lucas Peters)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?


Auch wenn das Projekt eine sehr spezifische Formensprache zeigt, entstand es aus der gleichen Grundhaltung, die auch unseren anderen Projekten zu eigen ist: Das Weiterbauen, Interpretieren und Verfremden von Bestehendem und das Verschmelzen des Alten mit dem Neuen ist immer unser Anspruch. Wir nehmen den Bestand ernst, auch in seinen Schwächen und Problemen. Das Neue entwickelt sich aus dem Bestehenden – und das Neue wird gestärkt durch die Zwiesprache mit dem Bestand, das Vorhandene wiederum wird besser durch das neu Hinzugefügte.

Büro in der Dachaufstockung (Foto: Lucas Peters)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Nein. Auch wenn der Bau nicht historisierend wirkt, waren historische Themen, Architekturen und Gestaltungsprinzipien viel wichtiger und prägender für den Entwurf als die gerade modischen Themen der Architektur. Dass der Bau dennoch unter nachhaltigen Gesichtspunkten gebaut wurde, also etwa zu grossen Teilen aus Holz, im Minergie-Standard, mit einer einfachen Trennung der Schichten für einen möglichen Rückbau, mit ökologischen Farben und Dämmstoffen und so weiter, ist selbstverständlich – man sieht ihm das aber nicht an. Viel prägender für die Gestaltung waren Referenzen historischer Räume, deren Formen sich oft von der Aussenform des jeweiligen Gebäudes und von seiner Konstruktion loslösen.   

Die neue Turnhalle (Foto: Hannes Heinzer)
Neu gestaltetes und erweitertes Klassenzimmer (Foto: Lucas Peters)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Für die Eingangshalle war die von der Firma Kradolfer Gipserhandwerk entwickelte Variante eines Stucco Veneziano oder Marmorino von massgeblicher Wichtigkeit. Sumpfkalk, gebrannt in einem historischen Kalkofen in Suren im Unterengadin, wurde mit in Kalk gelösten Pigmenten und feinen Sanden von Hand zu einem Kalkspachtel verarbeitet. Die fertige Oberfläche wurde mit Wachs behandelt, um ihr einen sanften Glanz zu verleihen und sie wasserabweisend zu machen. Mit ihrer Textur, ihrer leichten Unregelmässigkeit und grossen Farbtiefe verleiht sie der eigentlich leichten Innenschale eine gewisse Schwere und dem ganzen Raum eine starke Präsenz. Die Benutzer haben ihm einen speziellen Namen gegeben: «Der Turm». 

Altbau mit Aufstockung und Turnhallenanbau (Foto: Hannes Heinzer)
Situation mit markierten Neubauteilen (Plan: Markus Cukrowicz)
Dachaufsicht 
Grundriss Erdgeschoss
Schnitt
Bauwerk
Schulhaus am Ekkharthof
 
Standort
Rütelistrasse, 8574 Lengwil
 
Nutzung
Schulhaus
 
Auftragsart
Studienauftrag
 
Bauherrschaft
Ekkharthof-Verein, Lengwil, und Hochbauamt des Kantons Thurgau
 
Architektur
Lukas Imhof Architektur GmbH, Zürich
Projektleiter: Carlos Wilkening 
Carmen Diaz-Maroto Rivas, Lukas Imhof und Jean-Brice de Bary
 
Bauleitung 
Forster Burgmer, Kreuzlingen
 
Fachplaner
Ingenieur Holzbau:  B3 Kolb AG, Romanshorn
Brandschutz: B3 Kolb AG
Bauingenieur: A. Keller AG, Weinfelden
 
Jahr der Fertigstellung
2020
 
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 8,3 Mio.
 
Energiestandard
Minergie
 
Fotos
Lucas Peters und Hannes Heinzer, beide Zürich

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