Biennale verschoben, Italien Sperrgebiet

Elias Baumgarten
9. março 2020
Foto: H4g2 via flickr, CC BY-ND 2.0

Die Lage in Italien ist momentan angespannt und undurchsichtig. Das Land sieht sich aufgrund des neuen Coronavirus (COVID-19) einer ernsten Krise gegenüber. Um diese zu meistern, wurden anfangs dieser Woche zunächst grosse Gebiete im Norden des Landes abgeriegelt, zum Sperrgebiet gehörten auch schon Mailand und der Biennale-Standort Venedig. 16 Millionen Menschen, rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung, waren von diesen Massnahmen betroffen. Seit dem heutigen Dienstag, 10. März, ist sogar das ganze Land abgeriegelt. Die Menschen sollen ihre Häuser nur zum Arbeiten oder für notwendige Besorgungen verlassen. Wer sich nicht an die Bestimmungen hält, dem drohen Geldbussen und sogar Haftstrafen. Einer der Gründe für das radikale Vorgehen dürfte wohl die Angst vor dem Zusammenbruch des italienischen Gesundheitssystems sein, das bereits stark unter Druck ist: 20 Prozent der aktuell über 5'000 bestätigten Infizierten (Stand 9. März) müssen im Spital behandelt werden, 10 Prozent davon auf der Intensivstation. Aufgrund der nötigen Isolation der Patient*innen ist das besonders aufwendig. Das scheint für Italien schwer zu stemmen, zumal auch viele Ärzt*innen und Pflegekräfte selbst erkrankt ausfallen. 20'000 Personen wurden aus dem Ruhestand in die Spitäler gerufen. Ein fortgesetzt schneller Anstieg der Fallzahlen könnte, das wird anhand dieser wenigen Zahlen deutlich, ernste Folgen für die Versorgung haben. Nun hofft man, die Ausbreitung wenigstens verlangsamen, besser sogar eindämmen zu können. Auch in anderen europäischen Ländern werden immer strengere Massnahmen beschlossen. Immer mehr Menschen arbeiten zu Hause, und an vielen Hochschulen wird per Videoschalte unterrichtet.

Angesichts dieser Entwicklungen ist die Verschiebung der Architekturbiennale von Venedig eigentlich eine Nebensache. Dennoch, für die internationale Architekturszene sind es wichtige Nachrichten: Neu startet die bedeutendste Architekturausstellung der Welt am 29. August 2020. Nachdem die Organisatoren anfangs abgewartet hatten und sich sogar demonstrativ optimistisch gaben, haben sie vorige Woche gehandelt. Die Biennale wird für drei Monate (bis 29. November) geöffnet sein – was übrigens der ursprünglichen Dauer entspricht, denn erst seit 2004 und Rem Koolhaas’ «Fundamentals» läuft die Schau von Mai bis November. Die Verschiebung bedeutet auch, dass die Eröffnung zeitlich eng mit dem 77. Internationalen Filmfestival von Venedig zusammenfallen wird, einer weiteren wichtigen Kulturveranstaltung. Leerer als sonst wird es in der Lagune also gewiss nicht.

Offen bleibt, wie sich die Lage weiterhin entwickelt. Viele hoffen, dass die Ansteckungen mit Corona im Frühjahr entscheidend zurückgehen werden und sich die Situation entspannt. Denn respiratorische Viruserkrankungen haben vor allem in der kalten Jahreszeit Konjunktur. Expert*innen warnen allerdings vor voreiligen Schlüssen: Man wisse noch sehr wenig über den Erreger, heisst es allerorten. Wie sich das Virus künftig verhält, ist schwer abzusehen. Bisher hat es sich als sehr widerstandsfähig erwiesen. Wichtig, dass in den nächsten Tagen und Wochen nach kühler Abwägung der Faktenlage kluge und massvolle Entscheidungen getroffen werden.


Dieser Beitrag wurde zuletzt am 10. März um 7 Uhr aktualisiert. 

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