Anarchitekt Gordon Matta-Clark
Susanna Koeberle
20. August 2018
Gordon Matta-Clark und Gerry Hovagimyan bei der Arbeit an «Conical Intersect». Bild: © Harry Gruyaert / Magnum Photos
Eine Must-see-Ausstellung im Pariser Museum «Jeu de Paume» erinnert an die subversive Kraft, die Architektur haben kann.
Er machte Häuser zu Kunstwerken, indem er sie zerstörte. Allerdings kam diese Zerstörung einer Wiedergeburt gleich. Eine Ausstellung im Jeu de Paume (Paris) führt das visionäre Werk des Architekten und Künstlers Gordon Matta-Clark (1943 – 1978) vor. Nach dem Studium der Architektur an der Cornell University begann Matta-Clark mit einer Serie von in situ Arbeiten (wie etwa Garbage Wall). Dass er keine Häuser im klassischen Sinne bauen würde, wird für ihn schnell klar – wie viele seiner Zeitgenossen stand er dem Projekt der Moderne kritisch gegenüber. In knapp zehn Jahren schuf er ein Werk, das noch heute viele Künstler inspiriert und das Denken vieler Architekten beeinflusst. Dass seine Arbeit nur aus dokumentarischen Filmen und Fotografien rekonstruierbar ist, hat womöglich zu einer Art posthumen Verklärung beigetragen. Nichtsdestotrotz: Es ist selten genug, dass man eine Ausstellung mit einem solch elektrisierenden Gefühl verlässt. Deswegen unbedingt hingehen! Mehrere Videos sowie Fotografien geben einen vertieften Einblick in seine Arbeit und zeigen die Radikalität seines Werkes.
Matta-Clark arbeitete wie ein Besessener, war getrieben vom Wunsch, die Architektur zu verändern, Erstarrtes aufzubrechen – neue Räume zu erschaffen. Seine ersten architektonischen Schnitte fanden in der südlichen Bronx statt, einer Gegend, die damals von zerfallenden Bauten geprägt war. 1975 realisierte er mit Day’s End (New York) und Conical Intersect (Paris) zwei monumentale Werke. Letzteres befand sich gegenüber der Baustelle des Centre Pompidou. 1973 bildete Matta-Clark mit verschiedenen Künstlern die Gruppe « Anarchitecture». Ihr Ziel: Die Subversion der konventionellen Architektur. Auch für die soziale Tragweite von Architektur engagierte sich Gordon Matta-Clark wiederholt. Unterstützt durch die Guggenheim Stiftung lancierte er gegen Ende seines Lebens Projekte, die unterprivilegierten Jugendlichen helfen sollte, ihre Umgebung mitzugestalten. Er stirbt mit nur 35 Jahren an einem Pankreas-Krebs.