Licht für jeden Genuss
Thomas Geuder
4. September 2014
Ein homogenes, ruhiges Gesamtbild des Aussenraums, so die Wettbewerbsjury über den Entwurf von plandrei Landschaftsarchitekten und POOL 2 Architekten. Bild: Lukas Roth/Licht Kunst Licht/Insta
Auf dem Drachenfels im schönen Siebengebirge kommt einiges zusammen: Natur, Kultur, Tourismus und Geschichte. Hier ein Restaurant zu bauen, das alledem gerecht wird, ist eine Herausforderung für pape+pape Architekten und Licht Kunst Licht.
Zugegeben: Das alte Ausflugsrestaurant unter der Burg Drachenfels war – sagen wir einmal – ein sehr spezieller Bau. Erbaut Mitte der 1970er-Jahren im Stil des Brutalismus bildete es einen weithin sichtbaren Gebäudekomplex an der steil zum Rhein abfallenden Bergflanke des Drachenfels‘, der nicht in jedermanns Augen eine Perle der Baukultur war. Zum Blick auf Berg wie Burg mochte er nie so recht passen, architektonische Stiltreue hin oder her. Der ausladende Bau mit seinen abgestuften, horizontalen Betonbändern schränkte zudem die eigentlich grösste Attraktion dieses Ortes ein: den weitläufigen und wunderbaren Rheinblick. So entschied man sich denn im Rahmen der «Regionale 2010», ein neues räumliches Gesamtkonzept für den Ort zu entwickeln, in dem dessen Neugestaltung das «Leuchtturmprojekt» in Königswinter und im Rhein-Sieg-Kreis bilden sollte. Ein begrenzter landschaftsplanerisch-architektonischer Wettbewerb empfahl schliesslich die Realisierung des Beitrages von plandrei Landschaftsarchitekten und POOL 2 Architekten (heute pape+pape Architekten) aus Kassel. Deren Leitidee: Aus dem «Leitwert» der Natur, der Erlebbarkeit des Ortes und der gastronomischen Nutzung des Drachenfelsplateaus eine homogene gestalterische Einheit zu entwickeln, die sich massvoll in die bestehende Landschaft wie in den Gebäudebestand einfügt. Dabei sollte in der Formsprache und in der Wahl der eingesetzten Materialien ein authentisches Ganzes entwickelt werden, das den Bezug zur Charakteristik des Ortes herstellt. Der Restaurantbau aus den 1970ern wird bei dieser Gelegenheit geschliffen.
Um den oberirdisch sichtbaren Gebäudeteil so klein wie möglich zu halten, wurden zwei komplette Geschosse unter dem ansteigenden Geländeniveau des Plateaus angeordnet. Bild: Klaus Göhring/pape+pape Architekten
An diesem Ort würde das nicht einfach werden, das war allen Akteuren von Beginn an bewusst. Ganz abgesehen von baulogistischen Zwängen (wegen des Naturschutzgebietes durfte nur in den Wintermonaten abgebrochen werden, nur LKW bis 24 Tonnen konnten die Baustelle anfahren) war es vor allem die umgebende Natur, auf die unbedingt Rücksicht genommen werden musste. Gleichzeitig sollte der Ort wieder freigeräumt und der Blick auf wie von der Burg und Berg wieder ermöglicht werden. Zu diesem Zweck wurde das Ausflugsrestaurant bis zum Erdgeschoss abgetragen, wodurch eine grosszügiges Plateau entstand, das den bis dahin westlichen und östlichen Teil verbindet. Dieses bildet quasi die Basis für alle nun folgenden Neubauten. Ein erheblicher Teil des Raumprogramms konnte unter dem ansteigenden Geländeniveau angeordnet werden, was eine prägnante Reduzierung des Bauvolumens zur Folge hatte.
Der von den Architekten geplante Restaurantbau entwickelt sich in Position und Form aus dem Bestandsbau aus den 1930er-Jahren heraus und markiert einen eleganten Endpunkt, flankiert von einer Sitzstufenanlage, von der aus man den Blick ins Rheintal, zur Burgruine und ins Siebengebirge geniessen kann. Der zweigeschossige Baukörper wirkt wie ein Kolonnadenbauwerk aus hellem Beton mit grosszügiger Verglasung.
