Dunkle Hallen
Jenny Keller
13. augustus 2018
Im Innern der Halle 1 der Messe Basel. Bild: © MCH Group
Wenn sich ökonomische Interessen in Architektur widerspiegeln, bleibt die architektonische Hülle in schlechten Zeiten als unternutztes Mahnmal stehen. Ein aktuelles Beispiel aus Basel.
Wenige Tage nachdem die Swatch Group angekündigt hat, an der «Baselworld» (so heisst die Basler Uhren- und Schmuckmesse offiziell) 2019 nicht mehr teilzunehmen, trat René Kamm, CEO der MCH Group, die auch die Messe Basel betreibt, zurück. Kamm war fast 20 Jahre bei der Messe tätig, und man darf davon ausgehen, dass sein Rücktritt mit Swatchs Fernbleiben zusammenhängt. Verwaltungsratspräsident Ueli Vischer wird die Leitung interimistisch operativ führen. Von einer Krise ist seitens der Messe aber nichts zu vernehmen, man betet das immer gleiche Mantra herunter, dass das klassische Messegeschäft durch digitale Vertriebskanäle unter Druck geraten sei und Konzepte angepasst werden müssten. (Die alt-ehrwürdige «MuBa» findet nächstes Jahr übrigens zum letzten Mal statt).
Das Internet gibt es ja nicht erst seit gestern, und trotzdem hat sich die Messe vor fünf Jahren den Neubau der Halle 1 von Herzog & de Meuron mit einer modischen Streckmetallfassade und einem Lichthof am falschen Ort geleistet (die Basler Stimmbevölkerung winkte den Neubau 2008 für 430 Millionen Franken durch, einen Architekturwettbewerb gab es keinen, eine Halle von Hermann Herter von 1923 musste weichen, die Denkmalpflege hatte nichts zu sagen). Die Messe hatte im Stadtzentrum zu bleiben, lautete der Grundsatzentscheid, und das Hauptargument im Abstimmungskampf war, dass der städtebaulich viel zu wuchtige Bau mit seinen neuen Raumhöhen für die Durchführung der «Baselworld» mit ihren megalomanen Ständen unbedingt nötig sei. Dass sich die Messe dann mit der Amortisierung seines neuen Gebäudes mehr beschäftigt habe als auf die Kundenwünsche einzugehen, bemängelte Swatch-Chef Nick Hayek laut Bericht in der NZZ vom 3. August 2018. Dies soll ihn zum Entscheid, Basel den Rücken zu kehren, bewogen haben.
Basel als Wirtschaftsstandort wird den Niedergang der «Baselworld» oder des Messegeschäfts im Allgemeinen überleben. Mit der Art Basel und ihren Spin-offs hat man ja eine weitere Cashcow im Portfolio. Und mit der Pharmabranche ist ein anderer wichtiger Wirtschaftstreiber in der Stadt angesiedelt – der sich weitere städtebaulich nicht sehr subtile Bauwerke von Herzog & de Meuron leistet. Doch Basel als städtisches Gefüge leidet unter der Halle 1, die mit leeren Messehallen in einem Gebäude von 660’000 Kubikmetern den einzig grosszügigen Platz in Basel zerschneidet, sich um den Massstab des Quartiers und die Setzung des Messeturms foutiert. Wenn anderswo gegen kalte Betten politisch vorgegangen wird, soll man in Basel etwas gegen grosse dunkle Hallen unternehmen.