Bildstrecke: Das war die erste Konferenz des Vereins Diversity in Architecture

Elias Baumgarten
13. 11月 2024
Die Referentinnen und Referenten der ersten Konferenz des Vereins Diversity in Architecture nehmen Aufstellung zum Gruppenbild. (Foto: Nadia Bendinelli)

Ob wie Nicole Seifert als Autorin, wie Denise Tonella als Historikerin oder wie die Spitzensportlerinnen Marlen Reusser und Nicole Reist – Frauen müssen oft mehr leisten und härter kämpfen, um beruflich erfolgreich zu sein. Das gilt auch in der Architektur: Noch immer steigen Architektinnen seltener in Führungspositionen auf, erhalten weniger Sichtbarkeit und werden oft schlechter bezahlt. Doch nicht nur das Geschlecht, auch die Hautfarbe und die kulturelle Zugehörigkeit können die Karriere bremsen. Das zu ändern, ist das grosse Ziel der Vereins Diversity in Architecture (DIVIA). 

Doch wie können wir die Architekturwelt gerechter machen? Und wie sollen Architektinnen mit der aktuellen Lage umgehen? Diskutiert wurde darüber am 1. November im Berliner Architekturforum Aedes: DIVIA hatte zu seiner ersten Konferenz geladen. Im Kontrast zu ernüchternden Zahlen gab es ermutigende Einblicke in die Praxis, zum Beispiel als Jette Hopp über die inklusive Kultur ihres Büros Snøhetta sprach. Vielleicht am wertvollsten waren die Ratschläge der indischen Architekturprofessorin Anupama Kundoo während des Schlusspodiums. Aufgrund ihrer Herkunft und ihres Lebensstils hatte sie oft mit Vorurteilen zu kämpfen, doch mürbemachen liess sie sich davon nie. Ihre Botschaft: Schenkt der schlechten Meinung und dem Gerede anderer keine Beachtung. Konzentriert euch lieber auf euch und bekämpft Ungerechtigkeit, wo immer sie sich zeigt.

Gefallen hat, dass die Organisatorinnen Diversität grösser dachten und in ihrem Programm auch Themen der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit berücksichtigten – mit Fokus auf den globalen Süden. Dabei zeigten kritische Rückfragen aus dem Publikum, dass die Dekolonialisierung zu den aktuell brennendsten Themen im Architekturdiskurs gehört und besonders die Jüngeren beschäftigt.