Bei der Planung der Deckenuntersicht war Behutsamkeit gefragt, denn das Drachenfels-Restaurant liegt in einem Naturschutzgebiet. Flora und Fauna sollten durch das Licht möglichst nicht gestört werden. Bild: Lukas Roth/Licht Kunst Licht
In dessen Sockelgeschoss befindet sich ein kleines Besucherzentrum samt Imbiss, im Erdgeschoss darüber das neue Restaurant, das sich multifunktional und sehr flexibel nutzen lässt, etwa tagsüber für die Ausflugsgastronomie mit bis zu mehreren tausend Gästen pro Tag sowie für abendliche Veranstaltungen. Besonderes Augenmerk gilt hier der Lichtplanung, das auf diese Flexibilität reagieren muss. Die Lichtplaner von Licht Kunst Licht entwarfen für diesen Raum ein Konzept, bei dem direkt strahlende Downlights für eine gezielte Ausleuchtung des Raums sorgen. Diese lassen sich – je nach Tischkonfiguration – vom Personal per Spezialwerkzeug vom Boden aus punktgenau ausrichten, dank einer Kardianischen Lagerung der Leuchteneinsätze.
Um den Bau vom Rheintal aus auch bei Dunkelheit angemessen erfahrbar zu machen, ordneten die Lichtplaner zusätzlich RGBW-LEDs an, deren Licht sich je nach Anlass beliebig anpassen lässt. Nicht zuletzt nimmt diese Lösung auch Rücksicht auf das umgebende Naturschutzgebiet und dessen Flora und Fauna, die so möglichst nicht gestört werden soll. Geringe Lichtströme reichen hier bereits aus, um den Raumcharakter wie die Aussenwirkung maßgeblich zu verändern. Kombiniert sind sämtlich Deckenleuchten hinter einem speziellen Lochblech, entworfen von den Architekten. So ist das neue Drachenfels-Restaurant ein Gewinn für alle: die Natur, die Kultur, den Tourismus und nicht zuletzt die Menschen, die das Drachfelsplateau besuchen und schlicht von unten betrachten.
In die Kassettendecke des Restaurants wurden hinter einer perforierten Metalldecke RGB-LED-Linien installiert, deren leicht diffus abstrahlendes LED-Licht die quadratischen Deckenfelder sanft illuminiert. Bild: Lukas Roth/Insta
Zum Schutz der Vögel wurde ein besonderes, vom Max-Planck-Institut für Ornithologie zertifiziertes Glas verwandt, das Vogelschlag durch eine für Vögel erkennbare UV-Signatur in der Scheibe verhindert («Ornilux-Mikado»). Zusätzlich wurden Streifen auf das Glas geklebt.Bild: Dirk Krüll/pape+pape Architekten
Auf dem Glaskubus befindet sich eine Photovoltaikanlage mit 35 Elementen, deren jährlicher Energieertrag von ca. 9.200 kWh ins öffentliche Netz eingespeist wird. Bild: Dirk Krüll/pape+pape Architekten
Lageplan
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Sockelgeschoss
Grundriss Kellergeschoss
Deckendetail
Zusätzlich zum RGB-Chip sorgt eine separate LED in instalight LEDLUX für weisses Licht, wodurch Pastell-Mischfarben oder schlicht weisses Licht erzeugt werden könen. Bild: Insta
Wesentliches Element der Freiraumgestaltung ist eine Sitzstufenanlage, die den Blick ins Rheintal, zur Burgruine und ins Siebengebirge öffnet. Bild: Dirk Krüll/pape+pape Architekten
Der Vorgängerbau aus den 1970-er Jahren. Bild: Klaus Göhring/pape+pape Architekten
Neugestaltung des Drachenfelsplateaus
Königswinter, D
Lichtplaner
Licht Kunst Licht AG
Bonn, D
Architekt
pape+pape Architekten
Kassel, D
Hersteller
Insta Elektro GmbH
Lüdenscheid, D
Kompetenz
instalight LEDLUX LX linear (innen)
instalight 4020 (aussen)
Bauherr
Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsbaugesellschaft mbH der Stadt Königswinter
Königswinter, D
Landschaftsarchitekt
plandrei Landschaftsarchitektur GmbH
Erfurt, D
Projektsteuerung
Dr. rer. nat. Ägidius Strack, Büro für Bauwerkssanierung
Rösrath-Forsbach, D
Bauleitung
5b Bau- und Projektmanagement
Bonn, D
Ökologische Bauleitung
Ingenieurbüro I. Rietmann
Königswinter, D
Technische Planung
THS Consulting TGA GmbH
Herne, D
Tragwerksplanung
Reitz und Pristl Ingenieurgesellschaft
Kassel
Bauphysik
Deerns
Köln, D
Fertigstellung
2013
Fotografie
Lukas Roth
Projektvorschläge
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