Nah und fern
Braun/Weder
30. junho 2022
Wohnbereich mit Speicheröfen (Foto: Walter Mair)
Dorothea Braun und Conradin Weder haben in Thayngen ein Einfamilienhaus geschickt auf einem Hanggrundstück platziert. Nach mehreren Umbauten ist es das erste Projekt, das die jungen Basler von Grund auf neu planten.
Frau Braun, Herr Weder, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Conradin Weder: Zunächst einmal ist das Wohnhaus in Thayngen unser erster Neubau. Die Auftraggeber sind Bekannte der Familie, und Dorothea konnte für sie während ihrer Ausbildung bereits eine Küche entwerfen. Später im Studium entwickelte Dorothea für den Bauplatz eine Projektstudie – lange bevor wir mit der Planung begonnen haben; es gab deshalb eine grosse Vertrautheit mit dem Ort. Speziell für uns war auch, dass die Bauherrschaft im Kanton Zürich wohnte, wir in Basel tätig sind und das Haus im Kanton Schaffhausen entstand. Als Architekten beschäftigen wir uns im Wohnungsbau mit den alltäglichen, urmenschlichen Bedürfnissen – das mögen wir an dieser Bauaufgabe sehr.
Dorothea Braun: Wir haben uns ganz auf den Ort eingelassen. Wichtig zu wissen: Der Bauherr ist Miteigentümer des direkt angrenzenden Grundstücks mit Waldflächen und zahlreichen Obstbäumen. Diesen Aussenraum betrachteten wir als Garten, und wir wollten direkte Verbindungen zum Haus schaffen. Zusammen mit der eindrücklichen Ebene, die sich nordöstlich des Hauses erstreckt, und der fantastischen Sicht ins Tal suchten wir nach Raumfiguren, die all das auffangen, um die Innenräume des Raumprogramms unterschiedlich zu charakterisieren.
Blick von Norden (Foto: Walter Mair)
Hangfassade (Foto: Walter Mair)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
CW: Der Waldabstand hat dazu beigetragen, dass der Baukörper zur Ebene schmal und hoch erscheint. Talwärts in Richtung Dorf ist das Gebäude hingegen breiter und öffnet sich mit vielen Fensterflächen. Nordwestlich fällt das Terrain steil ab, eine Nahsicht auf das Gebäude ist daher nicht möglich. Dort zeigt sich das Haus abstrakt mit grossen Öffnungen. Die Fassade zu den Nachbarhäusern auf der gegenüberliegenden Seite ist von vertrauten und kleinteiligen Fenstern geprägt.
Die verschiedenen Einflüsse von aussen haben letztlich auch die Raumanordnung, die Materialien und die Farbgebung im Inneren beeinflusst. So richten sich die repräsentativen Räume zum Dorf hin aus, während die privaten Zimmer zu den Nachbarhäusern orientiert sind. In der lichten Wohnhalle spiegelt sich die Umgebung im Gussasphalt, ein roh belassener Sockel macht das Bauen sichtbar, ein weiss gestrichenes zeltartiges Betondach bildet einen abstrakten oberen Abschluss. Das Gartengeschoss, halb im Terrain eingegraben, zeigt seine rohen Decken und Wände; einzig ein weisser Sockel bildet den Übergang zum Holzboden. Veredelungen gibt es immer dort, wo der Mensch dem Haus ganz nahekommt.
Blick von der Schlattergasse (Foto: Walter Mair)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen Ihren Entwurf beeinflusst?
DB: Am Anfang der Zusammenarbeit haben wir von den Auftraggebern einen Brief mit einem Raumprogramm und den Nutzungsabsichten erhalten. Im Grunde haben wir uns bis zum Schluss daran orientiert; es sind nur wenige Dinge dazugekommen, beispielsweise die Freitreppe im Gartengeschoss.
CW: Zwischenzeitlich bestand der Wunsch nach einem privaten Zimmer in direkter Nähe des Wohnbereichs, was die räumlichen Entwicklungsmöglichkeiten des Hauptgeschosses stark einschränkte. Mit dem Entscheid, einen Lift vorzusehen, konnte eine grössere Flexibilität hinsichtlich der Nutzung erreicht werden, und wir gestalteten das Hauptgeschoss freier. Das hat zum nun realisierten Entwurf geführt.
Blick vom Dachgeschoss in die Wohnhalle (Foto: Walter Mair)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?
CW: Es wird bestimmt immer ein besonderes Haus für uns sein, da es unser erstes Neubauprojekt ist. Inhaltlich konnten wir räumlich und konstruktiv an Themen früherer Projekte anknüpfen.
DB: Wir haben versucht, mit einer möglichst konventionellen Bauweise unser Ziel von einer soliden Gebäudehülle und charakteristischen Innenräumen zu erreichen. So suchten wir früh in der Projektierungsphase das Gespräch mit Planern und Unternehmern. Ausserdem bestärkten uns das Atelierhaus von Peter Märkli in Rumisberg und andere Projekte von Architektinnen und Architekten, die mit rohen Materialien Innenräume gestaltet haben, im Bestreben, authentische Architektur zu schaffen.
Halle im Gartengeschoss (Foto: Walter Mair)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
DB: Vielleicht ist es weniger ein bestimmtes Material, sondern vielmehr das Engagement der am Bau beteiligten Planer und Unternehmer gewesen, das zum Erfolg führte. Wichtig war sicherlich das Zusammenspiel von Baumeister, Bauingenieur und Bauleiter sowie das Konstruktionswissen der Fensterfirma. Die Auftraggeber haben uns während der gesamten Projektierung grosses Vertrauen entgegengebracht und uns von der Material- bis zur Farbwahl viel Freiheiten gelassen.
Situation
Grundriss Erdgeschoss
Längsschnitt
Wohnhaus Bröckliweg
Standort
Bröckliweg 15, 8240 Thayngen
Nutzung
Einfamilienhaus
Auftragsart
Direktauftrag
Bauherrschaft
Privat
Architektur
Dorothea Braun Conradin Weder Architekturbüro, Basel
Fachplaner
Tragwerksplanung: Wüst Rellstab Schmid AG, Schaffhausen
Heizungsplaner: Grether + Schäfer AG, Gelterkinden
Bauleitung
M. Wipf GmbH, Oerlingen
Jahr der Fertigstellung
2021
Massgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeister: Gasser AG, Feuerthalen
Holzbau: Hans Müller AG, Schaffhausen
Fenster: Huber Fenster AG, Herisau
Spengler: Hans Müller AG, Schaffhausen
Storen: Schenker Storen AG, Winterthur
Sanitär: Robert Meister AG, Schaffhausen
Heizung: Robert Meister AG, Schaffhausen
Elektroanlagen: R. Graf & Co AG, Schaffhausen
Gussasphalt: Walo Bertschinger AG, Wittenbach
Hafner: Dario Zimmermann, Schaffhausen
Plattenleger: Schmucki Platten- und Hafnerarbeiten, Hallau
Schreiner: Robert Fehr AG, Andelfingen
Maler: Scheffmacher AG, Schaffhausen
Schlosser: Pamag Metallbau AG, Marthalen
Fotos
Walter Mair, Basel