Wohnsiedlung Orenberg Ossingen
Das Dorf im Dorf
BDE Architekten
5. 12月 2018
Siedlung Orenberg. Bild: Roger Frei
BDE Architekten haben kürzlich die Genossenschaftssiedlung «Orenberg» in Winterthur fertiggestellt. Philipp Brunnschweiler und Oliver Erb beantworten unsere Fragen.
Nutzung Genossenschaftswohnungen
Ort Orenbergstrasse 15 – 25, 8475, Ossingen, ZH
Auftragsart Wettbewerb
Bauherrschaft GWG Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft Winterthur
Architektur BDE Architekten GmbH, Winterthur ZH
Projektleitung: Stefania Koller, Beat Stadelmann | Bauleitung: Yves Trostel | Mitarbeit: Philipp Brunnschweiler, Matthias Denzler, Amadeus Dorsch, Oliver Erb, Roger Dubler, Cornelia Fischer, Mathias Lattmann, Thomas Schmid, Kristin Sasama, Beat Hofmann, Klemen Breitfuss, Jakob Widmer
Fachplaner Krebs und Herde Landschaftsarchitekten, Winterthur ZH
Jahr der Fertigstellung 2018
Gesamtkosten BKP 1–5 CHF 28,5 Mio. inkl. MwSt.
Gebäudevolumen 41’300 m3
Kubikmeterpreis 630 CHF/m3 (BKP2)
Kunst am Bau Autor Werner Ignaz Jans, Riet Neftenbach ZH
Kunst am Bau Kurzbeschrieb Der Holzbildhauer Werner Ignaz Jans thematisiert mit Reliefs an den Eingangstüren die Geschichte Ossingens, die nichts beschönigt und von Armut und Not handelt. Im Hof stehen zeitgemässe Holzfiguren und führen ein Spiegel vor Augen – spielende Kinder, Eltern am Smartphone sowie Einwanderer, die aktuell Bezug zur Geschichte schaffen.
Fotos Roger Frei
Inspiration Weinland. Bild: Roger Frei
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Besonders sind in diesem Fall die Vorgeschichte und damit verbunden die Weitsicht von Grundeigentümer und Gemeinde. Die Gemeinde Ossingen kam nach strategischen Überlegungen zu ihrer künftigen Entwicklung zum Schluss, dass ein substanzielles Wachstum erwünscht sei. Ein solches war unter anderem beim Grundstück Orenberg möglich – einer Reservezone, die zur Wohnzone umdeklariert wurde. Dabei ging die Gemeinde mit aussergewöhnlichem Weitblick vor. Die Einzonung wurde an zahlreiche Auflagen geknüpft: Bedingungen waren unter anderem ein Architekturwettbewerb und damit zusammenhängend ein Gestaltungsplan für das gesamte Areal. Weiter lautete die Vorgabe, mindestens 40% der Fläche für Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen. Ossingen machte in selbstverständlicher Art vor, was mittlerweile unter der Losung «Mehrwert abschöpfen» ein wichtiges Thema ist.
Im Anschluss an den geforderten Wettbewerb gaben die Grundeigentümer einer Wohnbaugenossenschaft die Möglichkeit, die erste Etappe zu realisieren. In einem kleinen Weinländer Dorf entstand eine genossenschaftliche Siedlung. Das alleine macht die Bauaufgabe in unseren Augen besonders.
Zimmermannshandwerk. Bild: Roger Frei
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Zwei Themen haben uns durch den Entwurfs- und Bauprozess begleitet und das Projekt wesentlich beeinflusst: Die Baukultur des Zürcher Weinlandes und die Vorstellung vom Wohnen in guter Nachbarschaft.
Die Wohnhäuser nehmen in ihrer Gestaltung Bezug auf die ortstypische Architektur des Zürcher Weinlandes, die durch die Präsenz grosser Riegelhäuser und einfacher Ökonomiegebäude geprägt ist. Gebäudesetzung und Grundrisstypologien unterstreichen die Idee des gemeinschaftlichen Zusammenlebens: Die Häuser gruppieren sich um den zentralen Hof und schaffen eine soziale Mitte.
Dorfstrasse und Gemeindschaftsplatz. Bild: Roger Frei
Ernten erwünscht. Bild: Roger Frei
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?
Am Anfang unserer Arbeit stand ein freies Feld zwischen Schulhaus und Bahndamm. Hier sollten Ossingen erweitert und neuer Wohnraum geschaffen werden. Das gewachsene Dorf mit seinem schönen Dorfkern, der benachbarte Bauernhof und die als Ackerland genutzte Landschaft waren Einstieg unserer Spurensuche.
Im Architekturwettbewerb haben wir uns mit der Aufgabe der grossen Dorferweiterung auseinandergesetzt und die Idee entwickelt, mit einem explizit ländlichen Formenrepertoire zu operieren. Die Architektur bezieht sich auf die Baukultur und den Kontext des Zürcher Weinlandes. Die reine Wohnnutzung der Siedlung, eine eigentlich städtische Ausgangslage, wird über die räumliche Setzung der Häuser zueinander und den Bezug zur Landschaft mit dörflichen Themen überlagert. Ein Ort der Begegnung und Nachbarschaft entsteht.
Vielfalt der Räume. Bild: Roger Frei
Zimmer an der Laube. Bild: Roger Frei
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Die Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft Winterthur (GWG), hat unseren Entwurf auf verschiedenen Ebenen unterstützt und gestärkt. Die Vielfalt an Haus- und Wohnungstypen ist der GWG ein grosses Anliegen, damit sie möglichst viele verschiedene Menschen ansprechen. Ideen, die das Zusammenleben in einer guten Nachbarschaft fördern, sind für die GWG wichtig, so entstanden im Hof ein Siedlungslokal und Gemüsegärten für Interessierte.
Blickachsen. Bild: Roger Frei
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Eher anders herum: Der Tendenz zu maximal kompakten Gebäuden und gedämmten Hüllen mit aufwändiger Gebäudetechnik wollten wir entgegenwirken. Die GWG denkt langfristig und setzt ihren Fokus bei Neubauten technisch auf dauerhafte Konstruktionen und Betriebsoptimierung im Gebrauch, auch weil Energielabel keine Nachhaltigkeit garantieren. So wurden zum Beispiel die verputzen Häuser mit hochwertigen Sockeln konstruiert und in Einsteinmauerwerk mit dickem Kratzputz gemauert. Der Anschluss an die Holzschnitzelheizung und eine minimal dimensionierte Lüftung mit Nachströmöffnungen und WRG sowie die Beteiligung an der PV-Anlage bei der benachbarten Schule vervollständigt diese Gesamtsicht.