Ein Laie – eine Idee

Manuel Pestalozzi
22. Januar 2018
Eine sechseckige Raumeinheit in ein Tetraeder «einhängen», diese Idee beschäftigt nicht nur Profis. Bild Jaroslaw Trachsel

Es gibt viele Gründe, über das Bauen nachzudenken. Und nicht nur Fachleute kennen den Moment, bei dem der Ruf «Heureka!» erschallt und man vor dem geistigen Auge sieht, wie ein Ei des Kolumbus Form annimmt. Einen solchen Moment hatte kürzlich der 82-jährige Jaroslaw Trachsel. Er trieb die Gedankenspiele immerhin so weit, dass er anfing kleine Modelle zu bauen, aus zurechtgestutzten Spaghetti, die er mit Klebstreifen verband, und etwas grösser mit dem, was so an Stäben, Karton und leeren Konservendosen im Haushalt aufzutreiben war. Jaroslaw Trachsel war immerhin als Journalist teilweise tätig für das Schweizer Baublatt, und noch immer ist er Mitglied des selben Fachjournalistinnen und -jounalistenverbands wie dieser Redaktor. Ist das eine Story? Findet man interessierte potenzielle Investoren? Weitertragen kann man solche Ideen und Fragen immer.
 
Im Fokus von Jaroslaw Trachsels Überlegungen steht die Firmitas. Und er denkt an die vielen Menschen, die in den letzten Jahren wegen den Folgen von Unwewttern oder Erdbeben obdachlos wurden und an den Orten der Verwüstung eine neue Existenz aufbauen müssen. Anstatt sich an traditionellen Konstruktionen der betreffenden Regionen zu orientieren, dränge sich in solchen Momenten, so meint, er die einfachste und wohl auch stabilste geometrische Form für tragende Elemente auf: das gleichseitige Tetraeder. Eine tragende Konstruktion aus Stahl oder geeignetem Kunststoff, möglicherweise aber auch aus Holz oder Bambus, eröffnet die Möglichkeit, so spinnt er seine Gedanken weiter, die gebauten Räume vom Boden abzuheben. In vielen Fällen würde sich die Anlage eines Fundaments erübrigen. Jaroslaw Trachsel kann sich einen Bau aus gebündelten Bambusrohren vorstellen, aber auch ein Haus für 18 Wohnungen, die in einer etwa 30 m hohen Stahlkonstruktion eingehängt werden. Ein konventionell gebauter zentraler Schacht könnte das Hochziehen der tragenden Strukturen ohne Kran ermöglichen. So weit geht die Grundidee: «Die Ausgestaltung überlassen wir den Profis.»

Mehrgeschossig über dem Boden, der Gedanke ist nicht neu aber bestechend. Bild: Jaroslaw Trachsel

Diese Idee setzt gemäss ihrem Urheber Architekten und Ingenieurinnen keine Grenzen. Gegenüber der ersten Pfahlbauphase in der Geschichte der Menschheit hätten wir heute grosse Vorteile. Völker im Naturzustand würden nur ein Sandkastenmodell brauchen und, entscheidend für die Möglichkeit solcher Bauten, industriell gefertigte Verbindungsstücke aus festen Materialien und den richtigen Winkeln.
 
Es macht diesem Redaktor keine Mühe, den Leserinnen und Lesern des Magazins von Swiss Architects einen Floh ins Ohr zu setzen. Er zweifelt allerdings daran,  dass diese Idee zu einem rentablen Geschäftsmodell führt. Konrad Wachsmann und Richard Buckminster Fuller haben in diese Richtung geforscht, Louis Kahn entwickelte ein Hochhaus für Philadelphia, das auf Tetraedern aufgebaut ist, originelle Bambusstabwerke werden laufend publiziert. Die unbestreitbare Stabilität der geometrischen Form des Tetraeders konnte als Stabwerk die Entwicklung der Architektur als raumhaltige Grossform bislang kaum beeinflussen. Aber vielleicht sollte man ja nie aufgeben? Jaroslaw Trachsel würde gerne eine Interessengemeinschaft für die Realisierung erster Tetra-Bauten gründen und freut sich über einen Austausch unter der folgenden Mailanschrift: jaro.trachsel@bluewin.ch.

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