Zaha Hadid im Schaufenster
Manuel Pestalozzi
20. Juni 2016
Die Rauminstallation ergänzt bis am 30. September die Nacht-Lichtarchitektur am Paradeplatz. Bild: Manuel Pestalozzi
Die Gestaltung der Galerie Gmurzynska am Paradeplatz in Zürich für die Ausstellung «Kurt Schwitters: Merz» gilt als das letzte Projekt der kürzlich verstorbenen Architektin Zaha Hadid. Ein nächtlicher Besuch.
Das T Magazine der New York Times berichtet, dass Zaha Hadid zur Zeit ihres unerwarteten Todes im vergangenen März an diesem Projekt, das als Beitrag ans Dada-Jahr konzipiert ist, gearbeitet hart. «Es war noch nicht abgeschlossen, aber die Ideen waren da, das Konzept auch. Wir hatten über jedes Detail gesprochen», erzählte Galeriedirektor Mathias Rastorfer der Publikation. Unter der Leitung von Hadids engstem Partner Patrick Schumacher wurde das Projekt vom Büro der verstorbenen Architektin umgesetzt. Es ist mitunter eine Schaufensterdekoration, die auch ausserhalb der Ladenöffnungszeiten den Aussenraum am Paradeplatz bereichert.
Der berühmte Merz-Bau von Kurt Schwitters entstand im Dunstbereich der Dada-Bewegung, zu der der Künstler gemäss de.wikipedia eine von Kontroversen geprägte Beziehung pflegte. Die als Collagen und Schichtungen daherkommenden Rauminstallationen übten einen grossen Einfluss auf verschiedene gestalterische Strömungen der Zwischenkriegszeit aus. Sie berührten sicher auch das Schaffen Hadids, die sich ja intensiv mit dem sowjetischen Suprematismus auseinandersetzte, der ebenfalls zu jener Zeit aufblühte und sich wohl von «Merz» beeinflussen liess. In diesem Zusammenhang gestaltete Hadid die Galerie am Paradeplatz 2010 schon einmal für eine Suprematismus-Ausstellung.
Die erste Installation Hadids in der Galerie Gmurzynska widmete sich dem Suprematismus. Sie war weitaus radikaler als die derzeitige Gestaltung. Bild: Hatje Cantz
Was man vom Paradeplatz von Zaha Hadids «letztem Werk» sieht, vermag leider wenig zu überzeugen. Einen Zusammenhang mit dem Ausstellungsgut lässt sich nicht erkennen. Eher erinnert der Raum an eine Edelboutique, was für den Standort ja eigentlich durchaus passend ist: Die rechteckigen gerahmten Merz-Darstellungen werden ergänzt durch Sitzmöbel und leere Etageren, die an geschliffene Flusskiesel oder Pralinen erinnern. Dass die Nachbarschaft zum Confiseur Sprüngli inspirierend gewirkt haben mag, suggerieren auch die Meringue-artigen weissen Raumteiler.
Dieser «Abschied» von einer grossen, bedeutenden Architektin erinnert nicht mehr an die Radikalität der Entwürfe, mit denen Zaha Hadid zu Beginn ihrer Karriere Furore machte sondern an die spätere Schaffensphase als arrivierte, Mainstream taugliche Baukünstlerin, die nicht mehr aneckt, sondern die Aufmerksamkeit des Publikums gleiten, vielleicht auch abgleiten lässt.