Schulanlage Grentschel
14. juni 2006
Lyss im Berner Seeland wuchs rasch, was zu einem Schulstau führte. Die Kinder mussten in Pavillons unterrichtet werden. Die Schulraumplanung von 1998 verlangte ein neues Schulhaus mit 20 Klassenzimmern. Den Wettbewerb mit Präqualifikation gewannen im Herbst 2000 Clémençon + Ernst aus Bern.
Ihr Entwurf geht vom Klassenzimmer aus, das mit 92 Quadratmeter deutlich grösser ist als die vom Kanton Bern geforderten 64 Quadratmeter. Die Neben- und Gruppenräume sind dafür entsprechend gestutzt worden. Das Stichwort der Architekten heisst Arbeitsatelier. Das Schulzimmer ist gleichzeitig Werkstätte, Aufenthaltsraum und Klassenheimat.
Vier Klassenzimmer bilden die Grundeinheit. Je zwei sind an ihren Schmalseiten aneinander geschoben und stehen zweigeschossig übereinander. Fünf dieser Zimmerpackungen begrenzen die vier Innenhöfe. Die beiden Korridore binden die Einheiten zusammen und schliessen die Höfe an den Schmalseiten. Die Spezialräume liegen auf der äusseren Seite des Korridors. Es entsteht eine einprägsame Grundrissfigur: In der Mitte die quer stehenden Innenhöfe und Klassenzimmer, an den Rändern die zwei Längserschliessungen mit den angehängten Sonderräumen. LR
Die Fassaden zeigen in ihrer Verschiedenheit die unterschiedlichen Nutzungen, die dahinter liegen.
Fotos: Thomas Jantscher
Durch sechs Türen kann das Schulhaus betreten werden, aber einen
Haupteingang gibt es nicht. Damit kreuzen sich die Wege der Schüler so
wenig wie möglich, was die Konflikte unter den Schülern verschiedenen
Alters verringert. Die Aula steht als Einzelgebäude auf der Nordseite
des dreieckigen Pausenplatzes. Ihr soll in einer weiteren Bauetappe
eine Sporthalle angefügt werden.
Die Klassenzimmer sind auf beiden
Längsseiten vom Boden bis zur Decke verglast, was einen Blick durch
fünf Zimmer und vier Höfe erlaubt. Jedes Zimmer hat entweder einen
Innenhof oder eine Dachterrasse. Es gibt keine Kastenpultreihen,
sondern Einzelarbeitstische mit beweglichen Schubladenstöcken. Die
grossen Zimmer lassen ganz verschiedene Unterrichtsformen zu, die
Möblierung hindert das Umstellen kaum. Der Künstler Reinhart Morscher
hat das Informationssystem der Schule entworfen. Er arbeitet mit
Transparenz und Farbe. Für die Schule entwickelte er eine eigene
Schrift mit ausgefüllten Zeichen.
Der ruhige, fast feierliche Innenhof ist ein Klassenzimmer unter freiem Himmel.
Die vollverglasten Längswände der Klassenzimmer erlauben den Blick durch alle Zimmer und Innenhöfe.
Das Schulhaus Grentschel führt einen neuen Typ ein in der schweizerischen Schullandschaft. 1950 forderte Alfred Roth in seinem Buch ‹Das neue Schulhaus› die zweiseitige Belichtung der Schulzimmer, hier ist das mit letzter Konsequenz verwirklicht worden. Erstaunlich ist die ruhige Stimmung der Zimmer und der Innenhöfe. Auf das Innen- folgt das Aussenzimmer. Es gibt eine Folge von in ihrer Stimmung unterschiedlichen Räumen: Das Draussen des Pausenplatzes, die Schulöffentlichkeit der Korridore, die Gartenstille der Innenhöfe und das Werkstattgefühl der Schulzimmer. Die Transparenz in der Querrichtung stört nicht, der Unterricht im Nachbarzimmer wird zwar wahrgenommen, aber kaum beobachtet. In der Ausstellung ‹Schulhausbau. Der Stand der Dinge› (HP 6-7/04) fehlte das Schulhaus Grentschel. Es hätte unbedingt dazu gehört.
Das Rechteck des Schulhauses, schräg dazu die Aula, eine Brücke führt über den Bach zur Sporthalle.
Grundriss Erdgeschoss: Klassenzimmer 1, Hauswart 2, Lehrer 3, Technisches Gestalten 4, Hauswirtschaft 5, Aula 6
Die zweigeschossige Grundeinheit grenzt die Innenhöfe ein. Nur zwei Einheiten und ein Hof sind unterkellert.
Schulanlage Grentschel
2004
Hardernstrasse 4
3250 Lyss
Bauherrschaft
Einwohnergemeinde Lyss
Architektur
Clémençon + Ernst
Bern
Umgebungsgestaltung
Metron
Bern
Gesamtkosten
(BKP 0–9)
CHF 22,5 Mio.