Zwischen den Welten

Susanna Koeberle
14. Mai 2019
Eingang der Fondation Vincent van Gogh Arles mit Kunstwerken von Bertrand Lavier. Bild © Fondation Vincent van Gogh Arles / FLUOR architecture

Die Welt ist zuweilen schon zynisch. Ein Autodidakt, zeit seines Lebens erfolglos, wird posthum zu einem der einflussreichsten Künstler seiner Epoche. Seine Werke werden heute teuer gehandelt. Die Rede ist vom niederländischen Künstler Vincent van Gogh (1853 – 1890). Ein Einzelgänger zwischen den Welten war auch sein Zeitgenosse Niko Pirosmani, geboren 1862. Der georgische Künstler (wie van Gogh auch er Autodidakt) schuf eine Vielzahl von Gemälden, in denen er das georgische Volksleben festhielt. Aber auch fast surreal anmutende Tierdarstellungen wie Löwen oder Giraffen gehören zu seinem bildnerischen Universum. Sein grafischer, naiver Stil, häufig mit wenig Farben gemalt, wirkt beinahe kindlich. Diese Einfachheit hat zugleich etwas Starkes und Berührendes. Obwohl seine Arbeit gegen Ende seines Lebens entdeckt wurde und er einzelne Ausstellungen hatte, starb er 1918 an Unterernährung und Leberversagen. 

Ausstellungsansicht von «Niko Pirosmani - Wanderer zwischen den Welten» in der Fondation Vincent van Gogh. Die Wände sind mit farbigem Stoff bezogen. Bild © François Deladerrière

Von seinem Einfluss auf zeitgenössische Künstler*innen zeugt nun eine Ausstellung in der Fondation Vincent van Gogh Arles. Kuratiert wurde sie von der künstlerischen Leiterin des Museums, der Schweizer Kuratorin Bice Curiger. Die Fondation Vincent van Gogh wurde auf Bestreben des Mäzens Luc Hoffmann initiiert, der in der Gegend verwurzelt ist. Auch für van Gogh war Arles wichtig, er lebte über ein Jahr im südfranzösischen Städtchen und malte dort einige seiner bekannten Bilder. Die Gegenüberstellung von fünf, eher frühen Arbeiten des berühmten Künstlers und fast dreissig Gemälden seines georgischen Kollegen zeigt die Ähnlichkeiten ihres Werks. Pirosmani und van Gogh malten beide schnell und in einer klaren, zugänglichen Sprache, die dennoch auf besondere Weise geheimnisvoll wirkt.

Zwei Bilder von Niko Pirosmani im Dialog mit einer Arbeit von Raphaela Vogel. Bild © François Deladerrière

Spannend ist auch, diese Spur bis in die Jetztzeit zur verfolgen. Curiger schafft mit der Ausstellung «Niko Pirosmani – Promeneur entre les mondes» eine Zusammenführung von geistesverwandten Kunstwerken, die Zonen der Ungewissheit ausloten. So begegnet man im unteren Teil der Ausstellung einigen Arbeiten des georgischen Künstlers Andro Wekua, dessen komplexe Arbeiten traumartige Welten evozieren. Ein Video der deutschen Künstlerin Raphaela Vogel führt Betrachter*innen auf eine Reise nach Georgien, die zugleich eine Hommage an ihren verstorbenen Vater ist. Fotografien der in der Schweiz lebenden Künstlerin Shirana Shahbazi (Grand Prix Kunst/Prix Meret Oppenheim 2019) oszillieren zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit. So entspinnt sich ein schöner Dialog über Epochen hinweg, der noch lange nachhallt.

Drei Arbeiten von Shirana Shahbazi. Bild © François Deladerrière
«Kakhetian Train» von Niko Pirosmani. Bild © Infinitart Foundation Vienna / fotografiert von Roberto Bigano

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