Unscheinbarer König

BATIMENTS
16. september 2021
Foto: BATIMENTS
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Der ehemalige Gewerbebau, in dem sich heute zwei Wohnungen befinden, ist zwar das Bindeglied des städtischen Gebäudeensembles, durch seine Lage und Volumetrie bleibt er aber der Kleine und Unscheinbare. Dementsprechend sollte eigentlich nur das Allernötigste erneuert werden: der abgebröckelte Fassadenputz und das verrostete Geländer der Dachterrasse. Uns faszinierte der Versuch, mit einem minimalen Eingriff das ganze Ensemble neu zu werten.

Das wortwörtliche Aufsetzen einer Krone gibt dem Haus die verdiente Präsenz im Stadtraum. (Foto: BATIMENTS)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Architektonisch und gesellschaftlich vernachlässigten Gebäuden eine neue Wertung zuzuschreiben, faszinierte mich schon, als ich noch an meiner Masterthesis arbeitete. Damals waren es Logistikhallen im Schweizer Mittelland, bei diesem Projekt ist es der heruntergekommene städtische Gewerbebau. Das wortwörtliche Aufsetzen einer Krone als Terrassengeländer verdeutlicht unsere Haltung, wonach dieses Haus eine genauso wichtige Rolle im Gebäudeensemble und im Stadtgefüge spielt wie die zwei eleganten, hohen Gebäude daneben.

Der Wechsel in der Putzstruktur macht die Aufstockung aus den 1960er-Jahren wieder sichtbar. (Foto: BATIMENTS)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Mit der Erneuerung des Fassadenputzes wird die Geschichte des Hauses herausgeschält, das im Ursprungszustand nur ein Geschoss hatte. Die Aufstockung aus den 1960er-Jahren, die in der Zwischenzeit komplett mit dem Sockelgeschoss verschmolzen ist, wird durch den Wechsel in der Putzstruktur auf subtile Art wieder nachgezeichnet.

Das verrostete Terrassengeländer wurde ersetzt. (Foto: BATIMENTS)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?


Die Thematik des Weiterbauens zieht sich durch alle ausgeführten und in Planung befindlichen Bauten unseres Büros. Wir suchen dabei weder den Bruch mit dem Bestehenden noch ordnen sich die neuen Eingriffe komplett unter. Schlussendlich soll dabei immer ein neues Ganzes entstehen, das nicht unbedingt den klassischen denkmalpflegerischen Grundsätzen gehorcht, aber das Gebäude wieder zum Leben erweckt.

Dem bestehenden Haus wurde eine Krone aufgesetzt. (Foto: BATIMENTS)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Dieses Projekt unterstreicht unsere Haltung, nach der Nachhaltigkeit in erster Linie die Pflege und der Erhalt dessen ist, was schon existiert. Mit dem Bestand zu arbeiten, verborgene Qualitäten zu erkennen, punktuell weiterzubauen und zu ertüchtigen, ist die wichtige und gleichzeitig faszinierende Aufgabe unserer (Architektinnen-) Generation.

Situation
Schnitt
Ostansicht
Bauwerk 
«Königshaus»
 
Standort
Haldenstrasse 21, 9000 St. Gallen
 
Nutzung
Wohnhaus mit zwei Wohnungen
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
privat
 
Architektur
BATIMENTS Eva Lanter Patrick Britt, St. Gallen
Eva Lanter (Projektleiterin) und Patrick Britt (Mitarbeit)
 
Bauleitung 
Motivo AG, St. Gallen
 
Jahr der Fertigstellung
2020
 
Gebäudekosten BKP 2 
CHF 0,1 Mio.
 
Fotos
BATIMENTS Eva Lanter Patrick Britt

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