Günstig wohnen auf dem »Zauberberg«

Manuel Pestalozzi | 13. 3月 2025
Das neue Quartier wird seinen Bewohnerinnen und Bewohnern verschiedene Gemeinschaftseinrichtungen bieten. Die Bevölkerung hat dem Vorhaben mit einem Ja-Stimmenanteil von 82.2 Prozent zugestimmt. (Visualisierung: © HRS Real Estate AG)

Der 1924 erschienene weltberühmte Roman »Der Zauberberg« von Thomas Mann spielt im Luftkurort Davos. Die wichtigsten Protagonisten sind pflegebedürftig und in den örtlichen Sanatorien untergebracht. Die Einheimischen spielen in dem Meisterwerk der Weltliteratur höchstens die Rolle von Statisten. Doch Davos braucht seine Menschen. Damit die aber in ihrer Heimatgemeinde bleiben, bedarf es genug bezahlbarem Wohnraum. Doch der fehlt momentan: Eine aktuelle Wohnraumanalyse zeigt, dass der Anteil an Zweitwohnungen, in denen Menschen von anderswo ihre Freizeit verbringen, in den letzten Dekaden stetig gewachsen ist. Jedes Jahr werden im Durchschnitt 50 Wohnungen zu Zweitwohnungen umgenutzt. Das führt zu einer Verknappung und treibt die Mieten in schwindelerregende Höhen.

Um den Erstwohnungsmarkt zu stabilisieren und die negativen Folgen einer offensichtlich unzureichenden Gesetzgebung auf Bundesebene abzumildern, hat der Kleine Landrat, also die Exekutive der Bündner Gemeinde, die »Wohnraumstrategie Davos« erarbeitet: Bis ins Jahr 2032 sollen 650 bis 700 neue Erstwohnungen gebaut werden.

Wohnanlage als Ersatzneubau für ein Sanatorium

Auch das Arealentwicklungsprojekt Valbella ist Teil dieses Vorhabens. Auf dem Gelände des 2004 geschlossenen gleichnamigen Sanatoriums im Osten der Gemeinde soll ein neues Wohnquartier entstehen. Die vom Ortskern etwas abgerückte Anlage besteht seit dem späten 19. Jahrhundert, sie trug in der Vergangenheit verschiedene Namen und wurde mehrfach umgebaut. 1916 wurde sie in Sanatorium Valbella umbenannt, im Roman »Zauberberg« erscheint sie als »Berghof«. Das Areal gehört heute der Immobilienfirma HRS Real Estate. Sie hat zusammen mit der Gemeinde Davos eine Strategie für die Überbauung der Klinikbrache erarbeitet und den Zürcher Architekturprofessor Roger Boltshauser mit seinem Team ein Richtprojekt entwickeln lassen. 

Sein Plan sieht insgesamt fünf neue Gebäude vor: Drei große Wohnbauten werden parallel zum abfallenden Gelände gebaut, zusätzlich sind ein kleineres Reihenhaus und ein Gemeinschaftsbau in der Mitte der Anlage geplant. Die großen Wohngebäude sind neungeschossig gestaltet, um eine große Anzahl Wohnungen zu ermöglichen. 150 Wohnungen soll die Anlage insgesamt umfassen. Trotzdem sind die Neubauten weniger hoch als das heutige Klinikgebäude. Zwischen den Bauten sollen Freiräume für die Bewohnerschaft entstehen.

Die Anordnung der Neubauten erinnert an die historische Sanatoriumsanalage Valbella, die demnächst abgebrochen wird. (Visualisierung: © HRS Real Estate AG)
Große Zustimmung und viele Gemeinschaftsangebote

Nachdem die Bevölkerung mit einem Ja-Stimmenanteil von 82.2 Prozent das Projekt gutgeheißen hat, will die HRS jetzt schnell vorankommen. In einer Pressemitteilung kündigt die Entwicklerin an, in der zweiten Jahreshälfte das Baugesuch einzureichen. Läuft alles nach Plan, könnte 2026 der erste Spatenstich gefeiert werden. Die anschließende Bauzeit wird auf zwei bis drei Jahre geschätzt, so wären die Wohnungen im Jahr 2029 bezugsbereit. Zunächst muss jedoch der Klinikkomplex abgebrochen werden. Die Baukosten beziffert die HRS auf rund 70 Millionen Franken. 

Laut der Gemeinde sind »unterschiedliche Eigentums- und Mietmodelle« geplant. Multifunktionsräume, Co-Working-Arbeitsplätze, eine Gemeinschaftsküche und ein Kinderbetreuungsraum sollen Gemeinschaftsgefühl und Lebensqualität stärken und dem neuen Quartier eine Identität geben. Die Infrastrukturgenossenschaft Davos Valbella, kurz IGDV, wird diesen »Allmendbereich«, zu dem auch die gemeinschaftlichen Außenräume zählen, betreiben. 

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