Am Anfang war das Wort
Steiger Concept AG
26. agosto 2021
Konzeptskizze «aus 4 mach 5» (Skizze: Steiger Concept AG)
Das Team von Steiger Concept hat in Winterthur-Seen «ein Wohnhaus unter vielen» gestaltet. Philipp Lehmann und Benedikt Heesen erklären, wie «Schlüsselwörter» den Entwurfsprozess in ihrem Büro prägen.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Für uns ist jede Bauaufgabe besonders, insofern dass Architektur immer ein «Massanzug» ist. Nicht «besonders», aber beim Bau von Eigentumswohnungen ein wichtiger Aspekt ist, dass man die zukünftigen Bewohner in der Regel nicht kennt. Wir können also den Raum schaffen. Wie dieser ausgekleidet wird, entzieht sich unserer Kontrolle. Entsprechend «robust» müssen also die räumlichen Qualitäten sein.
Die Frontfassade ist kleinteilig: «4x1» statt «1». (Foto: Michael Bühler)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?
Am Anfang jeglicher Projektierung steht bei uns immer das Wort. Über die sogenannten «Schlüsselwörter» schälen wir gemeinsam mit dem Auftraggeber das Wesen einer Aufgabe heraus. Das Wort und nicht das Bild dient uns also als Inspiration und drängt schliesslich zur Form. In diesem Fall waren das: «kompakt», «Kammergrundriss», «ähnlich und nicht gleich». Natürlich sind auch diese Schlüsselwörter subjektiv. Als Fixpunkte ermöglichen sie uns aber, die Subjektivität bis zum Projektende konsequent durchzudeklinieren.
Blick vom Eingang quer durch die Wohnung im 1. Obergeschoss, Nordost; die 4 Kammern schaffen ein 5er-Raumkontinuum (Foto: Michael Bühler)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Grundsätzlich gewichten wir den Ort nicht höher als andere Einwirkungen – die Ökonomie etwa oder die Projektorganisation und vieles mehr. Während zum Beispiel die Kleinteiligkeit der Frontfassade – also vier kleine Teile statt einem grossen – auf die Körnigkeit des Ortes zurückzuführen ist, beruht ein grosser Teil der Ausführung auf der Ökonomie und der Projektorganisation (in diesem Fall mit einem GU). Als Mehrfamilienhaus in einem Wohnquartier musste und sollte dieses Projekt nicht einzigartig sein. Es ist «eines unter vielen» – «ähnlich und nicht gleich».
Blick durch das Atrium der Wohnung im 1. Obergeschoss, Südost, in Richtung Strasse (Foto: Michael Bühler)
Aus dem Schlafzimmer derselben Wohnung sieht man durch das Atrium in den Wohnraum. (Foto: Michael Bühler)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Dazu müsste man zuerst die Tendenzen kennen … Ernsthaft: Die Konstruktionsweise wurde in erster Linie durch Normen und den vom Investor vorgegebenen Kostenrahmen bestimmt. Die Form entwickelte sich aus dem Wort. Diese Aspekte müssen aber selbstverständlich gegeneinander gewichtet werden. Um den Kammergrundriss auf den Dachraum zu übertragen, verzichteten wir etwa auf teure Attikawohnungen. Auf dem Dach werden die Kammern zu gefassten Terrassen und so hat nun jede Wohnung einen ganzen Strauss an privaten Aussenräumen.
Das Team von Steiger Concept arbeitet derzeit an drei Wohnungsbauprojekten, bei denen das Thema «Schotte» jeweils entwurfsprägend ist. (Skizze: Steiger Concept AG)
Skizze: Steiger Concept AG
Skizze: Steiger Concept AG
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Gemeinsam ist all unseren Projekten, dass wir mit Schlüsselwörtern als Referenz arbeiten. Dadurch lässt sich jedes Projekt auf einen Grundgedanken zurückführen. In diesem Fall war das: «aus 4 mach 5». Bei drei weiteren Wohnungsbauprojekten, die wir zurzeit als «Trilogie» entwickeln, ist es dreimal das Thema der «Schotte»: einmal quer zum Hang, einmal parallel zum Hang und einmal radial. Diese Abstraktion und Regelhaftigkeit ermöglicht es uns, den Entwurfsprozess «teilbar» zu machen. Wir sind kein Autorenbüro, sondern ein Autorenbüro (Plural!).
Situation
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss 1. Obergeschoss
Grundriss Dachgarten
Schnitt
SeensWert
Standort
Oberseenerstrasse 23, 8405 Winterthur
Nutzung
Mehrfamilienhaus
Auftragsart
Wettbewerb auf Einladung
Bauherrschaft
Motivo Winterthur AG
Architektur
Steiger Concept AG, Zürich
Philipp Lehmann, Stefan Frei und Benedikt Heesen
Fachplaner
HLKS-Planung: Dörig Panung GmbH, Herisau
Elektroplanung: Bühler+Scherler AG, St. Gallen
Bauingenieur: Wälli AG Ingenieure, St. Gallen
Bauphysik: ExpEduCon GmbH, Balgach
Brandschutzplanung: Feiler Ingenieurbüro GmbH, St. Gallen
Bauleitung
Motivo AG, St. Gallen
Jahr der Fertigstellung
2021
Fotos
Michael Bühler, Trimbach
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