Gefragt: Schweizer Holzbau-Know-how

Katinka Corts
19. agosto 2020
Die Holzfinnen stehen sternförmig um die Pavillons und sind mit den Wandelementen biegesteif verbunden. (Foto: heatherwick studio / hufton + crow)

Gute Architektur wirkt positiv auf Menschen und besonders auf Kranke – daran glaubte Maggie Keswick (1941–1995) genauso wie ihr Mann Charles Jencks (1939–2019). Die beiden engagierten sich im Kampf gegen den Krebs und initiierten die Maggie’s Centres zur Beratung von Patient*innen. Viele Objekte ihrer Organisation wurden von namhaften Architekt*innen entworfen: Frank Gehry baute im schottischen Dundee, OMA in Glasgow und Zaha Hadid in Kircaldy. 

In Leeds sollte ein kleines Grundstück am Rande des Universitätskrankenhauses mit einem Maggie’s Centre bebaut werden. Die Architekten von Heatherwick Studio entwarfen für das um sechs Meter abfallende Gelände ein Bauwerk aus drei ineinander verschachtelten Pavillons mit hängenden Gärten. Natürliche Baumaterialien und eine üppige Bepflanzung machen das Haus zu einem starken und lebendigen Ort für alle Besucher*innen. Die gestaffelt zueinander gesetzten Pavillons schaffen einen Innenraum, der sich allseitig öffnet. Um etwaige psychologische Schwellen abzubauen, so heisst von den Architekten, seien die Räume wohnlich eingerichtet worden, in warmen Farbtemperaturen beleuchtet und in natürlichen Materialien gehalten.

Foto: heatherwick studio / hufton + crow

Die Lage des Grundstücks direkt an der Zufahrt zur Notambulanz zwang die Planer zu einer Konstruktion mit komplett vorgefertigten Elementen, um die eigentliche Montagezeit so kurz wie möglich zu halten. Die Architekten entwarfen daher eine Struktur aus vorgefertigten Holzbau-Elementen, die mit minimaler Störung für den Krankenhausbetrieb auf einer Betonplatte montiert werden konnten. Die drei Pavillon-Kerne sollten dabei von konsolenartigen Holzfinnen umspannt werden, die das Dach tragen. Für die Ausführung wandten sich die Gestalter an das Team von Blumer-Lehmann. «Wir kamen im März 2017 zunächst zur Beratung dazu», erinnert sich Mathias Marti, Projektleiter bei der Firma aus Gossau. «Dann haben wir uns in Workshops mit den Architekten und den anderen Gewerken zusammengesetzt und den Entwurf gemeinsam bis zur Konstruktionsreife weiterentwickelt.» Die Tragwerksplanung erarbeitete Blumer-Lehmann wiederum gemeinsam mit den Ingenieuren der SJB Kempter Fitze AG – wie schon bei vielen anderen Projekten. Dabei stellten die grossen Dachgärten mit der hohen Last einer 80 Zentimeter dicken Pflanzschicht und dem geplanten Baumbewuchs eine Herausforderung dar.

Die auf den CNC-Fräsmaschinen von Blumer-Lehmann vorgefertigten Holzfinnen wurden auf der Baustelle mittels ihrer ebenfalls vorbereiteten Verbindungsschlösser zusammengefügt. (Foto: Blumer-Lehmann)

Die bis zu sieben Meter langen Holzfinnen aus Baubuche sollten sternförmig um die Pavillons angeordnet und mit den Wandelementen als biegesteife Ecke verbunden werden. Keine der 120 Holzkonsolen würde dabei im gleichen Winkel auf die Wand treffen, sodass für jede Holzfinne ein individueller Gehrungsschnitt gewählt werden musste. Insgesamt 240 Brettschichtholz-Elemente wurden dafür in der Schweiz gefräst und bis zur Montage gelagert. Die Pavillons in Holzrahmenbauweise waren ebenfalls bei Blumer-Lehmann in Gossau vorgefertigt worden, wobei die Installationen bereits in die 24 Wandelementen integriert oder zumindest vorbereitet wurden.

Die aus Brettschichtholz gefertigten Holzfinnen wurden jeweils in zwei Teilen von Blumer-Lehmann gefertigt, gelagert und transportiert. Die Teilstücke wurden erst auf der Baustelle zusammengefügt. (Foto: Blumer-Lehmann)
 Grundriss Erdgeschoss 
 Grundriss Obergeschoss 
Schnitt
Konstruktionsschema der Holzfinnen 
Architektur
Heatherwick Studio, London

Landschaftsarchitektur
Balston Agius Ltd, Patney, Devizes

Holzbauingenieure
SJB Kempter Fitze AG, Frauenfeld
 
Holzbau
Blumer-Lehmann AG, Gossau
 
Fertigstellung Holzbau
2019

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