Ein Investor springt ab, zwei Projektleiterinnen kündigen – verzögert sich jetzt die Überbauung des Viererfelds?
Manuel Pestalozzi
24. ottobre 2023
Aktuell erfreuen sich Kinder und Jugendliche am provisorisch angelegten Pumptrack auf dem Viererfeld. Ab 2026 jedoch sollen dort Wohnungen für 3000 Menschen gebaut werden. (Foto: © Stadt Bern)
Die Stadt Bern möchte eine ihrer letzten grossen Landreserven für eine Wohnüberbauung nutzen. Die Mehrheit der Menschen steht hinter dem Grossprojekt, und doch ist es nun in unruhiges Fahrwasser geraten. Die Krise ist auch ein Politikum.
Dereinst sollen auf dem Viererfeld in Bern 3000 Menschen leben. Im Januar 2019 wurde ein städtebaulicher Wettbewerb zur Überbauung des Geländes entschieden, das nur zwei Kilometer vom Hauptbahnhof und der Altstadt entfernt liegt. Die Bevölkerung hat sich heuer klar hinter das Projekt gestellt: Am 18. Juni votierten die Stimmberechtigten für die Vergabe der Baurechte an die Hauptstadtgenossenschaft und die Mobiliar. Die Zustimmung fiel mit über 75 beziehungsweise über 66 Prozent sehr deutlich aus.
So soll es auf dem Viererfeld einmal aussehen. Der Baustart ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Kann dieser Plan nach den jüngsten Entwicklungen noch eingehalten werden? (Visualisierung: © Stadt Bern)
Doch während erhöhte Schadstoffwerte im Baugrund, die von der Schweizerischen Landesausstellung des Jahres 1914 herrühren dürften, noch als unproblematisch angesehen wurden, gibt es jetzt eine problematische Entwicklung: Die Pensionskasse der Berner Kantonalbank ist als Investor ausgestiegen. Sie liess die Option auf ein Baufeld verstreichen. Zu ihren Gründen äusserte sie sich bisher nicht. Stadtpräsident Alec von Graffenried sagte in einem Interview, er kenne die Gründe nicht, halte den Rückzug aber für einen Fehler. Eine Verzögerung des Projekts erwartet er indes nicht, obschon nun ein neuer Investor gefunden werden muss.
Der Ausstieg der Pensionskasse fiel zeitlich zusammen mit der Kündigung von zwei Projektleiterinnen. Die Stadt hat bereits mit der Suche nach neuen Mitarbeiter*innen begonnen. Allerdings ist auch dies ein empfindlicher Schlag, der durchaus als Hinweis aufgefasst werden kann, dass die Umsetzung des Grossprojekts ins Schlingern geraten ist. Die Hiobsbotschaften sind unterdessen auch ein Politikum: Die SVP zum Beispiel wertet sie als Zeichen für das Versagen von Rot-Grün. Thomas Glauser, Stadtrat aus den Reihen der Partei, beklagt, die Wirtschaftlichkeit des Projekts sei nie ernsthaft geprüft worden. Besorgt zeigt sich derweil SP-Stadträtin Bernadette Häfliger. Sie fürchtet, der Rückzug der Berner Kantonalbank könnte eine Kettenreaktion auslösen. Nun gilt es, die Situation rasch zu beruhigen und die Lücken bei Investoren und Personal zügig zu schliessen, damit der Baustart tatsächlich 2026 erfolgen kann.