Neues Spektakel in alter Hülle – OMA baut Europas grösstes Kaufhaus um

Das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) ist eine deutsche Ikone. Der riesige Bau steht an der Tauentzienstrasse – neben dem Kurfürstendamm vielleicht Berlins beliebteste und berühmteste Einkaufsmeile. Die Geschichte des Hauses ist so lang wie bewegt: 1907 gross eröffnet, erlebte es düstere Zeiten während der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten mit Boykott und Enteignung, das Wirtschaftswunder und das Fernbleiben betuchter Kundschaft nach dem Mauerbau. Nach über hundert Jahren war der Glanz von einst verflogen und das Gebäude bedurfte dringend einer Sanierung, neuer Schwung musste her. Die Raumaufteilung war nicht mehr zeitgemäss, die inneren Abläufe mussten neu geordnet werden. Schliesslich wurde das niederländische Büro OMA mit der Gesamtüberholung beauftragt. Das Team um Rem Koolhaas entwickelte einen Plan, der vorsieht, das Gebäude in vier Abschnitte aufzuteilen, von denen jeder mit einer skulpturalen Erschliessung versehen wird. Dadurch soll die gewaltige Baumasse besser zugänglich und nutzbar werden. Nun ist der erste Quadrant fertig. Die neue Architektur ist reich, opulent – und darum ein konsequentes Anknüpfen beim Bestand, obgleich dieser doch radikal verändert wurde.

Federführend für das Projekt verantwortlich sind Rem Koolhaas selbst und die jüngere Partnerin Ellen van Loon sowie die Projektleiterin Natalie Konopelski. Der Umbau, den sie mit ihrem Team realisiert haben, ist, wie eben angedeutet, eigentlich ein Neubau innerhalb alter Mauern. Beeindruckend ist das riesige Atrium, das sich über sechs Stockwerke erstreckt. Die in Holz gekleideten Rolltreppen schwingen sich wie Tänzer durch diesen Raum. Die Treppenanlage wirkt dynamisch und weckt mit ihrer Formenwelt zugleich aus manchen Perspektiven Erinnerungen an viel kleinere OMA-Projekte wie die Fondaco dei Tedeschi in Venedig.

Der räumliche Reichtum des Eingriffs von OMA passt zu einem Haus, das in seiner langen Geschichte zwar schon mehrfach vergrössert und umgestaltet wurde, doch stets prunkvoll blieb: Innenhöfe, Springbrunnen, beeindruckende Portale aus Marmor und Kabinette gehörten von Anfang an zum Raumspektakel, das immer auch ein architektonisches Erlebnis bieten sollte. Bis alle vier Teile der Anlage fertig sind, werden sich die Berliner*innen und ihre Gäste aus aller Welt unterdessen noch eine Weile gedulden müssen: Nach jetzigem Stand ist erst 2023 mit der Fertigstellung zu rechnen.