Ein Kleinod in der zweiten Reihe

Lütolf und Scheuner Architekten
19. 9月 2024
Blick vom oberhalb des Hofes gelegenen Garten auf den umgestalteten Atelieranbau und das Haupthaus (Foto: Roger Frei)
Herr Lütolf, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Eingebettet zwischen einem klassizistisch geprägten Stadthaus aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, engen Gassenräumen und einer Gartenparzelle, ist neben der Lage auch die Funktion des Neubaus als Schnittstelle innerhalb der räumlichen Organisation unkonventionell: Unser Atelierbau verbindet Haus und Garten. 

Drei grosse Fenster auf der Südseite prägen das Bauwerk. Sie sorgen für einen reizvollen Aussenraumbezug und verhindern, dass der kleine Innenraum beengt wirkt. Zugleich stellen sie aber auch eine bewusste Bezugnahme auf traditionelle Atelierbauten dar. (Foto: Roger Frei)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Das Wort Atelier kommt aus dem Französischen und bedeutet Werkstatt. Im weiteren Sinne meint es Räumlichkeiten, die neben der Arbeit auch zum Wohnen geeignet sind. Kennzeichnend für solche Bauten sind einfach gestaltete, überhohe Räume mit oft seitlich angeordneten grosszügigen Verglasungen. Diesen Attributen verpflichtet, haben wir eine zeitgemässe Erneuerung des Bestands im Einklang mit ortsbaulichen und denkmalpflegerischen Belangen angestrebt.

Der helle Blauton nimmt die Farbigkeit des Bestands auf und hebt sich zugleich erfrischend vom Grau des Haupthauses ab. Zudem passt sie zu den historischen Nachbarbauten im Zentrum von Sempach. (Foto: Roger Frei)
Eingang zum Atelier auf der Gartenseite (Foto: Roger Frei)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Neben den vielfältigen Einflüssen der von gewachsenen historischen Strukturen geprägten Lage in der Kernstadt wird das Äussere insbesondere von der Geschichte des Ortes beeinflusst: Der hellblaue Anstrich nimmt die Farbigkeit des Bestandsbaus aus den 1960er-Jahren auf, reagiert auf die generell zarte, pastellige Farbigkeit des Ortsbildes und etabliert gegenüber dem grau gestrichenen, verputzten Haupthaus eine elegante und frische Erscheinung.

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Für unseren Eingriff nutzten wir Teile der bestehenden Bausubstanz. Unser Projekt baut in Lage und Grundform auf dem Bestand auf. Wir haben den massiven Sockel erhalten und die einfachen hölzernen Riegelkonstruktionen des Hauptraumes und des Übergangs ergänzt und erweitert. Auf dem Dach haben wir eine sorgfältig gestaltete PV-Anlage installiert – eine Premiere innerhalb der historisch geprägten Dachlandschaft der Stadt Sempach.

Durch drei grosse Schwingflügelfenster entsteht ein starker Bezug zum Hofraum an der Mittlergass. (Foto: Roger Frei)
Die grossen Öffnungen lassen den an sich kleinen Atelierraum freundlich und hell wirken. (Foto: Roger Frei)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Mit der grosszügigen Verglasung gegen Süden orientiert sich der Atelierraum im ersten Obergeschoss zum Hof an der Mittlergass. Die grossen Öffnungen schaffen einen direkten Bezug zum Ort und bestimmen die Gestalt des Anbaus. Die drei in Lärche konstruierten, flächig in die Holzfassade eingesetzten Schwingflügelfenster und die vorgelagerten, am ausladenden Vordach montierten Fallarmmarkisen sind eine Reaktion auf die knappen Dimensionen des Innenraumes, erweitern diesen räumlich und ermöglichen eine stimmungsvolle Öffnungs- und Beschattungspraxis. 

Mithilfe von Fallarmmarkisen, die am weit ausladenden Dach befestigt sind, kann der Innenraum je nach Bedarf beschattet werden. (Foto: Roger Frei)
Schwarzplan (© Lütolf und Scheuner Architekten)
Grundriss Obergeschoss (© Lütolf und Scheuner Architekten)
Längsschnitt (© Lütolf und Scheuner Architekten)
Querschnitt (© Lütolf und Scheuner Architekten)
Bauwerk
Umbau Nebengebäude Mittlergass
 
Standort
Stadtstrasse 33, 6204 Sempach
 
Nutzung
Atelier
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
Privat
 
Architektur
Lütolf und Scheuner Architekten HTL SIA BSA GmbH, Luzern
Mitarbeitende: Ivo Lütolf, Laura Weder, Jasmin Müller und Jonas Tschümperlin
 
Baumanagement
EXA Baumanagement AG, Luzern
 
Fertigstellung
2024
 
Auszeichnung
best architects 25 award
 
Fotos
Roger Frei, Zürich

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