Wettbewerbe abschaffen?
Manuel Pestalozzi
7. September 2020
Das Philosophische Seminar am Domplatz in Münster von Peter Böhm Architekten ist das Resultat eines Architekturwettbewerbs. (Foto © Lukas Roth)
Der Rat der bundesdeutschen Stadt Münster hat Ende August nicht – wie zunächst geplant – über die sofortige Abschaffung von Architektenwettbewerben um die Gestaltung von Schulen, Sporthallen und Kitas abgestimmt. Proteste von Architekt*innen sorgten für einen Aufschub. Doch vom Tisch ist die bizarre Idee damit noch nicht.
SPD- und CDU-Politiker*innen der Stadt sehen im Verzicht auf Wettbewerbe ein Mittel, um städtische Gebäude schneller und preiswerter errichten zu können, berichtet die Münstersche Zeitung. Dies rief die Berufsverbände BDA (Bund Deutscher Architekten), BDB (Bund Deutscher Baumeister) und MAIV (Münsterländer Architekten- und Ingenieurverein) auf den Plan, heftig waren ihre Reaktionen. In einem gemeinsamen «Brandbrief» an die Münsters Ratsparteien warnten sie entschieden vor einer Änderung der bisherigen Praxis.
In ihrem Schreiben widersprechen die Verbände der Meinung, dass man mit einem Verzicht auf Wettbewerbe Zeit sparen könne. Diese machten nicht selten die ansonsten erforderlichen und mitunter langwierigen Beratungen im Gestaltungsbeirat überflüssig. Auch bei den Kosten sind BDA, BDB und MAIV anderer Meinung. Die Stadt Münster habe über Architekturwettbewerbe eine Vielzahl von qualitätsvollen Schulbau- und Sporthallenprojekten realisieren können, die im Zeit- und Kostenrahmen geblieben seien. Ausserdem erinnern die Verfasser*innen des Briefes daran, dass Wettbewerbe jungen Talenten die Chance geben, sich zu profilieren. Zu diesem Protestschreiben kam noch ein weiterer Brief: Ein Architekt hält darin CDU und SPD vor, sie wollten mit ihrem Vorstoss in Wahrheit nur von dem Unvermögen der Stadt ablenken und die Probleme seinem Berufsstand in die Schuhe schieben. Er bemängelt insbesondere die Schwammigkeit, mit der die Wettbewerbs-Aufgaben umrissen werden.
Gemäss der Münsterschen Zeitung deckt sich diese Kritik mit einer Erhebung des städtischen Amtes für Immobilienmanagement, über die mehrere Ausschüsse kontrovers diskutierten. Bemängelt wurde, dass es im Dreiecksverhältnis von Bauverwaltung, Politik und Nutzer*innen kaum möglich sei, zu verbindlichen Absprachen zu kommen. Beim Rat der Stadt hatten die Einwände schliesslich einen gewissen Erfolg: Die Entscheidung in der Sache ist zunächst zumindest aufgeschoben. Entschiedener, gemeinsamer Widerstand ist allerdings wohl weiter nötig, denn vom Tisch ist die Idee damit noch nicht.