Konzertfoyer
Geschwungenes Holzdach
Gian Salis Architektur
26. 10月 2017
Foyer mit aufgeschwungener Dachecke vor der Südtüre der alten Kirche. Bild: Gian Salis Architektur
Das Büro Gian Salis Architektur hat kürzlich ein Konzertfoyer in Boswil fertiggestellt. Der Architekt Gian Salis stellt sich unseren fünf Fragen.
Name des Bauwerks Foyer, Künstlerhaus Boswil
Nutzung Konzertfoyer
Ort Flurstrasse 21, 5623, Boswil, AG
Auftragsart Studienauftrag 2014
Bauherrschaft Stiftung Künstlerhaus, Boswil AG
Architektur Gian Salis Architektur, Zürich, Gian Salis, Thomas Meyer, Thierry Fehr
Fachplaner Ingenieur: Walter Bieler AG, Bonaduz; Walter Bieler, Reto Cavegn, Stephan Berni | Bauphysik: BWS Bauphysik AG, Winterthur; Christoph Keller | Umgebung: Jane Bihr – de Salis, Landschaftsarchitektin BSLA, Kallern; Jane Bihr – de Salis | Beleuchtungsplaner: Giacoba GmbH, Maienfeld | Denkmalpflege: Kantonale Denkmalpflege Aargau; Reto Nussbaumer | Archäologie: Kantonsarchäologie Aargau, Dr. Phil. Georges Matter, Peter Frey
Bauleitung dierealisatorin.ch gmbh, Iris Dätwyler, Marta Rothfuss, Aurelio Palmieri
Jahr der Fertigstellung 2017
Gebäudekosten CHF 2,9 Mio. inkl. Restaurierung Ruine und Anpassungen in der Kirche
Fotos Gian Salis Architektur
Südansicht mit Betonbalken, der als Sitzbank dient und über die mittelalterliche Ruine spannt. Bild: Gian Salis Architektur
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Die unter Denkmalschutz stehende Alte Kirche von Boswil ist seit über 100 Jahren profaniert und wird seit den 1960er-Jahren von der Stiftung Künstlerhaus Boswil als Konzertsaal genutzt. Sie steht auf einem von einer Ringmauer gefasstem Moränenhügel. Bei schönem Wetter hat es wunderbar funktioniert, das Publikum ist auf dem romantischen Hügel um die Kirche flaniert. Für Schlechtwettersituationen gab es aber das Bedürfnis nach einem Foyer. Die Herausforderung war nun, auf minimalen Platzverhältnissen ein grosszügig wirkendes Foyer zu bauen, ohne die Atmosphäre des Ortes zu zerstören.
Geschwungenes Holzdach mit Schub-Verbindungsklötzen. Bild: Gian Salis Architektur
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Bei meinem ersten Besuch in Boswil sind mir die Dächer aufgefallen, die grossen Dächer der Bauernhäuser, und die Vordächer vor dem Westportal und der Nordtüre der Kirche. So entstand die Idee, auch vor der Südtüre ein grosses schwebendes Vordach zu bauen. Das Dach wird von der Kirchenmauer gehalten und steht auf vier Stützen auf einem grossen Stein aus geschliffenem Beton. Dieser dient den Gästen als Sitzbank und überspannt als Träger die mittelalterliche Ruine, die darunterliegt. Dadurch bildet das Foyer kein Bauvolumen, sondern ist komponiert aus den Bauteilen Dach, Bank und Treppe, welche als autonome, kraftvolle Elemente einen Leerraum freispielen.
Innenraum mit der neuen Treppe und dem darüber aufgeschwungenen Holzdach. Bild: Gian Salis Architektur
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Da der Kirchenraum höher liegt als der Park, war es möglich südseitig anzubauen, ohne die Kirchenfenster zu verdecken. Der Boden des Foyers ist auf gleicher Höhe wie der Park, sodass durch die beidseitig vollflächig zu öffnenden Glastüren weiterhin um die Kirche promeniert werden kann. Damit genügend Raumhöhe über der Treppe entstand, war es nötig, das Dach zu wölben. Daraus entstand die Idee, auch die Ecken des Dachs leicht aufzuschwingen.
Die geschwungene Form der Treppe gibt dem neuen Aufgang zum Konzertsaal eine gewisse Grandezza und spielt Raum frei für Bartheke, Garderobe und den Rollstuhllift. Diese geschwungenen Elemente können durchaus auch als Referenz an den zurückhaltenden Barock in der Alten Kirche gelesen werden.
Urushi auf Ahorn-Oberfläche der Bartheke. Bild: Gian Salis Architektur
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Es war uns wichtig, dass das Foyer ein filigranes leichtes Bauwerk ist als Gegensatz zur Schwere der Kirchenmauern. Es soll Schutz bieten vor Regen und Sonne und doch dem Besucher das Gefühl geben, im Park zu sein. Aber natürlich mussten wir alle Anforderungen des Energiegesetztes erfüllen. Entsprechend haben wir intensiv an den Details gearbeitet. So ist der Sitzbank zum Beispiel thermisch getrennt – sieht aber aus, als wäre er ein Block, der von aussen nach innen durchläuft.
Die grossen Vordächer verhindern, dass die Sonne im Sommer ins Gebäude scheint, so konnten wir den sommerlichen Wärmeschutz lösen, ohne dass wir Storen bauen mussten, welche die Durchsicht gestört hätten.
Blick in die Bünzebene. Bild: Gian Salis Architektur
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Um die Eigenständigkeit der Bauteile zu unterstreichen, wurde jedes anders materialisiert, sodass sich quasi eine Sinfonie der Materialien ergibt: Das Dach ist aus lasiertem Fichtenholz, die Stahlrahmen der Verglasung sind mit Eisenglimmer lackiert, die Treppe ist aus dem schon an der alten Kirche verwendeten, lokal abgebauten Mägenwiler Muschelkalk, der Sitzbank ist aus geschliffenem Beton, die Bartheke aus mit Urushi lackiertem Ahornholz und die eigens entworfenen Leuchten sind aus mundgeblasenem Glas.
Speziell ist die Konstruktion des Dachs: Es besteht aus gebogen verleimten Holzträgern, die über Klötze miteinander steif verbunden sind. So konnte dieses trotz der grossen Spannweite von neun Metern relativ dünn gebaut werden und sorgt auch noch für eine gute Akustik.