Neues Gesicht
Singer Baenziger Architekten
14. november 2019
Vor dem neu gestalteten Eingang befindet sich ein zentraler Platz. (Foto: Christian Senti)
Die Alterssiedlung Arbon wurde um einen Saal und Aufenthaltsräume erweitert. Zudem wurde eine neue Tiefgarage gebaut. Durch die Eingriffe erhält die Anlage einen neuen Eingang sowie einen einladenden Platz. Die Architekten Roman Singer und Rémy Baenziger erklären ihre Gestaltung.
Ort Rebenstrasse 19a, 9320 Arbon, TG
Nutzung Alterssiedlung, Gemeinschaftsräume
Auftragsart gewonnener Studienauftrag
Bauherrschaft Genossenschaft Alterssiedlung Arbon, Arbon
Architektur Singer Baenziger Architekten, Zürich: Roman Singer, Vladimira Vanikova, Rémy Baenziger
Fachplaner Landschaftsarchitektur: Kirsch Kuhn und Kuhn, Freiräume und Landschaftsarchitektur, Wetzikon, ZH | Bauingenieur: SJB Kempter Fitze AG, Amriswil, TG | HLK- Ingenieur: Maurer Ingenieurbüro AG, Arbon | Elektroingenieur: EBT Elektroplanung, Amriswil | Bauphysik: Raumanzug GmbH, Zürich | Lichtplanung: Michael Josef Heusi GmbH, Zürich
Bauleitung Rolf Schulthess, Amriswil, TG (Subplaner)
Jahr der Fertigstellung 2019
Gesamtkosten BKP 1-9 CHF 4,0 Mio.
Gebäudekosten BKP 2 CHF 2,9 Mio.
Massgeblich beteiligte Unternehmer Baumeister: Bressan Baut AG, Arbon | Bedachung: Weber AG, Amriswil | Fenster: Bösch AG, Amriswil | Schreiner: Schreinerei Fehlmann AG, Müllheim, TG
Fotos Christian Senti, Zürich
Vor dem neuen Eingang ist ein parkartiger Aussenraum entstanden. (Foto: Christian Senti)
Foto: Christian Senti
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?Die Alterssiedlung Arbon besteht aus verschiedenen, lose beinander stehenden Häusern aus unterschiedlichen Entstehungszeiten. Durch den Bau einer neuen Tiefgarage konnte ein gemeinsamer Aussenraum als Begegnungsort freigespielt werden. Mit dem Anbau eines Saals und von Aufenthaltsräumen wurde zugleich auch eine neue Eingangssituation geschaffen, die der Anlage ein neues und frisches Gesicht verleiht. Die Alterssiedlung öffnet sich zum öffentlich zugänglichen Park und wird nicht mehr von einer Rückseite her betreten.
Massgebend war für uns primär das umgebaute Haus aus dem Jahr 1980 mit seiner gestaffelten Fassade, den Betonbändern, Laubengängen und dem Sichtmauerwerk. Es war rasch klar, dass wir uns mit dem Projekt in der gleichen Materialwelt bewegen würden und der neue Saal ebenfalls eine gewisse Kraft haben sollte. Wir dachten beim Entwerfen an Bauten von Louis Kahn mit Betonrippen und Kassettendecken. Da der Saal aufgrund seiner Position auf zwei Seiten verglast und zu den beiden anderen geschlossen ist, half uns die Idee einer strukturierten, kraftvollen Betondecke, ihn zu verorten und ihm eine Wertigkeit zu geben. Durch die zusätzliche Belichtung von oben wird die Schwere der Decke wieder relativiert.
Blick durch den Saal auf den Platz (Foto: Christian Senti)
Die Räumlichkeiten des Foyers vor dem neuen Saal wurden erweitert und aufgefrischt. (Foto: Christian Senti)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?Die Auseinandersetzung mit den bestehenden Gebäuden hat stark auf den Entwurf eingewirkt. Einiges am Bestand ist nicht ideal, aus heutiger Sicht hätten wir, wären wir die Architekten gewesen, viele Bereiche anders gestaltet. Vor allem im Foyer, wo Alt und Neu aufeinandertreffen und grössere Anpassungen notwendig waren, mussten wir mitunter auch pragmatisch entscheiden, was bleiben sollte und was nicht. So haben wir einerseits die bestehenden Tonplatten am Boden ergänzt und das Konzept der grünen Türen (ausser beim Saal) beibehalten beziehungsweise fortgeführt. Andererseits haben wir einen deutlich feineren Putz verwendet und die vormals beige Decke weiss streichen lassen. Schlussendlich wirken die Räume so frischer.
Foto: Christian Senti
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?Ursprung des Projekts war ein strategischer Entscheid des Verwaltungsrats der Genossenschaft, die Alterssiedlung zu erneuern, mehr Begegnungsmöglichkeiten und Betreuungsangebote zu schaffen. Am Anfang bestand die Alterssiedlung primär aus kleinen und günstigen Wohnungen. Heute gehören auch eine Pflegeabteilung und ein Spitex-Standort dazu. Der neue zentrale und teils gedeckte Platz am Eingang, von dem aus man in die Aufenthaltsräume und den Saal gelangt, und überdachte Verbindung zum Pflegeheim führen heute Bewohner*innen, Besucher*innen und Nachbarn zusammen.
Wir haben zuletzt verschiedene Erweiterungen und Umbauten realisiert. Uns interessiert die Analyse bestehender Bauten. Wir haben Freude daran, deren Qualitäten, Potenziale und auch Defizite ausfindig zu machen. Gerne denken wir uns in Architekturen aus verschiedenen Zeiten ein, interpretieren diese neu oder reagieren auf sie.
Kassettendecke (Foto: Christian Senti)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?Wichtig war für uns die Beschäftigung mit dem Baumaterial Beton. Beim auskragenden Betondach, das Bestand und Anbau verbindet, war vor allem offen, wie wir uns an den Bestand angleichen sollten. Das Dach ist nun in den Ecken 45 Grad abgeschnitten, aber scharfkantig. Bei der Kassettendecke war die Herausforderung, wie diese geschalt beziehungsweise ausgeschalt werden könnte. Nach langen Überlegungen kamen wir auf die Idee, aus Holzkisten eine Negativform zu bauen. Die Deckel der Kisten blieben als verlorene Schalung an der Decke und liegen nun hinter Akustikelementen verborgen. Die Armierung wurde separat montiert und anschliessend mithilfe eines Krans in Position gebracht.