Borromini soll seinen Wert behalten

Manuel Pestalozzi
18. augustus 2017
Bilder: www.moneymuseum.com

Um das Papiergeld wird in letzter Zeit leidenschaftlich debattiert. Manche möchten es völlig abschaffen. Andere opponieren vehement dagegen. Nicht zuletzt geht es dabei auch um graphische Kunst im öffentlichen Leben. Und um die Architektur als graphisches Sujet. Bauten waren bei Geldscheinen immer ein beliebtes Darstellungsmittel, beim 100-Frankenschein mit Borrominis Kopf geht es aber wirklich um architektonische Konzepte. Er hat einen kulturellen Wert, der mit dem Vorschlag des Bundesrates indirekt in Erinnerung gerufen wird.
 
Der 100-Frankenschein gehört zu einer Serie, die von 1976 bis 2000 in Umlauf war. Nach geltender Regelung würde er per 2020 «verfallen», also seinen monetären Wert verlieren. Die Gestaltung stammt von der Designpartnerschaft Ernst + Ursula Hiestand. Auf einem Format von 78 x 170 mm setzt er sich auseinander mit dem Werk von Francesco Castelli. Der Steinmetz aus Bissone am Luganersee, kam in Rom unter dem Künstlernamen Francesco Borromini (1599-1667) als Barockarchitekt zu Weltruhm.
 
Das markante Antlitz auf der «Kopfseite» des Scheins begleitete die Schweizer Öffentlichkeit während Jahrzehnten durch den Alltag und wurde für manchen Werbegag genutzt. Links davon ist eine geometrische Studie zu erkennen, welche die von Symbolen geprägte Entwurfsmethode des Sakralbaus Sant'Ivo alla Sapienza in Rom auf einfache Weise erklärt. Auf der Rückseite bildet der Innenraum dieser Kirche – ganz im Sinne des berühmten Nolliplans als öffentlicher Raum präsentiert – den Hintergrund für eine Ansicht und einen partiellen Schnitt des Turms von Sant’Ivo. Ob sich Mario Botta von dieser Darstellung für sein temporäres Schnitt-Holzmodell von Borrominis Kirche San Carlo alle Quattro Fontane inspirieren liess, die 1999 im Hafen von Lugano trieb?
 
Der Schein ist eine kluge und anmutige kleine Architekturlektion, die eigentlich im kollektiven Gedächtnis der Schweiz verankert sein sollte. Dass man dieses «Werk» gelegentlich in Erinnerung ruft, ist deshalb mehr als gerechtfertigt.

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