Archetypischer Zweckbau
Gotthard Raststätte
alp architektur lischer partner ag
21. november 2018
Nordfassade. Bild: Roger Frei
Das Büro alp architektur lischer partner ag hat im Sommer die Gotthard Raststätte in Fahrtrichtung Süd in Schattdorf fertiggestellt. Nicole Renggli-Frey und Daniel Lischer beantworten unsere Fragen.
Nutzung Autobahnraststätte
Ort Autobahn-Raststätte Fahrtrichtung Süd, 6467, Schattdorf, UR
Auftragsart Studienauftrag, Herbst 2015
Bauherrschaft Gotthard Raststätte A2 Uri AG
Architektur alp architektur lischer partner ag, Luzern | Projektteam Ursula Barmettler, Heidi Gunesch, Dominik Bieri, Manuel Jakobs, Daniel Lischer
Fachplaner Landschaftsarchitekt: Müller Illien Landschaftsarchitekten, Bernhard Zingler, Klaus Müller | Bauingenieur: Schubiger AG Bauingenieure, Luzern, Armin Wicki, David Suter | Holzbauingenieur: Pirmin Jung, Ingenieure für Holzbau AG, Rain, Elmar Kunz, Oliver Bopp | Elektroingenieur: Elektroplanung R. Mettler AG, Altdorf, Rinaldo Baumann | Haustechnik HLKKS: Zurfluh Lottenbach GmbH, Luzern, Benno Zurfluh, Kristijan Moser | Bauphysik Akustik: Kopitsis Bauphysik AG, Wohlen, Harald Rogg | Lichtplaner: Lichbau Gmbh, Bern, Ruedi Steiner, Benno Fäh | Brandschutz: Pirmin Jung, Ingenieure für Holzbau AG, Rain, Oliver Bopp | Gastroplaner: Axet Gmbh, Embrach, Manfred Möckli | Szenografie: Pengland AG, Luzern, Tobias Waldmeier, Markus Michel | CI & Signaletik: visu`l AG, Bern, Claudine Stüssi, Marc Beekhuis | Verkehrsplaner: Tratus AG Verkehrsingenieure, Altdorf, Christian Merz
Bauleitung bhp Baumanagement AG, Root LU, Projektleiter Patrik Hofstetter, Bauleiter René Lipp
Jahr der Fertigstellung 2018
Gebäudevolumen 11'870 m3 (SIA 416)
Energiestandard Energiestandard MUKEN, Gesetzliche Mindestanforderungen
Fotos Roger Frei
Restaurant mit Ausblick. Bild: Roger Frei
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Die Bauherrschaft hatte zum Ziel, die beste Raststätte zwischen Hamburg und Palermo zu bauen. Dies tönt vorerst nicht besonders bescheiden, aber leider gibt es nicht wirklich viele gute Beispiele. Geholfen hat sicher auch der Mut der Bauherrschaft, den Ersatzneubau basierend auf ihrer Vision umzusetzen. Das bedeutet, dass wir unser Konzept aus dem Wettbewerb mit nur wenigen Abstrichen räumlich umsetzen und bauen durften.
Restaurant mit Ausblick. Bild: Roger Frei
Restauranterweiterung als Loggia. Bild: Roger Frei
Inwiefern haben die Auftraggeber den Entwurf beeinflusst?
Im Aufgabenbeschrieb des Wettbewerbs stand, dass die Gotthard Raststätte Wilhelm Tell die erste Raststätte der Schweiz mit einem durchgängigen Erlebnisfaktor in einer idyllischen Naturlandschaft sein soll. Die einmalige Naturkulisse und die Saga um Wilhelm Tell sollten die Basis der neuen Gotthard Raststätte bilden. Wir bezogen uns von Anfang an weniger auf unseren Nationalhelden als vielmehr auf das reiche bauliche Erbe des Urnerlandes sowie auf den unmittelbaren Ort des Urner Talboden. Es gibt in der Urner Bautradition nicht nur die markanten Einzelgebäude. Viele Ökonomiegebäude sind aufgrund der Topografie und der Nutzung aus einzelnen Gebäuden zusammengesetzt. Dies war ein wesentlicher Konzeptansatz für uns.
Shop. Bild: Roger Frei
WC-Anlage mit Farben. Bild: Roger Frei
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?
Erstaunlicherweise gab es praktisch keine wesentlichen Änderungen im Entwurf, einzig das Sitzungszimmer ist heute an einem anderen Ort als beim Wettbewerb. In unserer Arbeit versuchen wir an Stelle von fotorealistischen Renderings eher mit Moodboards und präzisen Konzepten zu arbeiten. Einerseits merkt der Architekt rasch, ob er bei der Bauherrschaft «angekommen» ist und andererseits ist man nicht schon früh an ein fixes Bild gebunden. Wichtig ist uns, am Anfang das Vertrauen der Bauherrschaft zu gewinnen, damit auf der Basis einer klaren Idee die Aufgabe gemeinsam weiterentwickelt werden kann.
Raststätte mit Anbindungen an Wanderweg und Naturraum. Bild: Roger Frei
Dachform im Zusammenspiel mit der Natur. Bild: Roger Frei
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?
Wir suchen in der Regel einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen. Nach einer gründlichen Analyse des Ortes sind wir bemüht, diese einfachen Antworten möglichst präzise zu formulieren. Aufbauend auf einem klaren Konzept übersetzen wir dieses in eine ebenso klare und selbstverständliche Konstruktion und Materialisierung. So entstehen je nach Ort und Aufgabe unterschiedliche Bauten, welche sich aber im Anspruch an die bauliche Umsetzung wenig unterscheiden. Bei dieser Aufgabe war das verlangte Bauprogramm sicher nicht alltäglich, und der spannende Ort konnte räumlich integriert werden.
Südfassade mit Spielplatz. Bild: Roger Frei
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Dies ist sicher das Material Holz. Walter Gropius hat einmal über das Holz geschrieben: «Holz ist der Urbaustoff der Menschen, der allen tektonischen Gliedern des Baues genügt: Wand, Boden, Decke, Säule und Balken, der sich sägen, schnitzen, bohren, nageln, hobeln, fräsen, polieren, beizen, einlegen, lackieren und bemalen lässt. Aber wir müssen erst wieder lernen, diesen natürlichen Stoff mit unseren Händen zu bewältigen und die Fülle künstlicher Reize aus seiner Eigenart von neuem zu erwecken, die wir aus meisterlichen Werken vergangener Zeiten kennen. Aber die neue Zeit braucht auch die neue Form. Wir müssen das Holz wieder neu erleben neu erfinden, neu gestalten.»
Zu Gropius’ Zeit gab es am Bauhaus die Zeitschrift «Stein, Holz und Eisen». Dies sind aus unserer Sicht auch heute noch immer die wesentlichen Baumaterialien, welche wir auch in der Raststätte eingesetzt haben. Als Materialien werden vorwiegend Schweizer Weisstannenholz aus dem Napfgebiet und Beton mit lokalem Reusskies verwendet. Beides sind einfache und lokale Materialien, welche aber durch ihre Behandlung dem Bauwerk Langlebigkeit und eine grosse Wertigkeit geben.