Zuger «Perle» im Gegenwind
Inge Beckel
8. de gener 2015
Das Zurlaubenhof-Areal wird beplant. Bild: zentral+
Ob heutige Rangeleien ein geschütztes Kulturgut in der Stadt Zug überleben werden? In Zug jedenfalls ist nicht ein Gebäude Streitpunkt, sondern der Leerraum drumherum – denn der Freiraum auf dem Zurlaubenhof-Areal soll überbaut werden.
Dies, obwohl sowohl die Gebäude als auch deren Umschwung im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz aufgelistet sind, und zwar mit dem je höchsten Schutzstatus, wie zentral+ am vergangenen Montag berichtete. So seien im Standardwerk Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug eindrückliche 18 Seiten diesem historischen Zeitzeugen gewidmet. Das allein möge etwas über die Bedeutung des Anwesens auszusagen, meint Autor Carlo Schuler von zentral+.
Das Areal ist in Privatbesitz. Die Besitzerfamilie will – mitunter um die historischen Bauten zu sichern – die Freifläche zumindest teilweise überbauen. Dafür hat sie, in Absprache mit dem Amt für Städtebau der Stadt Zug und der kantonalen Denkmalpflege, eine Testplanung und danach einen Projektwettbewerb durchgeführt, den Boltshauser Architekten gewannen.
Das Vorgehen sei bisher sorgfältig verlaufen, sagt denn auch Patrick Schoeck vom Schweizer Heimatschutz gegenüber zentral+. Dennoch: «In Zug wird verdichtet gebaut wie kaum anderswo in der Schweiz. Es würde Stadt und Kanton deshalb gut anstehen, den Finger auf ein derart wertvolles und weitgehend unberührtes Stück Zuger Identität zu legen und zu erklären: Lasst unsere Kinder darüber entscheiden, ob hier überhaupt gebaut werden soll. Das wäre ein schönes und würdiges Erbe.»
Gleichzeitig erklärt Oliver Martin, Sektionschef beim Bundesamt für Kultur BAK, Eingriffe in Ortsbilder von nationaler Bedeutung seien bei kantonalen oder kommunalen Aufgaben nicht von vornherein ausgeschlossen. Es obliege der Gemeinde, beziehungsweise dem Kanton, eine Interessenabwägung vorzunehmen.
Für die Mehrzahl der in Zug Lebenden wäre wohl der Erhalt einer der wenigen noch vorhandenen, derart grossen Freiflächen auf Stadtgebiet die bevorzugte Lösung. Gerade in Zug, wo die Erneuerung – und damit oft das «Verschwinden» – des bekannten Stadtbildes (womit die Einheimischen aufgewachsen sind) in einer gegenüber anderen Orten hierzulande nochmals erhöhten Geschwindigkeit vorangeht, ist ein solches Stück «Identität» zu sichern.