Raum zur Entfaltung
Das Büro UNIK Architektur hat die Schulanlage Bazenheid in Kirchberg mit zwei Neubauten erweitert. Christian Suter erläutert die architektonischen Besonderheiten des Kindergartens, der als vorerst letzter Baustein des Ensembles fertiggestellt wurde.
Herr Suter, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Der Kindergarten geht auf einen selektiven Projektwettbewerb im Jahr 2017 zurück. Mit zwei Gebäuden – dem Primarschulhaus und dem Kindergarten – konnten wir die Adressierung und Aussenräume der bestehenden Schulanlage aufwerten.
Der Kindergarten als vorerst letzter Baustein dieser Schulraumerweiterung entflechtet die Pausenräume von Primarschule und Kindergarten in geschützte, strassenabgewandte und altersgerechte Freiräume.
In seiner eingeschossigen Erscheinung fügt sich der Neubau zurückhaltend in die bestehende Schulanlage ein. Mit seiner Farbigkeit und Detaillierung verweist er aber auch auf seine Verwandtschaft zum 2020 fertiggestellte Primarschulhaus.
Unsere Absicht war es, ein Gebäude zu schaffen, welches mit unterschiedlichen Raumproportionen und -abfolgen die Kinder zum Erkunden einlädt. Innerhalb des symmetrisch aufgebauten Gebäudes haben wir dies insbesondere durch die raumhaltige Mittelzone geschafft. Das Highlight für die Kinder ist das darüberliegende Galeriegeschoss mit den zwei Ruheräumen direkt unter der grossen Giebelpfette. Runde Öffnungen ermöglichen von hier aus Blickbezüge in den überhohen Garderobenraum, in die Haupträume oder auch in den Garten. Die offene Struktur lädt zur Aneignung des Ortes ein. Kinder und Betreuungspersonen sind frei in der Gestaltung von Spielbereichen und Rückzugsorten. Die Haptik der natürlichen Oberflächen und die sichtbare Holzkonstruktion regen zur Erforschung an.
Wie bei allen Wettbewerben haben wir auch hier den Entwurfsprozess mit einer Lektüre des Ortes begonnen. Die Auseinandersetzung mit der Topografie, der Körnung der bestehenden Schulanlage sowie den Übergängen zum Siedlungsraum hat uns insbesondere bei der städtebaulichen Setzung der beiden Gebäude geholfen.
Architektonische Themen haben wir hingegen weniger aus etwas Vorgefundenem entwickelt. Stattdessen haben wir beim Entwerfen von innen nach aussen gearbeitet: Sowohl beim Kindergarten als auch beim Schulhaus stand eine funktional sinnvolle Anordnung der Räume für einen idealen Betrieb im Vordergrund. Die daraus entstandenen Raumfiguren haben wir dann in eine eigenständige, der Aufgabe angemessene Architektur übersetzt.
In der Ausführung hat sich gezeigt, dass gerade der Holzbau und die Schreinerarbeiten durch das lokale Wissen in einer hohen Qualität umgesetzt werden konnten.
Unseren Entwurf aus dem Wettbewerb konnten wir ziemlich wie von uns vorgesehen umsetzen. Zusätzlich angereichert wurde das Projekt insbesondere durch die saubere Bauleitung und die qualitativ hochstehende handwerkliche Umsetzung.
Die Gemeinde als Bauherrin haben wir dabei als äusserst angenehm und engagiert wahrgenommen. Wir haben das Vertrauen in uns gespürt und schätzten die konstruktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit sehr.
Der Sieg beim Wettbewerb zur Schulraumerweiterung Bazenheid im Jahr 2017 war für uns nach dem Sekundarschulhaus Rothenburg 2014 der zweite Wettbewerbserfolg im Bereich Schulbauten. Während die Sekundarschule in Rothenburg ein Massivbau ist, haben wir uns in Bazenheid zum ersten Mal vertieft mit dem Holzbau auseinandergesetzt. Das dabei entstandene Know-how konnten wir dann auch für das 2023 fertiggestellte Schulhaus in Obersiggenthal nutzen.
Insbesondere der Diskurs um die Energieversorgung und den -verbrauch hat die Projektierung des Gebäudes beeinflusst. Das markante Solardach kam erst im Verlauf der Planung dazu, wurde aber von allen involvierten Personen mitgetragen. So konnte beinahe ein kleines, schuleigenes Kraftwerk erstellt werden.
Obwohl die Nachhaltigkeit 2017 noch nicht so stark im Fokus stand wie gegenwärtig, kann der Kindergarten mit seiner einfachen Konstruktionsweise auch hier überzeugen. Insbesondere der Verzicht auf ein Untergeschoss sowie der konsequente Einsatz von Holz für die Konstruktion und beim Innenausbau leisten einen Beitrag zu einer klimaschonenden Umsetzung.
Kindergarten Bazenheid
Standort
Neugasse 14, 9602 Kirchberg
Nutzung
Kindergarten
Auftragsart
Wettbewerb im selektiven Verfahren
Bauherrschaft
Politische Gemeinde Kirchberg
Architektur
UNIK Architektur AG (vormals Schwabe Suter Architekten GmbH), Zürich
Fachplaner
Holzbauingenieur: Pirmin Jung Ingenieure, Frauenfeld
HLKS: Calorex AG, Wil
Elektroingenieur: Elektro Schönenberger, Gähwil
Brandschutz: Pirmin Jung Ingenieure, Frauenfeld
Bauphysik: Pirmin Jung Ingenieure, Frauenfeld
Bauleitung
Joe Harder Baumanagement GmbH, Gähwil
Fertigstellung
2023
Gesamtkosten BKP 1–9
CHF 2.9 Mio.
Fotos
Peter Tillessen