Die Raumwissenschaftlerin und Soziologin Friederike Landau-Donnelly hatte eindrückliche Zahlen im Gepäck, die belegen, dass Schlüsselpositionen in der Architektur weiterhin ungleich zwischen Männern und Frauen verteilt sind. Auch ein Lohngefälle besteht nach wie vor. (Foto: Nadia Bendinelli)
Katharina Stolz von der Universität Stuttgart moderierte die Vormittagssession. (Foto: Nadia Bendinelli)
Als Architektin of Colour in einer Führungsposition muss sich Pascale Sablan besonders beweisen. Mit ihrem Vortrag wollte sie den Besucherinnen und Besuchern vor allem Mut zusprechen. (Foto: Nadia Bendinelli)
Mechthild Ebert arbeitet im Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai) der Universität Karlsruhe. Ganze 3 Prozent der Nachlässe des saai gehören Frauen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Zwar gab es bekanntlich in der Geschichte weniger Architektinnen als Architekten, doch vor allem wurden ihre Arbeiten häufig männlichen Kollegen zugeschrieben. Auch bewahrten Architektinnen ihre Pläne, Zeichnungen und Modelle bisweilen nicht mit derselben selbstbewussten Akribie auf wie ihre Berufsgenossen. (Foto: Nadia Bendinelli)
Auch Studentinnen wurden bei der Konferenz eingebunden: Tuba Benli, Nadine Bunge, Leticia Ivania Da Costa Pedro, Eva Dingeldein und Sarah Mohammad Ali forschten zur Sichtbarkeit von Architektinnen. Bei Aedes stellten sie ihre Ergebnisse vor. (Foto: Nadia Bendinelli)
Foto: Nadia Bendinelli
Grosses Thema der Nachmittagssession war die soziale und ökologische Nachhaltigkeit. Marc Küperkoch sprach über die Bedeutung von Wollgräsern und andere Bastfasern für das Ökosystem und auch als Naturmaterial. (Foto: Nadia Bendinelli) 
Charlotte Weber und Ramona Möllers stellten ihre Workshops zum Weben und Recyceln von Textilien in Kenia vor. Das Projekt soll Armut bekämpfen und helfen, durch den Abfall unserer Konsumgesellschaft entstandene Umweltprobleme zu lindern. Dennoch gab es Kritik aus dem Publikum an der Idee, aus Deutschland kommend, den Menschen in dem afrikanischen Land den richtigen Weg zeigen zu wollen. Die kritischen Fragen verdeutlichen: Die Dekolonialisierung ist eines der nächsten grossen Themen im Architekturdiskurs. (Foto: Nadia Bendinelli)
Jette Hopp stellte die inklusive Arbeitskultur von Snøhetta vor. Die Hierarchien in den Studios des norwegischen Büros sind flach, der Zusammenhalt der Architektinnen und Architekten aus verschiedenen Kulturkreisen ist stark. Die Haltung ihres Teams verdeutlichte die Architektin mit ausgewählten Beispielprojekten. (Foto: Nadia Bendinelli)
Viele, oft auch erfrischend kritische Fragen des interessierten Publikums prägten die Konferenz. (Foto: Nadia Bendinelli)
Foto: Nadia Bendinelli
Melodie Leung gab Einblick, wie Zaha Hadid Architects mit dem Erbe der Pritzker-Preisträgerin umgehen. Für die Arbeit ihres Büros in Ländern des globalen Südens musst auch sie Kritik einstecken und unangenehme Publikumsfragen beantworten. (Foto: Nadia Bendinelli)
Rozana Montiel zeigte Projekte ihres Büros in Mexiko-Stadt. Für die Architektin ist die Einbindung der Nutzerinnen und Nutzer essenziell. Der Schwerpunkt ihres Werkvortrags lag dementsprechend auf der sozialen Nachhaltigkeit. (Foto: Nadia Bendinelli)
Auf dem Abschlusspodium kamen Christiane Stahnke, Sol Camacho, Anupama Kundoo, Claudia Berger-Koch, Mona Bayr und Renato Turri (von links nach rechts) zu Wort. (Foto: Nadia Bendinelli)
Sol Camacho hat mit ihrem frauendominierten Team kürzlich den Auftrag zur Umgestaltung eines Fussballstadions in Brasilien von männlichen Konkurrenten übernommen, weil ihr Entwurf die Sportstätte weitaus überzeugender als Stadtbaustein denkt. Gestalten Frauen also anders? Für die Architektin haben fachliche Fähigkeiten nichts mit dem Geschlecht zu tun. (Foto: Nadia Bendinelli)
Von Vorurteilen gegen sie hat sich Anupama Kundoo nie in ihrem Elan bremsen lassen. Die indische Architekturprofessorin riet den Gästen, der schlechten Meinung anderer kein Gehör zu schenken. Sie möchte Frauen Selbstvertrauen beibringen und Ungerechtigkeiten bekämpfen. Claudia Berger-Koch (rechts) setzt sich derweil leidenschaftlich für eine paritätische Verteilung von Führungspositionen bei HPP Architekten ein. (Foto: Nadia Bendinelli)
Renato Turri sprach als überzeugter Unterstützer des Vereins Diversity in Architecture. Weil er in seinem professionellen wie familiären Umfeld Zeuge wurde, wie Frauen, aber auch Menschen mit Beeinträchtigungen beruflich benachteiligt werden, engagiert er sich für das Projekt. Für ihn selbst, sagte er, hätten Geschlecht, Herkunft oder die körperliche Verfassung anderer nie eine Rolle gespielt. Zudem seien einige seiner wichtigsten Mentoren Frauen gewesen. (Foto: Nadia Bendinelli)

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