Kubus mit komplexem Innenleben
Elias Baumgarten
27. novembro 2024
Ein zentraler Luftraum verbindet alle Ebenen des achtgeschossigen Bildungsbaus. An ihn grenzen doppelstöckige Gemeinschaftsräume. (Visualisierung: Aron Lorincz Ateliers © wulf architekten)
Die Gemeinde Brig-Glis plant einen neuen Campusbau für drei Hochschulen. Bauen werden ihn wulf architekten – mit einem kompakten Gebäude in Holz-Hybrid-Bauweise konnte das deutsch-schweizerische Team den Wettbewerb gewinnen.
Im Frühling erst triumphierten wulf architekten beim Wettbewerb für das neue Ambulante Zentrum des Luzerner Kantonsspitals. Jetzt feiert die Wettbewerbsabteilung des Stuttgarter Büros mit Zweigstellen in Berlin und Basel einen weiteren Erfolg in der Schweiz: wulf architekten werden auch den gemeinsamen Campusbau der Fachhochschule und der Pädagogischen Hochschule des Kantons Wallis sowie der Stiftung HF Gesundheit gestalten. Mit ihrem Entwurf setzten sie sich beim offenen Wettbewerb im Team mit wh-p Ingenieure vor den Schweizer Büros Translocal Architecture und Dürig durch.
Gebaut wird in Brig-Glis gleich neben dem Spital – besonders für die Ausbildung in Pflegeberufen ist das vorteilhaft. Der Neubau an der Ueberlandstrasse wird für das Klinikgelände städtebaulich eine wichtige Rolle spielen, schliesst er doch die neue Spitalterrasse nach Westen hin ab. Auf rund 8800 Quadratmetern werden Hörsäle, Seminarräume und Forschungslabors entstehen, dazu eine Aula, eine Mensa mit Küche und Büros für die Hochschulverwaltung. Über 300 Studierende werden dort in Zukunft lernen, unterrichtet von bis zu 80 Dozentinnen und Forschenden.
Während das Innenleben räumlich komplex ist, tritt der Bau äusserlich als kompakter Kubus in Erscheinung. Fallmarkisen spenden an sonnigen Tagen Schatten. (Visualisierung: Aron Lorincz Ateliers © wulf architekten)
Entworfen haben wulf architekten einen achtgeschossigen Kubus, dessen auf einem Rastersystem beruhende Mischkonstruktion aus Holz und Beton an andere Entwürfe für Bildungsbauten erinnert, mit denen sich das deutsch-schweizerische Büro jüngst bei Wettbewerben gut platzieren konnte – das Gymnasium im bayerischen Cadolzburg etwa oder die Kantonsschule Zimmerberg in Wädenswil am Zürichsee. Auch Ähnlichkeiten zum eingangs erwähnten Ambulanten Zentrum in Luzern sind nicht von der Hand zu weisen, wo sich ein zentrales Atrium über sieben Geschosse zieht.
Das Äussere des Gebäudes prägen grosse Fenster mit Fallmarkisen, das Raster der Skelettkonstruktion aus Beton ist an den Fassaden ablesbar. Drinnen jedoch ist die räumliche Komplexität höher: Ein zentraler Luftraum verbindet die acht Stockwerke. Um diesen herum docken sich zu allen Seiten doppelgeschossige Gemeinschaftsräume an, in denen zum Beispiel in Gruppen gelernt werden kann. Im Erdgeschoss überwindet eine breite Treppe einen Geländesprung, und am Fusse des Atriums sollen Pflanzen wachsen. Nun wird es darauf ankommen, das grosse Potenzial dieser Räume mit vielfältigen Angeboten optimal zu nutzen, sodass sie nicht wie in anderen Hochschulen am Ende doch nur Durchgangsräume bleiben, sondern zu «Wohnzimmern» für die Studierenden werden.
Rund um das Atrium sind zweigeschossige Räume angeordnet. Sie haben viel Potenzial und müssen nun entsprechend ausgestaltet werden. (© wulf architekten)
Im Wettbewerb gefordert war ein umweltfreundlicher Bau mit guter Energiebilanz – sowohl in der Erstellung als auch im Betrieb. Die Architekten entschieden sich darum dafür, die Betonkonstruktion mit Holzbauteilen auszufachen. Das wird auch der Behaglichkeit und dem Raumklima zugutekommen. Die Haustechnik ist auf ein Minimum reduziert: Belüftet wird das Gebäude natürlich, und die passive Speichermasse der Konstruktion nutzen die Gestalter, um eine konstant angenehme Raumtemperatur zu gewährleisten. Die besagten Fallmarkisen spenden an heissen Tagen Schatten – gerade hierzulande ist das wichtig, weil die Temperaturen durch den Klimawandel besonders stark ansteigen. Vielleicht auch deswegen sind Lowtech-Bildungsbauten, wie nun von wulf architekten vorgeschlagen, besonders im Kommen: Das international wohl bekannteste Schweizer Beispiel ist der Holzbau der Landwirtschaftsschule Salez von Andy Senn im Rheintal.