Ausverkauf öffentlicher Räume
Juho Nyberg
6. november 2018
Der wichtigste Park Schwedens: Kungsträdgården. Bild: wikicommons/Jakub Hałun
Die Vermarktung öffentlicher Plätze an oder durch private Unternehmen greift um sich. In Stockholm formiert sich dagegen massiver Widerstand.
Vor rund einem Monat liess Google seine Pläne, in Berlin Kreuzberg einen Campus zu errichten, fallen. Das 2'500 m2 umfassende Projekt sollte in einem alten Umspannwerk Platz für Startups bieten. Massiver Widerstand aus der Bevölkerung führte letztlich dazu, dass nun statt dem Internetgiganten zwei sozial orientierte Projekte das Gebäude nutzen werden. Die Umbaukosten von geschätzten €14 Mio. trägt freilich Google. Es sei von Anfang an nicht ausschliesslich für Startups gedacht gewesen, so Rowan Barnett von Google. Nun leistet das Unternehmen «einen substanziellen Beitrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft in und um Kreuzberg».
In Stockholm zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab: Der Park Kungsträdgården im Herzen der Stadt sei der wichtigste Park Schwedens, so die Architektin Johanna Jarméus gegenüber The Guardian. Anstelle eines Restaurants an prominenter Lage im Park will Apple einen Flagshipstore errichten. Nun, ein Store sollte es nicht sein, denn schliesslich nennt Apple seine Läden – ernsthaft – Town Squares, weil sie «Treffpunkte sind, an denen jeder willkommen ist», so Angela Ahrendts, Apples Senior Vice President. Ihre Aussage verrät vielleicht unfreiwillig die Absicht, Privates und Öffentliches zu vermischen. Die gerade neu ins Amt gesetzte Stadtregierung von Stockholm heisst das Unternehmen grundsätzlich willkommen, wählt aber klare Worte, was die Lage angeht: «Der Kungsträdgården ist der falsche Ort», so der Politiker Erik Slottner. Der Widerstand formiert sich über mehrere Lager hinweg: neben der politischen Front sind auch privat organisierte Gruppen und der Stockholms skönhetsråd – wörtlich Schönheitsrat – also die Stadtbildkommission, bestehend aus dreizehn Mitgliedern, darunter auch Architekturhistoriker, mit von der Partie. Von rund 1'800 Stellungnahmen im Zusammenhang mit der Beratung der Kommission über das Projekt war die Mehrheit negativ. Viele stören sich daran, dass der Applestore «parasitär» an den Park andocken und so von der besonderen Atmosphäre profitieren soll, ohne selbst etwas dazu beizutragen. Derzeit ist die fragliche Parzelle mit einem Restaurant bespielt, was auch der zonenkonformen Nutzung entspricht. Ein Laden anstelle eines Restaurants würde somit eine Zonenänderung voraussetzen. Der Ausgang der Geschichte ist derzeit noch offen.